Können Frauen Kinder und Karriere verbinden? Und was unternimmt der Staat, um Gleichberechtigung in der Praxis zu ermöglichen? Über kaum ein anderes Thema wird seit Jahren so leidenschaftlich gestritten. Meist mit dem gleichen Ergebnis: Frauen, die Beruf und Familie verbinden wollen, müssen über beachtliche Managerqualitäten verfügen und härter sein, als sich viele Männer fühlen. Gerade erst hat die Soziologin Jutta Allmendinger in ihrer Brigitte-Studie Hoffnung verbreitet: "Wir hatten noch nie so günstige Rahmenbedingungen für die Frauenerwerbstätigkeit", stellt sie fest. Wie aber koordiniert man einen Acht-Stunden-Tag im Job mit dem Acht-Stunden-Tag zu Hause? Die SZ stellt vier Frauen vor, die den alltäglichen Spagat bewältigen.
Hildegard Bock, 47, Verkehrsrichterin in München, Mutter von sechs Jungs zwischen eineinhalb und 16 Jahren:
"Sechs Wochen vor der Geburt meines ersten Sohnes hatte ich mündliche Prüfung fürs zweite Staatsexamen. Ich bin mit meinem riesigen Bauch ins Examen und habe gesagt: "Ich möchte unbedingt arbeiten." Den Vorsitzenden Prüfer hat das irgendwie beeindruckt. Er verwies zwar auf mein "baldiges Mutterglück", gab mir aber eine sehr gute Note. Drei Monate nach der Geburt hatte ich meine erste Richterstelle. Der Start glückte, weil mein Mann, die Großeltern und Freunde mich unterstützt haben und mein erster Sohn sehr pflegeleicht war.
Nach dem zweiten Kind haben wir uns ein kleines Häuschen gekauft und ausgebaut. Es war viel Platz. Nummer drei und vier waren absolute Wunschkinder, fünf und sechs nicht geplant, aber freudig aufgenommen. So mancher im Kollegen- und Bekanntenkreis konnte anfangs nicht verstehen, dass ich mit sechs Kindern weiter arbeite - und trotz Stress glücklich bin.
Ich habe mir nie überlegt, meinen Job aufzugeben. Bei keinem Kind habe ich länger als drei Monate ausgesetzt. Mein Mann arbeitet zwar auch 60 Stunden die Woche, aber mit Hilfe von Omas, Nachbarn, Freunden und Kinderkrippe bekommen wir das mit der Betreuung immer irgendwie hin. Das Gute an meinem Job ist: Ich kann meine Urteile auch abends oder am Wochenende schreiben. Der Nachmittag gehört ganz den Kindern. Mit dem einen muss ich das "M" lernen, mit dem anderen Ovid lesen und den dritten zum Cello-Üben antreiben. Nebenbei noch der Haushalt. Dagegen kommen mir die Vormittage im Büro fast wie Erholung vor. Mein Beruf ist so etwas wie mein Hobby. Aber natürlich ist bei sechs Kindern auch das Geld ein wesentlicher Aspekt. Die Ausbildung kostet ein Vermögen. Unsere Großen spielen alle zwei Instrumente. Und in den Ferien wollen wir auch nicht nur zu Hause sitzen. Die Politik unterstützt Großfamilien wie uns leider wenig. Das fängt bei Kleinigkeiten wie der Kindergartengebühr an: Auch für das fünfte Kind zahlen wir noch die volle Gebühr. Rabatt gibt's nur, wenn zwei Geschwister gleichzeitig dort sind - obwohl alle im Ort wissen, dass wir sechs Kinder haben."