Jobwechsel:Mit Dank und Wünschen für die Zukunft

Arbeitszeugnisse und ihre tückischen Formulierungen: Arbeitnehmer sind der Beurteilung durch den Chef nicht wehrlos ausgeliefert.

Thomas C. Münster

Bei einer Trennung ist die Stimmung zwischen Arbeitgeber und Angestelltem oft schlecht. Häufig kommt es deshalb zum Streit um das Zeugnis. Wer seine Rechte kennt, kann sich gegen eine schlechte Beurteilung zur Wehr setzen. Dabei helfen neue Urteile, die für mehr Klarheit und Rechtssicherheit sorgen.

Zeugnis

Ein Zeugnis muss "wohlwollend" sein, aber auf bestimmte Formulierungen besteht kein Anspruch.

(Foto: Foto: sueddeutsche.de)

Darf das Zeugnis potenzielle Bewerbungskiller wie Elternzeit erwähnen?

Das Zeugnis soll "wohlwollend" sein, also Bewerbungschancen nicht unnötig behindern. Es muss aber auch "wahr" sein, darf den nächsten Arbeitgeber nicht in die Irre führen. Deshalb gehört eine Elternzeit, die fast 90 Prozent der letzten drei Jahre ausmacht, auch bei männlichen Arbeitnehmern ins Zeugnis, selbst wenn das bei Bewerbungen Probleme machen kann, entschied das Bundesarbeitsgericht (9 AZR 261/04). Schließlich muss klar sein, dass Basis der Beurteilung nur ein paar Monate Arbeit sind.

Zu weiter zurückliegenden oder kürzeren Elternzeiten hat das Gericht nichts gesagt, sie bleiben aber wohl außen vor, da auch andere Gründe für Fehlzeiten wie häufigere oder längere Erkrankungen meist nicht ins Zeugnis gehören. Dasselbe gilt für Privatleben, Aktivitäten in Parteien, Gewerkschaft oder Betriebsrat, Weltanschauung, Gehalt.

Ins Zeugnis gehört aber, was die Eignung für eine Stelle in Frage stellt, etwa der Diebstahl durch einen Kassierer. Ein Verdacht genügt nicht, nicht einmal ein laufendes Ermittlungsverfahren, hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschieden (3 Sa 359/05).

Kann der Arbeitnehmer verlangen, dass Gesichtspunkte, die ihm wichtig sind, ins Zeugnis kommen?

Auf seine persönlichen Wünsche kommt es nicht an, aber ihm steht eine vollständige Beurteilung zu. Dazu gehören: Verhältnis zu Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden, Qualifikation, Fähigkeiten, Arbeitsqualität, Verantwortungsbewusstsein, Einsatzbereitschaft sowie das "Ausscheiden auf eigenen Wunsch", wenn der Mitarbeiter gekündigt hat. Es gibt hier keinen festen Katalog, hilfreich ist aber die Überlegung, ob das Fehlen einer Angabe ein negatives Urteil signalisiert. So sagt ein Zeugnis für einen Kundenbetreuer ohne Angaben zu dessen Akzeptanz bei den Kunden, dass er unbeliebt war.

Die Zeugnis-Schlussformel "mit Bedauern über das Ausscheiden, Dank und Wünschen für die Zukunft" ist Standard, ihr Fehlen zeigt, dass dem Mitarbeiter keine Träne nachgetrauert wird. Trotzdem verneinen die meisten Gerichte bislang einen Rechtsanspruch darauf.

Wann lohnt es sich, wegen eines Zeugnisses zu prozessieren?

Für Prozesse um die Beurteilung gilt eine einfache Faustregel: Bescheinigt das Zeugnis eine durchschnittliche Leistung, also ein "Befriedigend" oder besser, ist es für den Arbeitnehmer schwer, eine bessere Note durchzusetzen. Gute Karten hat er dagegen, wenn die Note schlechter ausgefallen ist. Der Grund: Überdurchschnittliche Leistungen muss vor Gericht der Arbeitnehmer beweisen, unterdurchschnittliche der Arbeitgeber. Beides ist schwierig.

Mit Dank und Wünschen für die Zukunft

Wie muss ein Zeugnis aussehen?

Das hängt von der Zeugnisart ab. Das einfache Zeugnis informiert nur über Dauer und Art der Beschäftigung, das qualifizierte auch über Führung und Leistung. Der Arbeitnehmer hat die Wahl der Zeugnisart. Für das Äußere gilt: Auf Geschäftsbogen, ohne Rechtschreibfehler, Datum des Ausstellungstages, Rückdatierung nur bei Berichtigungen. Kürzer als eine dreiviertel Seite sollte es nur ausnahmsweise sein, denn das signalisiert bei anspruchsvolleren Tätigkeiten Abwertung.Das Zeugnis unterschreibt der Arbeitgeber oder ein weisungsbefugter Vertreter, außerdem ein Fachvorgesetzter, soweit das notwendig ist, um die Kompetenz der fachlichen Beurteilung zu zeigen, entschied das Bundesarbeitsgericht (9 AZR 507/04).

Sind bestimmte Formulierungen verbindlich?

Der Arbeitgeber muss bei seinen Beurteilung nicht auf die üblichen Formulierungen (Kasten unten) zurückgreifen. Verwendet er sie aber, muss er sie richtig einsetzen. Eine gute Beurteilung verlangt also ein "stets zu meiner vollen Zufriedenheit" oder eine gleichwertige Formulierung. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf rausreden, er habe ein "zu meiner vollen Zufriedenheit" doch "gut" gemeint, denn es bedeutet eben "befriedigend". Eine wirklich gute Beurteilung wird sich bei gehobener Positionen von den Standardformulierungen abheben.

Wann hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Zwischenzeugnis?

Ein gutes Zwischenzeugnis ist im Zeugnisstreit viel wert: Ohne handfeste, beweisbare Gründe kann der Arbeitgeber keine schlechtere Beurteilungen geben. Manche Tarifverträge bieten Regeln zum Zwischenzeugnis. Im übrigen kann Anspruch auf Zwischenzeugnis etwa bei Vorgesetztenwechsel, Umstrukturierung oder Versetzung bestehen.

Wer schreibt im Falle einer Insolvenz das Zeugnis?

Ist das Arbeitsverhältnis vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgelaufen, stellt nach einem neuen Urteil des Bundesarbeitsgerichts der alte Arbeitgeber das Zeugnis aus (10 AZR 495/03). Er bleibt zuständig auch bei Verwaltung durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Ausnahme: Dieser übernimmt die volle Verantwortung für die Arbeitsverhältnisse. Dann stellt er das Zeugnis für Arbeitnehmer aus, die ab diesem Zeitpunkt ausscheiden. Endet die Beschäftigung nach Insolvenzeröffnung, ist das Zeugnis Sache des Insolvenzverwalters. Kennt der den Mitarbeiter noch nicht, muss er sich beim früheren Arbeitgeber informieren.

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