Job:So reagieren Sie im Feedbackgespräch richtig

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Vor den Kollegen glänzen um jeden Preis? Wer Rückmeldung einholt, schmeichelt nicht seinem Ego, kommt aber besser voran.

(Foto: Westend61/imago)

Was Frauen von Männern lernen können und wer den Chef kritisieren sollte, erklärt eine Feedback-Expertin.

Interview von Larissa Holzki

Feedback macht schlau, verbessert die Zusammenarbeit - und kann ganz schön wehtun. Claudine Petit weiß das und nimmt als Vorgesetzte trotzdem kein Blatt vor den Mund. Denn bei Questback, einem Dienstleister für Feedback-Software, soll jeder ständig sagen, was er gut und was er schlecht findet - auch am Chef. Im Interview erklärt die Marketingleiterin, was Frauen sich beim Einstecken und Austeilen von männlichen Kollegen abschauen sollten und warum auch Kritik von unten nach oben für alle Beteiligten hilfreich ist.

SZ.de: Dass Feedback prinzipiell eine gute Sache ist, steht wohl außer Frage. Trotzdem haben viele Arbeitnehmer Angst vor Feedbackgesprächen mit Vorgesetzten. Woran liegt das?

Claudine Petit: Wir geben in Deutschland sehr gerne Feedback, aber wir sind nicht so gut darin, Feedback wertfrei aufzunehmen. Gerade, wenn es um ein Herzblutprojekt geht und der Chef ist nicht hundertprozentig zufrieden, fühlen wir uns persönlich angegriffen und gehen in eine Verteidigungsposition. Das ist grundsätzlich falsch. Und Frauen sind da oft sehr viel emotionaler als Männer.

Warum nehmen Frauen Feedback anders auf?

Wir glauben eher, einen persönlichen Fehler gemacht zu haben. Wenn Männern etwas nicht gelingt, beziehen sie es häufiger auf die Umstände. Der Chef ist doof, die Aufgabe hat nicht gestimmt, ich bin nicht richtig eingearbeitet worden. Es fällt ihnen deshalb leichter, sich wieder aufzurappeln. In der Feedbacksituation ist Rechtfertigung aber genauso fehl am Platz wie Emotionsausbrüche.

Beides ist verständlich, vor allem, wenn es unerwartet scharfe Kritik gibt.

Es ist viel klüger, zuzuhören, statt sich auf die Gegenantwort zu konzentrieren. Wenn man Feedback sacken lässt, darüber nachdenkt und es nicht persönlich wertend sieht, kann man in 99 Prozent der Fälle etwas Positives für sich mitnehmen.

Wie kann ich vermeiden, dass mich Feedback persönlich trifft?

Es hilft, wenn man versucht, sich in den anderen hineinzuversetzen. Wenn man sich selbst zurücknimmt, ist kritisches Feedback nicht mehr schlimm. Dann versteht man vielleicht auch, warum das Gegenüber gerade total austickt. Und wie bei allem im Leben hilft natürlich: üben, üben, üben.

"Nichts gesagt ist Lob genug", sagt ein Sprichwort. Wäre es nicht Lobheischerei, um Feedback zu bitten?

Die meisten Leute fragen nicht nach Feedback, weil sie Angst haben, was Schlechtes zu hören. Aber das Wagnis sollte man immer wieder eingehen. Und dann üben, die Emotion wegzulassen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Was kann ich mir da jetzt rauspicken, um es das nächste Mal anders zu machen.

Die Angst vor Kritik ist im Arbeitsumfeld besonders groß. Kann ich Feedbacksituationen auch mit Freunden und Familie üben?

Feedback aus der Familie und von Freunden geht immer unter die Haut. Das ist bestimmt eine gute Übung, aber sie ist auch viel schwieriger. In der Familie schafft man es wahrscheinlich nie, Emotionen ganz rauszuhalten - und das sollte man auch nicht.

