Karriere im Ausland:Nach der Rückkehr: nichts

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Bei der Entscheidung für eine Auslandsentsendung spielen Abenteuerlust und Fernweh eine große Rolle. Doch die Wunschvorstellungen werden oft enttäuscht.

(Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Wenn der Partner ins Ausland geht, ziehen Lebensgefährten häufig mit. Für ihre Karriere ist das ein großes Risiko. Wie Unternehmen und Behörden helfen können.

Von Sigrid Rautenberg

Am Ende waren aus den ursprünglich geplanten zwei Jahren in den USA doch sieben geworden. Ruth Kriwet hatte nicht gezögert und war mitgekommen, als sich ihrem Mann damals die Karrierechance bot. Die Volkswirtin war gerade in Elternzeit und noch dazu wenig glücklich mit ihrem Job in einer Unternehmensberatung. Sie kündigte. Was nach der Rückkehr sein würde, interessierte sie erst einmal nicht - "was vielleicht etwas blauäugig war", wie sie rückblickend sagt.

Kriwet nutzte die Zeit, um sich um ihre beiden Kinder zu kümmern, engagierte sich ehrenamtlich an der deutsch-amerikanischen Schule. Selbst wenn sie hätte arbeiten wollen: Eine Arbeitserlaubnis hatte lediglich ihr Mann. Nach ihrer Rückkehr ging Kriwet wieder an die Uni. Heute arbeitet sie als professionelle Übersetzerin und Lektorin. "Der Aufenthalt in den USA war für mich eine Brücke zu etwas, was ich viel lieber mache", sagt die 47-Jährige, "aber karrieremäßig ist es vorbei."

Kriwets Beispiel ist typisch für mitausreisende Partner. Viele reizt es, eine Zeitlang im Ausland zu leben und vielleicht einfach nur ohne den Druck einer Berufstätigkeit die Familienphase zu genießen. Mit wem man auch spricht: Niemand bereut diese Zeit im Nachhinein. Aber fast jeder hat unterschätzt, wie anstrengend die Organisation des Alltags im Gastland ist; wie einsam man sich fühlen kann, wenn der Partner den ganzen Tag arbeitet und man selbst erst einmal ohne Netzwerk dasteht. Und wie schwierig es ist, in der Heimat wieder beruflich Anschluss zu finden.

Beruflich zurückzustecken und sich finanziell abhängig zu machen, hält viele davon ab, ihren Partner ins Ausland zu begleiten. Sie fürchten, dass die Auszeit zum Karriereknick führt. Für international tätige Unternehmen und Behörden eine schwierige Situation: Durch die Globalisierung sind sie mehr denn je auf mobile Mitarbeiter angewiesen. Andererseits ist in Partnerschaften eine gleichberechtigte Berufstätigkeit selbstverständlicher als etwa noch vor 20 Jahren. Arbeitgeber kommen nicht mehr umhin, sich auch um die Belange der Partner zu kümmern.

Die Integration im Gastland fällt leichter, wenn der Partner mitgeht

Zwar steigt der Anteil derjenigen Mitarbeiter, die alleine ins Ausland gehen und regelmäßig nach Hause pendeln. Aber Unternehmen und Behörden wissen: Expats, die alleine ausreisen, integrieren sich im Gastland schwerer. Der Erfolg einer Entsendung hängt stark davon ab, ob Partner und Familie mitkommen.

Das Bundeskriminalamt beispielsweise schickt jedes Jahr Beamte in zahlreiche Länder als Verbindungsleute, um einen schnellen und direkten Draht dorthin zu haben und damit grenzübergreifende Strafverfolgung und Gefahrenabwehr zu erleichtern. Zwar spielt der Familienstand beim Auswahlprozess keine Rolle. Mit Familie oder Partner dorthin zu gehen, erzählt ein ehemaliger Mitarbeiter, gebe aber Stabilität und bewahre vor Verstrickungen. Längst ist es daher üblich, die Partner in den Vorbereitungsprozess miteinzubinden.

