Jobs in Consulting-Firmen:Die grossen Vorteile der Kleinen

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Große Namen sind bei Unternehmensberatungen attraktiv - bieten sie doch Einsatzmöglichkeiten auf der ganzen Welt und spannende Projekte. Doch mancher Consultant entscheidet sich bewusst für ein kleineres Beratungsunternehmen - und darf schon früh Verantwortung übernehmen.

Für das Bundesland Niedersachsen baut Helge Conrad gerade begeistert ein Fachkräfte-Monitoring auf, während er für den Landkreis Goslar Schwerpunktwirtschaftszweige analysiert. Bereits während des Studiums fand der 25-Jährige Gefallen an der Beratertätigkeit. Seit Januar 2012 arbeitet er als Junior-Consultant bei Exper-Consult in Dortmund. Das Unternehmen hat sich auf mittelständische Firmen sowie Ministerien und Kommunen spezialisiert.

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Die meisten denken beim Wort Unternehmensberatung in erster Linie an Namen wie McKinsey, Roland Berger oder Boston Consulting Group, doch es sind die kleinen bis mittelgroßen Consultingfirmen, die in Deutschland dominieren. Von den insgesamt 14 100 Unternehmensberatungen erzielen 13 750 einen Jahresumsatz von weniger als 250 000 Euro bis fünf Millionen Euro, 280 liegen im Bereich von fünf bis 45 Millionen Euro und nur 70 überschreiten die Grenze von mehr als 45 Millionen Euro pro Jahr.

Conrad heuerte bewusst bei Exper-Consult an, einer Firma mit etwa 30 Mitarbeitern, in der er bereits als Student gejobbt hatte. "Mir gefällt, dass hier jeder jeden kennt und dass der Zusammenhalt stark ist." Außerdem seien die Wege kurz, und man könne auch ohne Termin bei der Geschäftsleitung vorsprechen. In einem großen Haus sei das eher schwierig. "Dort besteht auch die Gefahr, in der Masse unterzugehen", meint Conrad.

Leute wie der Essener sind gefragt und haben die Wahl, denn viele Beratungsunternehmen stellen ein. 2011 war für die Branche ein gutes Jahr, der Gesamtumsatz legte verglichen zum Vorjahr um 9,5 Prozent zu. Und die Prognosen für 2012 sind ebenfalls vielversprechend. So geht der aktuelle Jahresbericht "Facts & Figures" des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater von einem Plus von sieben Prozent aus (siehe nächste Seite).

Allein bei der Boston Consulting Group (BCG) werden im laufenden Jahr 220 neue Berater gesucht. "Finanzdienstleister, Konsum- oder Industriegüterunternehmen - wer bei uns einsteigt, hat die Möglichkeit, sämtliche Industrien kennenzulernen", sagt Carsten Baumgärtner, der bei dem weltweit operierenden Unternehmen verantwortliche Partner für das Recruiting in Deutschland. Demzufolge könne man sich in einem großen Beratungshaus ein breites Spektrum an Wissen und Fähigkeiten aneignen.

Wer sich für das Consultinggeschäft interessiert, will meist international arbeiten. Wir bieten unseren Beratern schnell die Chance, sich weltweit bei Projekten zu engagieren oder in eine unserer zahlreichen Niederlassungen im Ausland zu gehen", sagt Baumgärtner. Vielleicht das größte Plus eines Unternehmens wie BCG sei die Möglichkeit, ein internationales Netzwerk an Kollegen aufzubauen.

Mit ihrem Hobby Marathonschwimmen hätte Deniz Kayadelen gut in das Profil der von den Großen gesuchten außergewöhnlich leistungsorientierten Persönlichkeiten gepasst. Doch die 24 Jahre alte Wirtschaftspsychologin ging nach Stuttgart zu Salaw & Partner, einer Firma mit 18 Beratern in Deutschland und 46 Mitarbeitern weltweit. "Ich wollte viele Aufgaben und rasch Verantwortung übernehmen. In einer großen Firma bearbeitet man meist kleine Teilbereiche", begründet Kayadelen ihre Wahl.

