Erfolg im Job:Mit dem Chef in die Kantine

Vergessen Sie Meetings, Jobbörsen und Pitches. Die berufliche Laufbahn entscheidet sich häufig zwischen Aperitif und Espresso. Eine Erfolgsstrategie in fünf Gängen.

Von Larissa Holzki

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Die Verabredung: Trauen Sie sich!

Karriere geht durch den Magen

Quelle: Anna Haifisch

Essen erleichtert die Kommunikation, sagt Keith Ferrazzi. Denn beim Essen wollen Menschen unterhalten werden. Der US-Unternehmer ist ein Netzwerker-Guru und der Beweis, dass mit den richtigen Beziehungen alles möglich ist. Welche entscheidende Bedeutung die Nahrungsaufnahme dabei hat, zeigt sein Karriereratgeber, den er nach seinem Erfolgsrezept benannt hat: Never Eat Alone. Geh nie allein essen! Der Arbeitersohn hat früh erkannt: Armen Leuten mangelt es oft nicht an Geld oder Fähigkeiten, sondern vor allem an Beziehungen. Menschen helfen einander eher, wenn sie sich kennen und mögen. Allerdings muss man Netzwerke aufbauen, bevor man sie braucht, sagt Ferrazzi. Und weil man nicht wissen kann, wen man einmal um einen Gefallen wird bitten müssen, sollte man möglichst viele Menschen kennenlernen. Die Mittagspause im Büro, das Abendessen auf der Geschäftsreise: Möglichkeiten gibt es viele, man muss sie nur proaktiv nutzen. So mancher Deal wurde (in Wahrheit) nachts an einer Hotelbar oder mittags bei einer Würstchenbude geschlossen. Überlegen Sie nur, wie viele Tatort-Fälle Ballauf und Schenk bei Pommes Schranke gelöst haben. Gehen Sie mit Kollegen und Geschäftspartnern zu Tisch. Werden Sie zu Vertrauten. Oder Partner in Crime.

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Die Location: Verlassen Sie Ihren Schreibtisch!

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Quelle: Anna Haifisch

"Mittagessen ist für Weicheier", postuliert Börsenspekulant Gordon Gekko in dem Film Wall Street. Vielleicht snackt deshalb die Mehrheit der Amerikaner während Meetings oder beantwortet beim Essen ihre Mails. Das hat die Ethnografin June Jo Lee beobachtet. In Deutschland isst fast ein Fünftel der jungen Berufstätigen, Schüler und Studenten bei der Arbeit gar nichts. Ein Fehler! Während Sie am Schreibtisch sitzen, entdecken andere in der Kantine mit der Chefin die gemeinsame Vorliebe für Thai-Curry oder lernen bei Penne al Salmone eine Kollegin näher kennen, mit der sie sich ein Jobsharing vorstellen könnten. Jedes Mal, wenn Sie allein (oder gar nicht) essen, verpassen Sie eine Chance. Pausen ermöglichen nicht nur, den Kopf freizubekommen, sondern dies gemeinsam mit Kollegen zu tun, mit denen man sonst nur über Deadlines spricht. Das verbessert auch die tägliche Zusammenarbeit.

Als Treffpunkt sind Betriebskantinen natürlich praktisch, außer Sie möchten Zuhörer vermeiden. Für Verabredungen außerhalb der Firma empfehlen Karriereberater Restaurants, die sich der andere leisten kann und die eine Speisekarte anbieten, auf der jeder etwas findet. Ein mittelpreisiger Italiener geht immer

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Die Speisekarte: Riskieren Sie hier bloß nichts!

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Quelle: Anna Haifisch

Ob Currywurst oder Kaviar, bei der Auswahl des Gerichts ist die Hauptsache, dass Sie es appetitlich essen und dabei noch ein Gespräch führen können. Die Knigge-Expertin Katharina Starlay empfiehlt etwa Hähnchenbrustfilet statt halbem Huhn und Tortellini statt Spaghetti. Besser als ein Wrap oder Burger eignet sich Pizza für den Business-Lunch - wenn sie mit Messer und Gabel gegessen wird. Bei grünem Salat ist Vorsicht geboten: Große Blätter lassen sich kaum elegant im Mund verstecken, das Dressing landet schnell auf der Bluse, und dann fragt man sich, ob noch etwas Grünes zwischen den Zähnen hängt.

