Süddeutsche Zeitung

Frage an den SZ-Jobcoach:Welche Nachteile drohen mir beim Wechsel in Teilzeit?

Lesezeit: 2 min

SZ-Leser Michael P. möchte seine Arbeitszeit reduzieren, grundsätzlich hat sein Chef nichts dagegen. Aber gilt sein alter Vertrag weiterhin?

SZ-Leser Michael P. fragt:

Ich würde gerne meine Arbeitszeit reduzieren. Grundsätzlich stimmt mein Chef auch zu. Mir ist klar, dass am Ende des Monats weniger auf dem Konto ist. Allerdings hat mein Chef nun angekündigt, in diesem Zuge auch meinen Stundenlohn zu reduzieren. Ist das rechtens? Er koppelt ja eine weitere Bedingung an mein Recht auf Teilzeit. Außerdem wüsste ich gerne, ob bei einer Verringerung ein gänzlich neuer Vertrag aufgesetzt werden muss oder ob der alte Vertrag weiter gilt.

Ina Reinsch antwortet:

Lieber Herr P., seit dem Jahr 2001 gibt es in Deutschland ein Recht auf Teilzeitarbeit. Im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist festgeschrieben, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitern unter bestimmten Voraussetzungen erlauben müssen, ihre Stundenzahl zu reduzieren. Zu den Voraussetzungen gehört, dass keine betrieblichen Gründe dagegen sprechen und das Arbeitsverhältnis bereits seit sechs Monaten besteht. Der Anspruch gilt außerdem nur in Unternehmen mit mehr als 15 Mitarbeitern.

Der Beschäftigte muss seinen Wunsch nach Verringerung der Arbeitszeit spätestens drei Monate vor Beginn geltend machen. Er muss dabei mitteilen, wie viele Stunden er künftig arbeiten möchte und wie sie verteilt sein sollen. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich, das Ganze schriftlich zu machen. Wer schon einmal seine Stunden reduziert hat, kann erst nach Ablauf von zwei Jahren einen neuen Antrag stellen. Das gilt auch, wenn der Chef aus betrieblichen Gründen wirksam abgelehnt hat.

Spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn muss der Chef eine Entscheidung treffen und sie schriftlich mitteilen. Tut er das nicht, gilt der Antrag, so, wie er gestellt wurde, als genehmigt. Das ist prima für Mitarbeiter, deren Chefs meinen, den Antrag einfach ignorieren zu können.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet zuzustimmen, wenn keine betrieblichen Gründe dagegen sprechen. Solche Gründe können etwa dann vorliegen, wenn die Organisation, der Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt würden oder unverhältnismäßige Kosten entstünden. Das muss aber wirklich sehr genau geprüft werden. Im Zweifel muss der Arbeitgeber im Prozess darlegen und beweisen, dass betriebliche Gründe vorliegen.

Früher galt: Wer reduziert, hat keinen Anspruch darauf, irgendwann wieder mehr zu arbeiten. Wenn der Arbeitgeber nicht mitspielte, blieb man auf seiner Teilzeitstelle sitzen. Seit dem 1. Januar 2019 gibt es die sogenannte Brückenteilzeit. Beschäftigte haben dadurch die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit für einen bestimmten Zeitraum zu reduzieren, um dann wieder zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückzukehren. Voraussetzung ist unter anderem, dass der Arbeitgeber mehr als 45 Mitarbeiter beschäftigt. In seinem Antrag muss der Mitarbeiter angeben, für welchen Zeitraum zwischen ein und fünf Jahren er weniger arbeiten möchte.

Mit einem neuen Arbeitsvertrag ist die Verringerung der Arbeitszeit nach dem TzBfG nicht verbunden. Es genügt, wenn Sie mit Ihrem Chef eine schriftliche Vereinbarung als Nachtrag zum ursprünglichen Vertrag treffen, die festlegt, wie viele Stunden Sie künftig arbeiten sollen und wie die Vergütung für diese Arbeitsleistung aussieht. Womit wir beim Thema Stundenlohn wären.

Das TzBfG enthält ein ausdrückliches Diskriminierungsverbot: Wegen des Wechsels in Teilzeit darf niemand benachteiligt werden. Das betrifft auch und gerade den Lohn. Eine Verringerung des Stundenlohns ist also nicht zulässig, wenn Sie weiterhin die gleiche Arbeit machen. Sie sind also nicht verpflichtet, einen neuen Arbeitsvertrag zu gänzlich geänderten - und womöglich schlechteren - Bedingungen zu unterschreiben.

Ina Reinsch ist Rechtsanwältin, Buchautorin und Referentin in München. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Arbeitsrecht.

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Quelle:
SZ vom 12.10.2019
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