Job:Pendeln macht unglücklich

Berufsverkehr in Frankfurt am Main

Im Laufe eines Pendler-Berufslebens kann sich die verlorene Zeit des Im-Stau-Stehens auf mehr als ein ganzes Jahr summieren.

(Foto: picture alliance/dpa)

Ein langer Weg zum Arbeitsplatz ist verlorene Zeit, finden viele Deutsche. Da hilft auch keine Schönrechnerei.

Kommentar von Hannah Wilhelm

Zu den Sätzen, die noch nie ein Mensch ausgesprochen hat, gehört: "Pendeln macht mich glücklich." Die maximale Glücksvariante lautet: "Pendeln ist gar nicht so schlimm." Und damit ist schon vieles gesagt.

Zu den Dingen, die laut Forschung die Lebenszufriedenheit reduzieren, gehört unter anderem Krankheit, Scheidung und: ein langer Arbeitsweg. Das bestätigt auch wieder der nun veröffentlichte Glücksatlas.

Die Situation in Deutschland macht es den Pendlern auch immer schwieriger als leichter. So spitzt sich die Verkehrslage auf den Straßen weiter zu. Mittlerweile sind 64 Millionen Fahrzeuge in Deutschland zugelassen. Immer mehr Autos fahren auf oft immer überholungsbedürftigeren Straßen. Und zwei von drei Deutschen fahren mit dem Auto zur Arbeit. Sie sitzen also jeden Morgen hinterm Lenker und stehen im Zweifelsfall im Stau. Oder wie es im Glücksatlas heißt: "Der Weg zur Arbeit ist verlorene Zeit." Dem stimmt ein großer Teil der Menschen zu, die länger als 40 Minuten pro Richtung unterwegs sind. Wenig überraschend.

Das Problem: Entweder müssen Menschen lange Strecken pendeln, weil sie sich es nicht anders leisten können. Weil die Wohnungen in den großen Städten zu teuer für sie geworden sind und sie an den Rand gedrängt werden. An den Rand der Städte und an den Rand der Gesellschaft. Dann sind sie fremdbestimmt, das macht zwangsläufig unglücklich und ist Zeichen unter anderem einer verfehlten Wohnungspolitik.

Oder sie denken, sie wollen pendeln, weil sie Schönrechner sind. Menschen sind tolle Schönrechner, vor allem, wenn es um ihre eigene Zeit geht. Eineinhalb Stunden täglich auf der Autobahn klingen beispielsweise absolut in Ordnung - gibt es dafür im Gegenzug ein Haus mit einem großen Garten, in dem die Kinder spielen können. Dann halt im Zweifelsfall oft ohne Vater oder Mutter, die sich gerade im Stau, auf der Autobahn oder (seltener) in der Bahn befinden. Und so wird es realistischerweise oft sein. Im Zweifelsfall an jedem einzelnen Arbeitstag. Eineinhalb Stunden am Tag. Das sind bei einem Vollzeitjob etwa 335 Stunden im Jahr. 140 ganze Tage in zehn Jahren. Zeit, die bei der Rechnung unter den Tisch fällt.

Und gut genutzte Zeit, für sich selbst oder für seine Kinder oder den Partner, das ist übrigens etwas, das fast immer glücklich macht.

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