Süddeutsche Zeitung

Job-Kommunikation:Botschaft angekommen

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Lisa Frühbeis zeichnet live und in Farbe Inhalte, die Teilnehmer von Geschäftstreffen oder Kongressen mitnehmen sollen - mit einem Hintergedanken.

Von Larissa Holzki, Berlin

"Passt doch alles!", sagt der Kapitän der Titanic, die Hände in die Hüften gestemmt, den selbstzufriedenen Blick hinter der Sonnenbrille auf den Eisberg knapp vor dem Bug gerichtet. Das Plenum auf dem Plan-W-Kongress lacht über das Bild. Darüber steht: Braucht es zur Veränderung die Krise?

Den Frauen und Männern wird nach einem Tag mit Vorträgen und Debatten gerade bewusst, was sie mitnehmen wollen. Manche Gefahren dürfen sie nicht sehenden Auges auf sich zukommen lassen. Sie müssen mitentscheiden, wo es lang gehen soll: Wenn in China künstliche Intelligenzen entwickelt werden, ohne ethische Fragen zu berücksichtigen. Wenn amerikanische Konzerne die Onlinekommunikation nicht nur ermöglichen, sondern auch manipulieren. Wenn männliches Bauchgefühl statt Talent bestimmt, wer in Führungspositionen aufsteigt.

"Bilder haben eine wahnsinnige Macht, weil sie Emotionen ansprechen", sagt Lisa Frühbeis, die den Kapitän gemalt hat. Während auf dem Podium diskutiert wird, flitzt ihr Stift über das iPad. Parallel hört sie zu, sucht Methapern für Aussagen, setzt die nächsten um. Auch als die Staatsministerin für Digitales Dorothee Bär und Gründer Frank Thelen über die Chancen der Krise diskutieren. Wer denkt, er muss nichts ändern, und steuert auf die maximale Krise zu? "Zuerst habe ich an den Kapitän der Costa Concordia gedacht, der zu eitel war, eine Brille zu tragen", sagt Frühbeis. Dann fiel ihr die Titanic ein. "Der Eisberg. Das ist eine super Metapher, die jeder in zwei, drei Sekunden versteht."

Lisa Frühbeis ist Grafikdesignerin und Beraterin zugleich. Sie zeichnet Wort-Bild-Protokolle bei Bürgerbeteiligungen, auf Medizinerkongressen, bei Mittelständlern, die sich digitalisieren wollen. Manchmal hält sie verschiedene Impulse fest. Dann entsteht ein Bild in drei bis 15 Minuten. Obwohl die 32-Jährige sich mit den Inhalten oft nicht auskennt, könne sie den Teilnehmern vor Augen halten: "Da sind Sie, da wollen Sie hin, das ist Ihr Plan", sagt Frühbeis.

Lisa Frühbeis hat Kommunikationsdesign studiert. Sie sieht sich aber als Handwerkerin. Nach einem Tag, an dem sie live gezeichnet hat, ist sie mental und körperlich erschöpft. "Ich brauche dreimal die Woche zwei Stunden Yoga als Ausgleichssport", sagt sie.

Frühbeis sorgt dafür, dass sich am Ende eines Meetings alle einig sind, was besprochen wurde. Die Interpretation nimmt sie ihnen aber nicht ab. "Manchmal sagen mir Leute: Als der Satz auf dem Podium gesagt wurde, hat er mich wütend gemacht. Jetzt wo ich ihr Bild dazu sehe, kann ich darüber lachen."

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Quelle:
SZ vom 07.06.2019
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