Lena Rudkowski, 33, Professorin für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Justus-Liebig-Universität Gießen:
"Ich war mit allem relativ früh dran. Mit 25 Jahren bekam ich eine Juniorprofessur an der Freien Universität Berlin und galt als jüngste Juniorprofessorin Deutschlands. Seit Herbst letzten Jahres bin ich Professorin für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Universität Gießen.
Für Jura habe ich mich eigentlich nur entschieden, weil ich Naturwissenschaften nicht kann und einen Brotberuf wollte. Am Anfang waren mir die Fachbegriffe fremd, aber mit der Zeit merkte ich, dass mir Jura liegt. Nach sechs Semestern, mit 22 Jahren, machte ich das erste Staatsexamen - aus Angst heraus. Man hat ja einen Freischuss, also bin ich hingegangen und habe mir angeschaut, ob es so schlimm ist, wie alle sagen. Es hat zum Glück ganz gut geklappt.
Im Referendariat habe ich mir die Großkanzleien angeguckt, aber das war nicht meine Art des Arbeitens. Natürlich wird dort super bezahlt, 120 000 Euro Einstiegsgehalt sind da ja nichts. Aber als Professor ist man nicht so fremdbestimmt. Man kann sich überlegen, was man inhaltlich machen möchte, und hat keinen Seniorpartner, dem man gehorchen muss.
Die Juniorprofessur war anstrengend, weil ich nebenher die Habilitation schreiben musste. Einfacher wäre es gewesen, wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem Lehrstuhl zu werden und sich zu habilitieren. Aber ich fand es gut, nicht von einzelnen Personen abhängig zu sein und die Dinge allein machen zu können. Ich mag es, meines eigenen Glückes Schmied zu sein. Deshalb rate ich allen Nachwuchswissenschaftlern: Macht euer Ding! Natürlich sollte man offen sein für Ratschläge, aber am Ende muss man alles selbst entscheiden."
Peer Trilcke, 37, Juniorprofessor für deutsche Literatur des 19. Jahrhunderts an der Uni Potsdam :
"Meine Karriere verlief bisher relativ geradlinig. Zentral war für mich Mentoring: Mein Professor bot mir unmittelbar nach dem Studium eine Doktorandenstelle an, danach bekam ich eine Assistentenstelle an seinem Lehrstuhl. Vor vier Jahren bewarb ich mich auf die Juniorprofessur an der Uni Potsdam - und es hat geklappt.
Es ist eine Tenure-Track-Professur, das heißt, wenn alles gut läuft, wird sie nach sechs Jahren in eine Lebenszeitprofessur umgewandelt. Das Besondere an der Stelle ist auch, dass sie die Leitung des Fontane-Instituts beinhaltet. Ich habe also jetzt schon Leitungsverantwortung und viele Mitarbeiter. Der Verwaltungsbereich und das Wissenschaftsmanagement nehmen mehr Zeit ein, als ich dachte. Am meisten Spaß bringt mir teambasierte Forschung; da kommt Kreativität aus Ecken, wo man sie gar nicht erwartet hat.
Das wissenschaftliche Karrieresystem fördert egoistische Züge, aber Teamplayer zu sein und eine soziale Ader zu haben, halte ich für sehr wichtig. Außerdem muss man umtriebig sein, man muss liefern - das gehört zum Spiel dazu. Mir war dank meiner Professoren immer bewusst, auf was ich mich einlasse: Sie haben mir eine klare Vorstellung davon vermittelt, was es heißt, wissenschaftlich tätig zu sein, und mit mir über Karriereoptionen geredet. Es gibt sehr wenige Professorenstellen und sehr viele, die sie haben wollen; da ist es wichtig, eine Einschätzung zu bekommen, wo man steht. Für mich sind die wichtigsten Eigenschaften eines Wissenschaftlers Durchhaltevermögen und Kreativität. Man muss die Phasen der Ungewissheit aushalten und dabei kreativ forschen können. Das liegt nicht jedem."
Stefan Aykut, 38, Juniorprofessor für Soziologie, insbesondere ökologische Krisen und Konflikte, an der Uni Hamburg:
"Ob eine Karriere gut läuft oder nicht, hängt stark davon ab, ob man die eine Stelle findet, die perfekt auf das eigene Profil passt. Das ist auch ein bisschen Glückssache. Zwei Jahre lang war es wirklich schwierig für mich. Das liegt auch an meiner Interdisziplinarität: Ich habe in Deutschland und der Türkei Politikwissenschaften studiert und in Frankreich einen Soziologie-Master in einem fächerübergreifenden Studiengang gemacht, den man mit 'Wissenschaften in der Gesellschaft' übersetzen könnte. Auch für die Dissertation und die Postdoc-Zeit blieb ich in Frankreich.
Mein Spezialgebiet sind Fragen zum Klimawandel und ökologische Krisen, die immer an der Schnittstelle von Politik, Wissenschaft und Gesellschaft angesiedelt sind. In vielen Kommissionen ist aber die Disziplinarität wichtig. Wenn ich mich auf eine Soziologie-Professur bewarb, hieß es: Nein, da wollen wir einen richtigen Soziologen haben. 2017 machte mich eine deutsche Forscherin auf die Juniorprofessur in Hamburg mit der Spezialisierung auf ökologische Krisen und Konflikte aufmerksam. Das passte natürlich perfekt. Ich mag den Zweiklang aus Forschung, die sehr viel Zeit braucht, und Lehre, wo man sofort Feedback der Studierenden bekommt.
Meine Stelle ist auf sechs Jahre befristet, danach werde ich mich wieder bewerben müssen. Kürzlich habe ich den HeinzMaier-Leibnitz-Preis bekommen, der Nachwuchswissenschaftler auszeichnet. Ich hoffe, er wirkt sich positiv aus. Vielleicht ergibt sich doch noch was in Hamburg. Wenn nicht, gehe ich vielleicht wieder nach Frankreich. Das geht aber nur, solange keine Familie da ist, solange man flexibel ist."