SZ-Leser Christoph B. fragt:
Seit 14 Jahren arbeite ich in einem großen Medienunternehmen, meine Aufgaben haben sich seither nicht großartig verändert. Die Stimmung in der Firma ist eher schlecht, wegen der schwierigen Auftragslage müssen wir mit immer weniger Leuten immer mehr Jobs erledigen. Manchmal überlege ich, ob ich etwas ganz Neues anfangen soll, doch bisher fehlen mir der Mut und eine zündende Idee. Aber nur noch auf die Rente warten? Das kann es doch nicht gewesen sein!
Madeleine Leitner antwortet:
Lieber Herr B., es gibt auch etwas Gutes am Schlechten: nämlich die Gelegenheit, sich aktiv mit wichtigen Fragen auseinanderzusetzen und anschließend bewusste Entscheidungen zu treffen. Ihre Fragestellung hat persönliche, firmenbezogene, branchenbezogene und wirtschaftliche Dimensionen. Entscheidend ist, ob Ihr Problem generell lösbar ist oder nicht. Oft kann man durch ein paar Schachzüge wieder berufliche Zufriedenheit erlangen. Manchmal steht man aber auch auf aussichtslosem Posten.
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In fast allen Firmen gibt es seit vielen Jahren eine massive Verdichtung der Arbeit - und damit einhergehend zahlreiche Fälle von Burnout. Oft herrschen Konkurrenzdruck und ein schlechtes Betriebsklima. Es gibt allerdings darüber hinaus auch Besonderheiten, die speziell mit Ihrer Branche zu tun haben.
Die Medienbranche war bis auf Ausnahmen schon immer durch ein besonders hohes Tempo und extreme Arbeitszeiten geprägt. Der Siegeszug des Internets hat viele Branchen unter Druck gesetzt. Bei der Medienbranche löste er allerdings einen besonders dramatischen strukturellen Wandel aus. Mit der Abwanderung der Kunden und dem Verlust der einst lukrativen Werbeeinnahmen wurde der Branche ihre wirtschaftliche Grundlage entzogen. Das führte zu Entlassungswellen, die Honorare der freien Mitarbeiter gerieten in einen Sinkflug, es wird mit harten Bandagen gekämpft.
Natürlich können Sie versuchen, einen anderen Arbeitgeber zu finden, der wirtschaftlich besser dasteht. Angesichts der generellen Entwicklung der Branche ist allerdings fraglich, ob Ihnen damit auch auf Dauer geholfen ist. Daher sollten Sie sich grundlegender mit der Frage nach Alternativen beschäftigen.
Dabei stehen zunächst Ihre persönlichen Rahmenbedingungen auf dem Prüfstand, also Ausbildung, Alter und finanzielle Verhältnisse. Welche Alternativen liegen aufgrund Ihrer bisherigen Berufserfahrung nahe? Viele Berufe sind auch auf andere Branchen übertragbar: Mitarbeiter im Marketing oder Projektmanager haben dabei bessere Wechselmöglichkeiten als Spezialisten wie etwa Cutter.
Bevor Sie jetzt womöglich, wie viele Menschen das tun, aus falsch verstandenem Aktionismus an irgendeine Weiterbildung denken, sollten Sie besser das Pferd von vorn aufzäumen. Konkretisieren Sie zunächst Ihre Ideen für mögliche berufliche Alternativen. Anschließend sollten Sie sich unbedingt noch mit einigen Personen unterhalten, die in Ihrem Wunschberuf arbeiten, um zu vermeiden, dass Sie vom Regen in die Traufe kommen. Wenn sich Ihre Ideen bei der Recherche als ausreichend tragfähig erweisen, können Sie diese auch anschließend mit System verfolgen, eine - dann auch passende - Weiterbildung absolvieren, sich auf die Jobsuche begeben oder selbständig machen.
Bedenken Sie, dass Sie in den meisten Fällen als Seiteneinsteiger bei klassischen Bewerbungen das Nachsehen haben werden. Es gibt allerdings auch Mangelberufe, bei denen Sie auch im höheren Lebensalter gute Chancen haben. Einer meiner früheren Klienten aus der Medienbranche nahm noch spät ein Studium der sozialen Arbeit auf und fand dort problemlos den Einstieg.
Madeleine Leitner ist Diplom-Psychologin und lebt als Karriereberaterin in München.