Wenn Ihnen das alles zu riskant ist, verabreden Sie sich auf einen Kaffee. Der ist in Sachen Zeitfenster sowieso eine Bank: Vor einer Tasse kann man ewig sitzen. Oder auch gleich wieder aufstehen, wenn sie leer ist. Ist ja nicht jeder Gesprächspartner so interessant, wie man vielleicht dachte.

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Die Themen: Bieten Sie etwas an!

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Quelle: Anna Haifisch

Netzwerken bedeutet nicht ausnutzen. Im Gegenteil. Wer von Beziehungen profitieren will, muss großzügig sein, sagt Keith Ferrazzi. Seine Small-Talk-Regel lautet: Habe etwas anzubieten. Ein Networking-Profi wie er bereitet sich auf das Business-Essen vor, informiert sich über die Geschäfte des Gesprächspartners. Und er überlegt sich fünf Dinge, mit denen er ihn unterstützen könnte. Das kann ein Kontakt sein, den er vermittelt, oder ein Hinweis auf einen interessanten Artikel. Martina Haas, ebenfalls Profi-Netzwerkerin, hört von Berufsanfängerinnen oft, sie hätten ja nichts anzubieten - und widerspricht: "Junge Menschen ahnen meist nicht, wie bereichernd ihre Ideen und Fragen für Berufserfahrene sein könnten." Sie empfiehlt Abwechslung bei den Verabredungen: "Gehen Sie mittags auch mit Kollegen aus anderen Abteilungen essen, hören Sie sich um, was in deren Teams los ist, ob zum Beispiel Stellen frei werden, und schauen Sie, was sich ergibt."

Eine Information, die für den einen unwichtig ist, kann für den anderen karriereentscheidend sein. Das finden Sie jedoch nur heraus, wenn Sie fragen. Solche Fragen leiten Sie elegant ein, indem Sie selbst ein bisschen aus Ihrer Abteilung erzählen. Klingt nach Basar? Korrekt.

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Der Nachtisch: Bleiben Sie in Kontakt

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Quelle: Anna Haifisch

Auch wenn Sie strategisch speisen: Bleiben Sie beim Mittagessen mit Vorgesetzten und potenziellen Arbeitgebern trotzdem Sie selbst. Ein gemeinsames Essen ist immer eine Gratwanderung zwischen Beruflichem und Privatem. Und es ist nicht beendet, wenn man das Kantinentablett aufs Fließband gestellt hat: Es lohnt sich, später daran anzuknüpfen. Schreiben Sie einige Stunden nach dem Treffen per Mail, wie angenehm es war und welche Zusagen Sie gemacht haben. Halten Sie Ihre Versprechen. Und wenn Sie jemanden aus dem Bekanntenkreis Ihres Essenspartners kennenlernen möchten, sprechen Sie das an. Vielleicht gehen Sie demnächst ja zu dritt essen.

Wer auf den Geschmack gekommen ist und sein Netzwerk weiter vergrößern möchte, findet Gleichgesinnte auch im Netz oder im Intranet. Zum Beispiel können Sie Apps wie "Lunchzeit" oder den "Donut"-Bot auf der Arbeitsplattform Slack nutzen, um sich beruflich für einen Kaffee zu verkuppeln. Personalexperten verabreden sich über die Website Workdate firmenübergreifend und sogar nach dem Zufallsprinzip, zum Beispiel in München, Berlin, Hamburg und Köln. Hauen Sie rein!

Sie suchen auch nach Ratschlägen für das berufliche Netzwerken im Internet? Dann finden Sie hier Ihre Erfolgsstrategie.

© SZ Plan W vom 6.4.2019/haeg
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