"Wir wollen nicht nur Singles", sagt Peter Dicke, stellvertretender Leiter der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), das die Entsendung von mehr als 400 Lehrern jährlich an die deutschen Auslandsschulen organisiert. Um einen Auslandsaufenthalt auch für Familien attraktiv zu machen und den Verlust des zweiten Einkommens ein wenig zu kompensieren, gibt es finanzielle Zuwendungen. Aber auch hier spielt beim Auswahlprozess, für den allein die Schulleiter vor Ort zuständig sind, die familiäre Situation keine Rolle.

Michaela Stadler war gewissermaßen hauptberuflich mitausreisende Partnerin. Mit ihrem Mann, einem Diplomaten, hat sie in Bogotá gelebt, in Genf und in Washington: "Es war völlig klar, dass nur einer von uns Karriere macht." Sie hat das Auslandsleben sehr geschätzt, zwei Kinder großgezogen, das gemeinsame Leben organisiert, repräsentative Aufgaben übernommen und nebenbei kreativ gearbeitet.

Das wirtschaftliche Risiko tragen die Partner

"Diese Art zu leben war unsere gemeinsame Entscheidung", sagt Stadler. "Wer selbst kein Nomaden-Gen hat, für den ist das nichts." Als sich das Paar nach langjähriger Ehe trennte, fing sie beruflich bei null an. Sie wagte den Sprung in die Selbständigkeit und berät heute mitausreisende Partner in beruflichen Fragen.

Selbständig zu arbeiten ist ohnehin eine der wenigen Möglichkeiten, unabhängig von einer Arbeitserlaubnis berufstätig zu sein: Auch Ulrike Seibel ist mit einem Diplomaten verheiratet. Sie ist kinderlos und hat es geschafft, sich schon seit Langem als Beraterin für Leute zu etablieren, die in einer internationalen Organisation arbeiten möchten. Seibel lebte viele Jahre in afrikanischen und europäischen Ländern und ist gerade auf dem Sprung nach Kroatien. Eine Kollegin betreut ihr Büro in Berlin. Dank Billigfliegern kann Seibel häufig selbst dort sein.

Diplomaten verpflichten sich zum sogenannten Rotationsprinzip: Nach vier Jahren geht es auf einen neuen Dienstposten, dazwischen immer wieder zurück ins Auswärtige Amt nach Berlin. Das Mitspracherecht bei der Länderauswahl ist eingeschränkt. Zwar wird in gewissem Maße auf gesundheitliche und familiäre Belange Rücksicht genommen, wie etwa das anstehende Abitur der Kinder. Aber die klare Priorität liegt in der optimalen Besetzung der Dienstposten.

Für die mitausreisenden Partner werden Vorbereitungskurse und Unterstützung angeboten, etwa zum Erlernen von Sprachen. Neben dem zuständigen Referat hilft auch die Familien- und Partnerorganisation im Auswärtigen Amt (FFD). Michaela Stadler ist dem Verein 2007 beigetreten, um ihre Erfahrungen weiterzugeben. Trotz erheblicher Herausforderungen durch die Rotation empfiehlt sie den mitausreisenden Partnern in ihrer Beratung eine berufliche Betätigung und eigenständige Altersabsicherung. Stadler und Seibel sind sich einig: Wenngleich sich heute neue Möglichkeiten durch digitale, ortsunabhängige Jobs ergeben, trägt das "Modell mitausreisender Partner" heutigen Vorstellungen von Partnerschaft und Berufsleben kaum Rechnung.

Mitziehende Kinder sind eine Herausforderung

Nicht nur für mitausreisende Begleiter von Diplomaten gilt: Das wirtschaftliche Risiko tragen die Partner. Die Sorge, beruflich in der Heimat nicht mehr Fuß zu fassen, trieb auch Patrick Kunkel um. Er hatte 2012 seinen Job in einer Pressestelle gekündigt, um mit seiner Frau nach Bilbao zu gehen, wo sie an der deutschen Schule arbeitete. Nach fünf Jahren in Nordspanien packte die Familie die Koffer und ging zurück nach Freiburg.

