Interview über Erfolg:"Viele machen sich den Druck, perfekt zu sein"

Zwölf Prominente haben mit der Autorin Andrea Sixt darüber gesprochen, wie man erfolgreich wird. Uns verrät sie nun, wie's geht.

Sarina Pfauth

Was heißt Erfolg? Worauf kommt es an, wenn man seine Visionen verwirklichen will? Die Autorin Andrea Sixt hat mit zwölf erfolgreichen Menschen gesprochen, um eine Antwort auf diese Fragen zu finden - unter anderem versuchten ihr Bundesligatrainer Jürgen Klopp, die Kabarettistin Monika Gruber, der Schauspieler Michael Mendl und der Regisseur Marc Forster ("Ein Quantum Trost") Wege zum Erfolg zu erklären. Ihr Buch "Everybody is perfect. Viele Wege führen zum Erfolg" ist soeben im Südwest-Verlag erschienen.

sueddeutsche.de: Frau Sixt, Sie haben mit vielen Prominenten über das Thema Erfolg geredet. Wissen Sie jetzt, wie man erfolgreich wird?

Andrea Sixt: Alle Gesprächspartner hatten eines gemeinsam: Sie lieben das, was sie tun. Das habe ich am meisten mitgenommen. Und dass kein Weg kerzengerade zum Erfolg führt. Auch erfolgreiche Leute sind mal in der Schule sitzengeblieben, haben mal einen falschen Weg eingeschlagen. Sie haben sich ausprobiert, bis sie gefunden haben, was sie wirklich glücklich macht - und darin sind sie nun gut.

sueddeutsche.de: Selbst wenn man das, was man tut, gerne macht - am Ende werden doch nur sehr wenige Leute reich und berühmt damit.

Sixt: Auch erfolgreiche Persönlichkeiten haben nichts geschenkt bekommen. Das nimmt vielleicht manch einem die Frustration. Man kann von berühmten Leuten viel lernen. Was alle Interviewpartner verbindet, ist zum Beispiel, dass sie immer noch besser werden wollen. Sie sind nie am Ende. Sie sind sehr offen, sich falsche Entscheidungen einzugestehen und sich zu ändern.

sueddeutsche.de: Was verstehen Sie unter Erfolg?

Sixt: Die meisten Menschen machen den Fehler, Erfolg mit Geld gleichzusetzen. Ich denke aber, Erfolg bedeutet, das zu machen, was einen glücklich macht. Und dadurch auch einen positiven Beitrag für unsere Welt zu leisten.

sueddeutsche.de: Die meisten Leute, die Sie interviewt haben, sind aber nicht nur erfolgreich, sondern zumindest auch wohlhabend.

Sixt: Unter denen, die ich interviewt habe, ging es keinem nur ums Geld. Ihnen geht es in erster Linie darum, das, was sie tun, so gut wie möglich zu machen. Das gilt zum Beispiel für Monika Gruber. Sie liebt ihre Arbeit auf der Bühne, und da ist es ihr egal, ob sie in einem Wirtshaus in Oberbayern oder im Circus Krone vor Publikum steht. Marc Forster, der Regisseur des James-Bond-Streifens "Ein Quantum Trost", hat nach dem Studium in New York zehn Jahre lang keinen Film gedreht, er hatte hohe Schulden und schlimme Ängste - aber trotzdem blieb er an seiner Vision dran. Er hat ein Angebot aus Hollywood für 200.000 Dollar abgelehnt, weil er davon geträumt hat, die Filme zu machen, die ihm vorschwebten. Er wollte sich nicht verbiegen.

sueddeutsche.de: Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, ein solches Buch zu schreiben?

Sixt: Ich habe in meinem Umfeld gesehen, dass sich viele junge Leute den Druck machen, perfekt zu sein. Die Ansprüche sind wahnsinnig hoch. Und das endet dann oft in Krankheiten wie Essstörungen. Aber man muss nicht perfekt sein, um Erfolg zu haben. Die Prominenten in den Interviews haben alle Fehler zugegeben und empfinden diese nicht als Niederlage.

sueddeutsche.de: Welche Sätze aus den Gesprächen sind bei Ihnen hängengeblieben?

Sixt: Viele. Der Künstler Birdman hat zum Beispiel gesagt: "Ich habe gelernt, dass alles möglich ist - außer ich tue es nicht." Und im Gespräch mit Franziska van Almsick kamen mir fast die Tränen, als sie erzählt hat, dass sie auch in der Öffentlichkeit immer sie selbst ist. Und dass deshalb jeder, der damals Franziska van Almsick angegriffen hatte, sie zutiefst verletzt hat. Und dann wieder die unglaublich positive Art vom Trainer von Borussia Dortmund, Jürgen Klopp: Er ist total glücklich und dankbar für das, was er tun darf.

Lesen Sie weiter: Was man braucht, um den eigenen Weg zu finden.

Unnötiger Druck

sueddeutsche.de: Die Gesprächspartner haben viel von sich offenbart. Warum haben sie mitgemacht bei dem Buchprojekt?

Sixt: Sie fanden es wichtig zu zeigen, dass niemand perfekt sein muss; dass man sich diesen Druck nicht machen muss. Sie wollten etwas von ihrer Lebensphilosophie mitgeben.

sueddeutsche.de: Was haben Ihre Interviewpartner auf dem Weg zum Erfolg dazugelernt?

Sixt: Alle meine Gesprächspartner analysieren sich selbst sehr genau und sehen auch ihre Fehler. Ein Michael Mendl guckt sich in seinen Filmen auch heute noch genau an, kritisiert sich und lernt. Sie glauben trotzdem an sich und geben nicht so viel darum, was die anderen sagen. Alle haben sich das Leben so gebaut, dass es für sie stimmig ist. Heute kann man zum Beispiel Franziska van Almsick nicht mehr so leicht verletzen. Sie hat aus dem gelernt, was sie als junger Mensch durchleiden musste.

sueddeutsche.de: Braucht man andere Menschen, um erfolgreich zu sein?

Sixt: Manche machen das alleine für sich, wie Erich Sixt, der nichts von Coaching hält. Dafür liest er nächtelang. Andere lassen sich beraten - jeder hat eine andere Art, an sich und seiner Entwicklung zu arbeiten. Ich denke, man braucht aber den Austausch, egal ob in Form eines Buchs oder in Form eines Gesprächs. Man braucht Input von außen, um den eigenen Weg zu finden.

Andrea Sixt, geboren 1958, ist Roman-, Sachbuch- und Drehbuchautorin. Nachdem sie Versorgungstechnik studiert und einige Jahre als Ingenieurin auf Großbaustellen gearbeitet hatte, wechselte Andrea Sixt den Beruf: Sie machte sich als Autorin selbständig. Unter anderem schrieb sie das Drehbuch zum Kinofilm "Workaholic" und das Sachbuch "Noch einmal lieben", das 2006 verfilmt wurde. Nach einer Krebserkranung wurde sie Mitbegründerin von Brustkrebs Deutschland e. V. Sie lebt mit ihrem Mann in München.

Andrea Sixt Everybody is perfect Viele Wege führen zum Erfolg 288 Seiten, 19,95 Euro ISBN: 978-3-517-08489-3 Südwest-Verlag

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