Interview:Was tun, wenn der Kollege stinkt?

Sommer, Sonne Schweiß. Da bricht in Büros ohne Klimaanlage schnell die olfaktorische Katastrophe aus. Doch wie sag' ich's dem Kollegen, der über die Maßen müffelt? Unternehmensberaterin Catrin Lenfers berät Jutta Göricke.

(SZ vom 30.8.2003) SZ: Was tun, wenn der Kollege stinkt - Fenster aufreißen und Deo verschenken?

Interview: Catrin Lenfers

Catrin Lenfers

(Foto: Foto: SZ)

Lenfers: Zunächst einmal gilt: Nicht auf jedes Zirpen einer Grille reagieren und zunächst einmal prüfen: Riecht es nur ausnahmsweise etwas strenger oder sind unangenehme Ausdünstungen die Regel? Und dann am besten den Stier bei den Hörnern packen und den Kollegen direkt darauf ansprechen.

SZ: Aber muss es nicht ohnehin sehr dicke kommen, bis man sich traut, einen Stinker als solchen zu outen?

Lenfers: Es ist in jedem Fall besser, das Problem schnell anzugehen als lange zu warten. Schließlich muss man ja effektiv zusammenarbeiten, und da wirkt sich quälender Gestank störend aus.

SZ: Woran liegt es, dass manche Leute sich selbst nicht riechen können?

Lenfers: Das scheint allgemein der Fall zu sein. Das ist so eine Art blinder Fleck in der Selbstwahrnehmung.

SZ: Ist es klug, wenn Kollegen das Problem untereinander klären oder sollte man besser den Chef einschalten?

Lenfers: Grundsätzlich halte ich das für eine Führungsaufgabe. Aber das kommt ganz auf das Verhältnis unter den Kollegen an. Ist es eher freundschaftlich, würde ich eine direkte Aussprache empfehlen.

SZ: Und wie geht das jetzt genau?

Lenfers: In einem Vier-Augen-Gespräch, auf keinen Fall vor versammelter Mannschaft. Und dann sollte man seine eigene Betroffenheit zum Ausdruck bringen. Sanft und spontan. In Ich-Form reden, Brücken bauen und sich nicht über den anderen stellen.

SZ: Also etwa: He, du alter Stinker. Du strapazierst jetzt schon seit drei Wochen meine Nase...

Lenfers: Um Gottes Willen. Immer im Heute bleiben und auf die Zukunft verweisen. Nie über die Vergangenheit reden. An der kann der Angesprochene ja ohnehin nichts mehr ändern und steht dann dumm da. Lieber sagen: Mir fällt heute auf, dass du... das kann ja mal vorkommen...aber es wäre schön... Und dann vielleicht auch Empfehlungen aussprechen, wie es besser geht.

SZ: Wie reagieren denn Stinker in der Regel, peinlich berührt?

Lenfers: Das Gute ist: Die meisten sind heilfroh über die Rückmeldung und bedanken sich für den kollegialen Hinweis.

SZ: Ist es besser, wenn ein Geschlechtsgenosse die schlechte Botschaft überbringt?

Lenfers: Das kann man nicht generell beantworten. Wenn man es zum Beispiel mit einem ausgesprochenen Macho zu tun hat, ist womöglich der kumpelhafte Ton eines männlichen Kollegen angebracht. Vielleicht könnte aber auch eine mütterliche Sekretärin Wunder wirken.

SZ: Ist strenger Geruch geschäftsschädigend?

Lenfers: Eindeutig ja. Besonders bei Mitarbeitern im Außendienst. Da passiert es, dass Kunden sich beschweren.

SZ: Welche Themen außer Körpergeruch sind im kollegialen Umgang noch tabu?

Lenfers: Da gibt es einiges, was einer Aussprache bedarf, etwa wenn die Sekretärin im gürtelbreiten Mini Geschäftspartner empfängt oder der Mitarbeiter im Muscle-Shirt seine Oberarme zur Schau stellt. Aber das kommt natürlich ganz auf die Unternehmenskultur an. Ein wichtiges Thema ist auch das mangelnde Distanzverhalten mancher Mitmenschen. Da gilt ebenfalls: Möglichst früh ansprechen, wenn einer notorisch zu nah auf die Pelle rückt.

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