Während der Zeit in Bilbao waren zwei der drei Kindern des Paares schon im schulpflichtigen Alter. "Das geht nur, wenn einer den Haushalt übernimmt und die Kinder dort integriert", sagt Kunkel. "Vor allem am Anfang hat man wahnsinnig viel zu organisieren. Da stehen die eigenen Bedürfnisse erst einmal hintenan."

In Deutschland hatte er im Nebenjob als freier Journalist regelmäßig Reportagen für Outdoor-Zeitschriften und Tourismusämter geschrieben und fotografiert. Das konnte er zumindest eingeschränkt auch von Bilbao aus fortsetzen. Doch mit der Zeit riefen seine Auftraggeber aus Deutschland immer seltener an. "Immer mehr Kontakte gingen flöten", stellte er fest. Mittlerweile hat der Familienvater wieder einen festen Job gefunden. Wie fast alle Expats ist er froh und dankbar über seine Auslandserfahrung, auch wenn es beruflich für ihn schwierig war.

Was tun Arbeitgeber für Expat-Partner?

Expatriates, kurz Expats, sind in der Regel qualifizierte Arbeitskräfte, die aus beruflichen Gründen für mehrere Jahre von ihrem Arbeitgeber ins Ausland entsandt werden. Ihre Zahl nimmt beständig zu. Wenn Mitarbeiter eine Entsendung ablehnen, tun sie das fast immer aus familiären Gründen oder wegen der Karriere des Partners.

Weltweit sind 66 Prozent der Expats Männer. Die Mehrheit wird von Partnerin oder Familie begleitet. Neben den kulturellen Unterschieden sind eine fehlende Arbeitserlaubnis und Sprachbarrieren die größten Hindernisse für Partner, im Ausland eine Beschäftigung aufzunehmen. Gerade einmal jeder Dritte arbeitet dort weiter. "Seit mehreren Jahren erleben wir eine steigende Anzahl an Partnern, die vor Ort arbeiten wollen", heißt es beispielsweise bei der BASF, die 2017 etwa 650 Mitarbeiter aus Deutschland ins Ausland schickte. Die gemeinnützige Permits Foundation verhandelt mit den Regierungen zahlreicher Länder, damit auch Expat-Partner ein Arbeitsvisum bekommen.

In Deutschland bemühen sich global tätige Unternehmen wie BASF oder der Boschkonzern inzwischen sehr um die Partner ihrer ausreisewilligen Mitarbeiter - unabhängig davon, ob es sich um Ehegatten, unverheiratete oder gleichgeschlechtliche Partner handelt. Wer mag, wird in den gesamten Vorbereitungsprozess eingebunden, vom ersten Infogespräch bis zur Reise ins potenzielle Gastland. Erst danach entscheidet sich der Mitarbeiter für oder gegen einen Auslandsaufenthalt. Sowohl BASF als auch Bosch bezahlen den Partnern Sprachkurse, Coaching oder Jobvermittlungen.

Kleinere Unternehmen oder Behörden ohne eigene Entsendeabteilung finanzieren den Familien Vorbereitungskurse bei externen Seminaranbietern. Auch die Hochschulen wollen im Wettbewerb um die Berufung der besten Köpfe ihre Chancen verbessern: Viele haben sogenannte Dual Career Services, um den Partnern von hochqualifizierten Wissenschaftlern das Ankommen in der neuen Stadt zu erleichtern.

Was sollten mitreisende Partner tun, die auch im Ausland arbeiten wollen? Claudia Grothoff, die Partner-Seminare beim Trainingsunternehmen IKUD und der Akademie der GIZ durchführt, rät: "Unterlagen wie etwa Zeugnisse unbedingt in der Landessprache oder auf Englisch mitnehmen. Informieren, ob und wie man eine Arbeitserlaubnis bekommen kann. Sich vorher schon Netzwerke suchen und einklinken. Schon mal mit der Sprache anfangen. Vor allem: flexibel im Kopf bleiben!" sigrid rautenberg

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