Süddeutsche Zeitung

Interview:Weiterlernen statt warten

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Denise Lo aus Hongkong kann wegen der Pandemie erst mit mehrmonatiger Verspätung ihr MBA-Studium in Deutschland aufnehmen. Doch sie weiß die freie Zeit klug zu nutzen.

Von Christine Demmer

Als die 32-jährige Hongkong-Chinesin Tsz Yau Lo, die sich in Deutschland Denise nennt, im Sommer erfuhr, dass ihr gebuchtes MBA-Programm an der HHL Leipzig Graduate School of Management vier Monate später starten würde als vorgesehen, hätte sie vom Vertrag zurücktreten können. Lo erklärt, warum sie daran nicht eine Minute gedacht hat.

Wegen der Pandemie starten Sie mit dem Studium später als geplant. Belastet das Ihre Lebensplanung?

Denise Yau Lo: Überhaupt nicht. Ich kann diese Zeit gut nutzen, um zu Hause zu lernen. Wenn alles gut läuft, werde ich im September 2022 meinen Abschluss haben. Dann wird die Weltwirtschaft besser aussehen als heute, und ich habe größere Chancen auf einen besseren Job.

Das bedeutet aber mehr Lernstoff in kürzerer Zeit. Schlimm?

Ich bin es gewöhnt, schnell zu lernen. Bis 2011 habe ich ein Bachelorstudium in Psychologie und Beratung absolviert und danach sechseinhalb Jahre bei einer Versicherung gearbeitet. Danach wusste ich, was ich nicht wollte: Täglich acht Stunden lang vor einem Bildschirm sitzen und Dokumente bearbeiten. Deshalb bin ich für jeweils fast ein Jahr erst nach Deutschland und dann nach Kanada gegangen. In sehr verschiedenen Jobs habe ich Land und Leute kennengelernt.

Noch sitzen Sie in Hongkong. Finden Sie das Warten zermürbend?

Ich warte doch gar nicht. In einem Online-Kurs der HHL studiere ich die deutsche Sprache. Außerdem habe ich bei der Lernplattform Coursera Kurse in Data Analytics belegt. Dort lerne ich unter anderem Excel und die Programmiersprache SQL. Beides wird mir bei meinem MBA-Studium nützen.

Wie viel Zeit verwenden Sie auf das selbstorganisierte Lernen?

Ich studiere an sechs Tagen in der Woche jeweils sieben Stunden.

Haben Sie Ihre Mitstudierenden schon kennengelernt?

Sicher, im Deutschkurs und bei monatlichen virtuellen Treffen, die die Schule für uns organisiert. Da machen wir uns miteinander vertraut, so gut es eben geht, von Bildschirm zu Bildschirm. Weil wir alle in unterschiedlichen Zeitzonen sitzen, gibt es zwei Zeitfenster für diese Social Events. Ich versuche immer, mich an beiden Terminen einzuloggen. Wir sprechen Englisch. Aber in unserer Whatsapp-Gruppe kommt Deutsch vor. Da bestätigen wir uns gegenseitig, wie schwierig die deutsche Sprache ist.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2020
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