Motivation im Job:Kein Geld, kein Bock

Gehalt

Ist es das wert? Sich für so wenig Geld krumm zu machen?

(Foto: Sara Kurfeß / Unsplash)

Studien zeigen, dass die Bezahlung bei der Wahl des Arbeitgebers am wichtigsten ist: Wer sich unfair bezahlt fühlt, leistet weniger. Aber wirklich motivierend sind manchmal ganz andere Dinge.

Von Larissa Holzki

Gehalt

Die Chemikerin will Impfstoff entwickeln, der Filmemacher Geschichten erzählen. Das haben Ökonomen immer wieder bestätigt: Die Wenigsten denken an ihr Jahresgehalt, bevor sie die Bettdecke zurückschlagen. Die Sache ändert sich aber, wenn es nicht fair zugeht. "Geld erzeugt nicht notwendigerweise Motivation, aber wenn die Bezahlung nicht stimmt, kann Demotivation entstehen", sagt Psychologieprofessorin Maika Rawolle von der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Berlin.

Nicht die Summe ist entscheidend, sondern der Vergleich. Wichtig sind die Gehälter der unmittelbaren Kollegen, aber auch der Lohn bei Wettbewerbern und der, den Mitarbeiter bei früheren Arbeitgebern verdient haben. Passen Lohn und Leistung nach eigener Ansicht zusammen, bringen Mitarbeiter weiter ihren Einsatz. Das betrifft nicht nur den eigenen, sondern auch den der anderen: Bekommt der faule Büronachbar mehr, strengt man sich weniger an.

Boni

Aus wenig Geld viel machen: Manager lieben Win-win-Situationen. Nach dem Motto "Tu dies, und du kriegst das" bekommen Mitarbeiter Erfolgsboni, zum Beispiel für von ihnen neu angeworbene Versicherte, wenn die Kunden ihr neues Waschpulver kaufen oder der Umsatz in ihrem Bereich durch ihr eigenes Zutun gesteigert werden konnte. Allerdings motivieren Boni nicht ganz so gut, wie man denken könnte. Menschen lassen sich eben nicht dressieren wie Hunde.

Psychologen, Soziologen und Ökonomen haben in immer neuen Tests immer neue Probleme beobachtet: Das Prinzip "Karotte vor der Nase" funktioniert nur bei eher stupiden Aufgaben. Mitarbeiter denken dann wirklich nur noch an die Möhre und leisten tatsächlich mehr. Manchmal weckt die Belohnung sogar kriminelle Energie. Berühmt ist das Beispiel der Rattenplage von Hanoi. Um die Viecher loszuwerden, setzten die französischen Kolonialherren ein Kopfgeld auf jede tote Ratte aus. Den Vietnamesen wurde die Jagd aber schnell zu mühsam. Statt Ratten zu jagen, fingen sie lieber mit der Zucht an und lieferten die selbst gezüchteten Rattenkadaver ab - die plagenden, frei laufenden Nager rannten weiter herum.

Wenig überraschend also, dass immer mehr große Firmen individuelle Boni abschaffen, neben der Deutschen Bahn und Chiphersteller Infineon zum Beispiel auch Bosch. Stattdessen werden Fach- und Führungskräfte nun am Konzern- und Spartenergebnis beteiligt, sagt Uwe Schirmer, verantwortlich für Personalgrundsatzfragen bei Bosch: Geld sei einfach kein guter Motivator für kreative Aufgaben. Bei SAP wählen die Mitarbeiter selbst zwischen individuellen Belohnungen und kollektiven Boni - und entscheiden sich fast immer für die gemeinsame Lösung.

Der eine mag Auszeichnungen, dem anderen sind sie peinlich

Statussymbole

Fast die Hälfte der Männer möchte einen Dienstwagen haben, hat eine Forsa-Umfrage für die Jobbörse Jobware ergeben. Frauen wünschten sich dagegen an erster Stelle Fitnessangebote von ihren Arbeitgebern. Die wären zwar billiger, laut Psychologin Rawolle, in den meisten Fällen aber ähnlich wenig zielführend wie Boni, wenn es um die Motivation geht. Macht man es richtig, können materielle Anreize, die nicht reines Gehalt sind, aber durchaus wirken. Rawolle hat das mit Kollegen selbst getestet. Das Geheimnis: "Die Belohnung muss unmittelbar mit der intrinsisch motivierten Tätigkeit zu tun haben", sagt sie: Die Entwicklerin im Großraumbüro bekommt die besten Kopfhörer, der Berater das Smartphone mit Riesenbildschirm, die Außendienstlerin den schicksten Firmenwagen. "Dadurch wird das, was sie ohnehin schon gern und hoch motiviert tun, noch angenehmer."

Lob und Dank

Unter Umständen kann eine Dankeskarte mehr motivieren als ein Bonus, hat ein Forscherinnenteam um Wirtschaftspsychologin Charlotte Malycha an der International School of Management Dortmund herausgefunden. Manchmal ist die billigste Lösung eben die beste. Die könnte auch heißen, Mitarbeiter beim Ehrgeiz zu packen. So versuchen junge Unternehmen, die im Netz Kleinstaufträge für Minibeträge vergeben, die Menschen mit einer Art Wettbewerb zu motivieren. Spare5 etwa lässt Menschen auf der ganzen Welt Pixel für Pixel Straßenfotos analysieren, damit selbstfahrende Autos lernen, was ein Hund und was eine Bordsteinkante ist. Anfänger unter den Mitarbeitern heißen auf der Plattform "Fives". Wer viel und gut arbeitet, wird zur "Superfive" - fast wie in einem Computerspiel. Gamification nennt sich das.

Rankings und Auszeichnungen gibt es aber auch in etablierten Firmen. Vor allem in den USA setzen Unternehmen darauf, dass jeder "Mitarbeiter des Monats" werden will. Wie gut sich mit Ruhm und Ehre als Antrieb führen lässt, ist aber umstritten. Bei einem Schweizer Finanzdienstleister strengten sich die Ausgezeichneten noch mehr an. In anderen Versuchen liefen Mitarbeiter vor dem Vergleich weg. Die Antwort liegt wohl auch in der Kultur von Land und Firma - und jedem Einzelnen. Der eine mag Auszeichnungen, dem anderen sind sie peinlich.

Selbstbestimmung

Drei Dinge braucht der Mensch, um motiviert zu sein: soziale Bindung, Kompetenz und Autonomie. Das besagt eine der wichtigsten Motivationstheorien. Autonomie ist ein Knackpunkt: Unternehmen müssten ihre Angestellten bloß machen lassen. Wie das gehen kann, zeigt das Beispiel von Soulbottles, einem Start-up aus Berlin. Die Mitarbeiter vertreiben klimaneutrale Trinkflaschen, führen ihr Unternehmen selbst und gestalten ihre Gehälter gemeinsam. Aus Managementsicht ist das ein genialer Kniff. Transparenz über die Gehälter führt nämlich insgesamt zu niedrigen Löhnen, zeigen Studien. Weil die Mitarbeiter aber selbst verantwortlich sind, ist das kein Grund für Demotivation bei Soulbottles. Das Ergebnis: Auf der höchsten von acht Gehaltsstufen verdienen die Mitarbeiter nur 2,5-mal mehr als auf der niedrigsten. Wer sich ungerecht behandelt fühlt, kann einen Antrag auf Gehaltsstufenänderung stellen, sagt Mitarbeiterin Clara Bütow - oder gleich im Gehaltsrat mitmachen.

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