Manchmal muss der Jüngere den ersten Schritt machen

Gesetzt den Fall, in der beruflichen Feedbacksituation verliert einer die Nerven: Was ist zu tun?

Wenn es geknallt hat, sollte idealerweise der erfahrenere Part oder der Chef hinterfragen, ob er beim Senden einen Fehler gemacht hat. Warum das Feedback den anderen so getroffen hat, findet man am besten heraus, in dem man später noch mal hingeht und offen nachfragt.

Vorgesetzte, die sich selbst Feedback holen, sind allerdings vermutlich die Ausnahme ...

Das stimmt leider, da bahnt sich ein Paradigmenwechsel an, dass vielleicht die Jüngeren den ersten Schritt machen. Ich bin 1981 geboren, die älteste Ausprägung von Generation Y und ein Feedback-Junkie. Die, die jünger sind als ich, sind tendenziell noch mehr auf Feedback aus. Sie könnten vorschlagen, mal die Perspektiven zu wechseln. Aber das ist natürlich ganz, ganz schwierig. Vorgesetzte sollten dankbar sein, wenn sie Leute in ihrem Team haben, die einem Feedback geben. Aber die Realität sieht anders aus.

Trotzdem empfehlen Sie Mitarbeitern, auch dem Chef Feedback zu geben?

Ja, gerade Frauen, die im Berufsleben oft nicht gesehen werden. Sie können durch Feedback auf sich aufmerksam machen. Ich glaube, dass regelmäßiges Feedback auch dazu beiträgt, dass sich Erwartungshaltungen aufeinander zubewegen. So kann es die Angst vorm Scheitern nehmen.

Was lernt man als Teamleiterin, wenn man Feedback einfordert?

Man lernt sehr viel über sich selbst, wie andere einen sehen - im Vergleich dazu, wie man sich selbst sieht. Dabei kann es auch schon mal passieren, dass eine Feedback-Situation eskaliert. Neulich habe ich die Arbeit einer Mitarbeiterin kritisiert. Sie war darüber sehr erstaunt, auch verletzt. Dabei stellte sich heraus, dass sie sich von Anfang an nicht gut genug von mir gebrieft fühlte. Aber sie hat sich nicht getraut, etwas zu sagen. Wir waren dann nach der Arbeit noch gemeinsam etwas essen und haben das aufgearbeitet. Da sind Männer übrigens auch ein gutes Vorbild.

Inwiefern?

Die streiten sich im Meeting wahnsinnig. Dann ist es 18 Uhr, das Meeting ist rum und einer fragt: Gehen wir noch ein Bierchen trinken? Genau so muss es sein. Der Konflikt bleibt im Business.

In Ihrem Unternehmen arbeiten Sie auch mit anderen Nationalitäten zusammen. Was ist beim Feedback an internationale Kollegen zu beachten?

Einen kritischen Dialog mit einem Skandinavier zu führen, ist eine ganz andere Herausforderung als mit einem Amerikaner. In Norwegen steht man nicht vom Tisch auf, bevor alle sagen: Das ist eine super Idee! Die sind sehr konsensgetrieben. Amerikaner hingegen sitzen da, sind total gut drauf, geben positives Feedback und erledigen ihre Aufgabe dann trotzdem, wie sie denken.

Neuerdings werden Ihre Mitarbeiter am Ende jeder Woche gefragt, wie es ihnen ergangen ist. Was lernen Sie aus dem Stimmungsbarometer?

Das Interessante ist: Es gibt immer eine klare Unternehmenstendenz in eine Richtung. Für mich als Führungskraft heißt das: Ich darf meine Vorbildrolle nicht unterschätzen. Wenn ich schlecht drauf bin, denken die Mitarbeiter, das Unternehmen geht den Bach runter. Da muss man aufpassen, dass man kein falsches Bild vermittelt, nur weil man einen schlechten Tag hat.

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