Jobcoach:Mein umständlicher Kollege nervt -  was soll ich tun?

SZ-Leserin Laura T. fragt: Mein Kollege druckt sämtliche E-Mails aus und hortet große Stapel Papier auf seinem - und auch meinem - Schreibtisch. Darf ich mich darüber beschweren?

SZ-Leserin Laura T. fragt:

Ich teile mein Büro neuerdings mit einem sehr umständlichen Kollegen. Mein Eindruck ist, dass er sämtliche Mails ausdruckt, bevor er sie beantwortet. Alle Schriftstücke hortet er in großen Stapeln auf seinem Schreibtisch, auch Überflüssiges archiviert er. Dabei belegt er nicht nur den gemeinsamen Besprechungstisch, seine Stapel wuchern manchmal bis auf meinen Schreibtisch hinüber. Bisher mache ich nur Scherze darüber, wie spreche ich das Problem ernsthaft an?

Jan Schaumann antwortet:

Liebe Frau T., in Ihrer Schilderung geht es um drei Punkte. Zum einen beschäftigt Sie der Umstand, dass Ihr Kollege sämtliche E-Mails zunächst zu Papier bringt. Zum anderen geht es um den in Ihren Augen zu hohen Anteil unnötig archivierter Sachen. Drittens schränkt Sie sein papierner Eroberungsfeldzug ein. Um mit Ihrem Kollegen ins konstruktive Gespräch zu kommen, ist es wichtig, dass Sie zwischen Dingen unterscheiden, die Sie persönlich stören, und solchen, die objektiv betrachtet nicht in Ordnung sind.

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Die Annahme, dass jemand umständlich ist, heißt ja nicht per se, dass er qualitativ minderwertige Arbeit leistet oder seinen Mitmenschen gar Schaden zufügt. Insofern steht es Ihnen nicht zu, von einem Kollegen zu verlangen, weniger umständlich zu sein. Es könnte vielleicht sogar sein, dass die angebliche Umständlichkeit lediglich Teil Ihrer Wahrnehmung ist und Sie die zugrunde liegende Strategie nur nicht erkennen können.

Beginnen Sie doch einmal mit der Frage, warum Ihr Kollege seine E-Mails ausdruckt. Eventuell war es in seiner früheren Abteilung so üblich, oder es gab sogar die Pflicht zur Archivierung per Ausdruck. Vielleicht hat er auch schon einmal einen umfangreichen Datenverlust erlitten und musste die entsprechenden Konsequenzen tragen. Auch die Überlegung, warum der Platz nicht für ihn und seine Papiere ausreicht, ließe mögliche Rückschlüsse auf Situationen zu, in denen er nicht ernst genommen wurde, seinen Äußerungen und Ideen nicht genügend Raum gegeben wurde. Sie sehen, bereits auf die simple Frage nach dem Warum gibt es eine Menge möglicher Beweggründe. All diese Punkte sollten Sie zumindest wohlwollend ins Kalkül ziehen, bevor Sie mit ihm ins Gericht gehen.

Ein weiterer, wenn nicht gar der wichtigste Grund, angesichts ausgedruckter E-Mails die Augenbraue hochzuziehen, ist das ökologische Argument. Neben dem Verbrauch von Papier und Toner, den teils darin enthaltenen Schwermetallen, sondern einige Drucker gesundheitsschädliches Ozon ab. Das wird die Mortalität im Büro nicht schlagartig erhöhen, gesund ist es dennoch nicht. Wenn Sie also Argumente suchen, um Ihren Kollegen vom Ausdrucken auf Papier abzuhalten, wäre die Sicherung als PDF vielleicht eine Alternative. So kann er sämtliche E-Mails quasi in Briefform auf einem Medium seiner Wahl sichern und hat ganz nebenbei noch den Komfort der leichteren Auffindbarkeit und Durchsuchbarkeit.

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Stellt die elektronische Archivierung für ihn partout keine gangbare Option dar, können Sie immer noch mit dem Argument der Einschränkung Ihrer persönlichen Freiheit kommen. Weder der gemeinsame Besprechungstisch noch Ihr Schreibtisch sind adäquate Lagerorte für die kollegialen Papierstapel. Hier gälte es, einen angemessenen Archivplatz zu finden. Sei es ein Regal in der Nähe seines Schreibtisches oder ein Lagerraum. Die Unbill, diesen Raum aufzusuchen, um Papiere zu durchstöbern, die keinen Platz mehr auf seinem Schreibtisch gefunden haben, müsste er dann in Kauf nehmen.

Vielleicht erörtern Sie all diese Hintergründe und Möglichkeiten ja einfach einmal bei einem Kaffee? Dann werden aus Vermutungen manchmal Informationen, aus denen neben Verständnis auch Lösungen erwachsen.

Jan Schaumann lebt als Managementberater, Seminarleiter und Buchautor in Berlin.

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