Kinderbetreuung:Vorbildliches Brandenburg

Das vergleichsweise reiche Bayern gibt lediglich 2,3 Prozent seines Etats für Kinderbetreuung aus.

Von Felix Berth

Eltern, die mit ihren Kindern von Bayern nach Brandenburg umziehen, erleben garantiert ein paar kleine Wunder. Sie müssen sich auf ein völlig anderes Schulsystem einstellen (SZ vom 14. Dezember) und bemerken erstaunliche Unterschiede bei der Kinderbetreuung: So schwierig es in Bayern oft sein mag, einen Platz in einem Kindergarten zu erringen - so leicht ist dies meist in Brandenburg. Das herausragende Beispiel: In der Region zwischen Cottbus, Potsdam und Prenzlau erhält fast die Hälfte aller Kinder unter drei Jahren einen Platz in einer Krippe.

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(Foto: Grafik: SZ)

Das Land Brandenburg setzt damit die DDR-Tradition eines umfassenden Angebots fort; inzwischen existiert sogar ein Rechtsanspruch, den Eltern einklagen können: Jedes Kind hat ab seinem zweiten Geburtstag Anspruch auf einen Ganztagsplatz in einer Krippe. Auch bei der Einschulung gilt dieses Recht weiter: Vier Stunden Nachmittagsbetreuung in den ersten vier Klassen sind in Brandenburg gesetzlich garantiert.

Weil Kinderbetreuung teuer ist, prägt das unterschiedliche Engagement der Bundesländer auch ihre Finanzstatistik. So flossen in Brandenburg im Jahr 2003 mehr als vier Prozent der Staatsausgaben in Kindergärten, Krippen und Horte - insgesamt 490 Millionen Euro. Ähnlich zahlungswillig waren nur wenige Länder, wie sich aus aktuellen Tabellen des Statistischen Bundesamtes errechnen lässt: Lediglich Berlin und Rheinland-Pfalz investierten mehr als vier Prozent ihrer Haushalte in die Kinderbetreuung (siehe Grafik).

Ost-West-Gefälle

Am anderen Ende der Skala stehen vorwiegend ärmere Länder - und ein reicher Freistaat: Das Bundesland Bayern und seine Gemeinden investierten im Vorjahr etwa 1,2 Milliarden Euro in die Kinderbetreuung, das entspricht etwa 2,3 Prozent der Staatsausgaben. Magerer fällt die Bilanz nur in Bremen aus: Dort sind es 2,1 Prozent. Ebenfalls eher kinderunfreundliche Zahlen ergeben sich für die finanziell schlecht gestellten Bundesländer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern: Jeweils 2,5 Prozent der Staatsausgaben kommen dort Kindergärten, Krippen und Horten zugute.

Im bundesdeutschen Durchschnitt fließen genau drei Prozent der Gesamtausgaben von Ländern und Gemeinden in den Sektor Kinderbetreuung - und diese Drei-Prozent-Marke trennt auch West von Ost: Alle ostdeutschen Länder - mit Ausnahme des erwähnten Mecklenburg-Vorpommern - liegen darüber, weil sie sich stärker für Kinder engagieren; die meisten westdeutschen Länder liegen darunter, wobei auch hier drei Ausreißer positiv auffallen: Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen.

Eltern profitieren von staatlichen Subventionen

Nun ließe sich gegen diese Rechnung einwenden, sie konzentriere sich auf die Finanzen, missachte aber die Bevölkerungsdichte - schließlich könnte es sein, dass ein dünn besiedeltes Bundesland wenig Kinderbetreuung braucht und deshalb auch wenig dafür aufwendet. Doch eine entsprechende Kalkulation zeigt die Schlusslicht-Rolle Bayerns noch deutlicher: Pro Einwohner zahlten Freistaat und Kommunen im Jahr 2003 nur 96 Euro für Kindergärten, Krippen und Horte. In keinem anderen Bundesland war die Summe niedriger; ähnlich wenig gab - mit 99 Euro pro Einwohner - nur Schleswig-Holstein aus. Weiterhin am unteren Ende der Skala: Niedersachsen (112 Euro), Saarland (114), Baden-Württemberg (117). Das andere, kinderfreundliche Ende dieser Statistik markieren wieder Berlin (242 Euro pro Einwohner), Brandenburg (190) und Rheinland-Pfalz (184).

Den neuen Daten des Statistischen Bundesamts lässt sich auch entnehmen, wie stark der Staat die Kinderbetreuung subventioniert. Insgesamt, so die Statistiker, seien in der Bundesrepublik im Jahr 2003 etwa 10,8 Milliarden Euro in Krippen, Kindergärten und Horte geflossen. Ungefähr 1,4 Milliarden verlangte der Staat als Gebühren von den Eltern zurück; 9,4 Milliarden waren also Subventionen, was einer Quote von 87 Prozent entspricht. Nur 13 Prozent zahlen also die Eltern. Sie profitieren demnach ganz erheblich, wenn sie professionelle Betreuung für ihr Kind finden - unabhängig davon, ob ihnen dies so leicht gelingt wie in Brandenburg oder so schwer wie in Bayern.

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