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Sie bekam, was sie sich wünschte: Beim Automotive-Spezialisten Salaw & Partner ist Kayadelen für nationales und internationales Recruiting zuständig. Sie entwickelt Trainingskonzepte für die Schulung von Projektleitern und kümmert sich um das Marketing in den sozialen Medien. Seit dem vergangenen Jahr baut sie für das Unternehmen auch die "World-Akademie" auf, in der Coachings angeboten werden für Fach- und Führungskräfte, die ins Ausland gehen. In nur eineinhalb Jahren stieg Kayadelen vom Junior-Consultant zur Projektleiterin auf.

Ein weiterer Vorteil kleinerer Unternehmungsberatungen liege darin, dass die Chefs alle Mitarbeiter gut kennen. "Unser Geschäftsführer weiß um meine Stärken, aber auch, wo noch Entwicklungsbedarf ist. Dementsprechend gibt er mir Aufgaben, die mich voranbringen", sagt Kayadelen. Voraussetzung für Erfolg in einem Haus mit nur 18 Beratern sei jedoch, dass man zur jeweiligen Kultur passe. "Die Chemie muss stimmen, denn wie in einer Familie kann man sich nicht aus dem Weg gehen."

Ralf Strehlau kennt beide Seiten. Der Diplom-Kaufmann arbeitete lange beim Consultingzweig der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, bevor er 2002 nach einigen Jahren als Manager seine eigene Beratung ANXO Management Consulting GmbH in Düsseldorf gründete. "Vom internationalen Netzwerk, das ich mir bei KPMG aufbauen konnte, zehre ich noch immer", sagt der 46-Jährige.

Doch es gab auch einiges, was ihn zur Neuorientierung bewog. "Bei den Großen hat man als Consultant wenig Einfluss auf strategische Entscheidungen. Selbst als Partner ist man nur eine Art Abteilungsleiter", sagt er. Auch führe eine gewisse Größe des Unternehmens zur Standardisierung bei Abläufen und Vorgehensweisen. Das wiederum schränke die Gestaltungsmöglichkeiten und die Flexibilität ein.

Strehlau, der sich als starke, leistungsorientierte Persönlichkeit bezeichnet, ging irgendwann auch der ständige Konkurrenzkampf gegen den Strich. "Manche brauchen das als Lebenselixier, mir wurde es irgendwann zu viel, ebenso wie die ständigen Auslandsreisen", sagt er. Diese schienen ihm, der sowohl Karriere als auch Familie haben wollte, ab einem gewissen Punkt mit seinem Lebensentwurf unvereinbar zu sein. "Heute ist es möglich, dass ich mal mittags für die Kinder koche, wenn meine Frau verplant ist", sagt Strehlau. Entsprechend komme er seinen zwölf Mitarbeitern entgegen, wenn sie etwa aus familiären Gründen eine Zeitlang etwas kürzer treten wollen. "Meine Erfahrung ist, dass man in kleineren Firmen viel besser auf die einzelnen Berater und ihre Entwicklung eingeht als bei größeren Consulting-Unternehmen."

Nicht nur bei den "Big Names", auch bei den kleineren Beratungen lasse sich innerhalb kurzer Zeit sehr viel lernen. Bei Anxo etwa setzten sich Junior-Consultants von Anfang an mit einem breiten Themenspektrum auseinander und seien vom Erstkontakt mit dem Kunden bis zum Projektabschluss dabei. Strehlaus Fazit: "Kleine Beratungen können zwar nicht mit den weltweiten Einsatzmöglichkeiten und den internen Trainingsangeboten der Großen mithalten, aber ihre Vorteile sind nicht zu unterschätzen."

© SZ vom 31.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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