Süddeutsche Zeitung

Interview:Aufschieberitis

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Die Wahl des Masterstudiums will wohlüberlegt sein. Viele Studenten sehen sich zu spät nach Optionen um und haben unnötig Kummer.

Interview von Benjamin Haerdle

Andreas Nolten berät Schüler, Studenten und Berufstätige bei Entscheidungen rund um die Aus- und Weiterbildung sowie die berufliche Entwicklung. Er hat Volkswirtschaftslehre, Personalentwicklung und Organisationsberatung studiert und war als Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens sowie als Organisationsberater beschäftigt. Der Coach arbeitet in Berlin bei "Nolten - Die Studien- und Berufsberater". Er empfiehlt jungen Menschen, sich frühzeitig ernsthaft mit der Frage zu befassen, in welche berufliche Richtung sie gehen wollen und das Thema nicht wieder und wieder zu vertagen.

SZ: Den passenden Master-Studiengang zu wählen, fällt manchem Bachelor-Absolventen schwer. Warum?

Andreas Nolten: In Deutschland gibt es mehr als 8200 Masterstudiengänge, die Auswahl ist sehr groß. Hochschulen müssten transparenter beschreiben, welche Ansprüche sie für die Masterkurse haben. Handelt es sich um einen vertiefenden, forschungsorientierten Master, sind Studenten mit entsprechenden fachlichen Kenntnissen und Qualifikationen gesucht. Oder ist das eher ein Master, für den sich auch Quereinsteiger einschreiben können? Diese Unterscheidung ist für Interessenten oft schwer zu erkennen.

Die Unübersichtlichkeit ist das eine. Das andere ist, dass es Studierenden immer schwerer fällt, sich für einen Master zu entscheiden. Woran liegt das?

Eigentlich ist es dieselbe Frage wie zu Beginn des Studiums: In welche berufliche Richtung will ich eigentlich? Viele haben diese Frage schon damals nicht beantwortet, nun stellt sie sich umso dringender. Wer jetzt nicht weiß, was er will, steht relativ ratlos vor einer großen Anzahl von Studiengängen. Hinzu kommt, dass sich viele schwer tun, sich zu entscheiden. Wir leben in einer Multi-Options-Gesellschaft. Das heißt: Entscheidet man sich für etwas, schließt man vieles aus. Sich von diesen Optionen zu verabschieden, kann zum Problem werden.

Ist die Master-Wahl entscheidend für das restliche Berufsleben?

Die Master-Wahl ist eine weitreichende Entscheidung, sie könnte prägend sein für die nächsten 40 Jahre. Das macht sie für viele groß und wichtig.

Kann man das nicht entspannter sehen? Die Möglichkeiten der Weiterbildung sind doch groß.

Richtig, erst einmal geht es darum, einen berufsqualifizierenden Abschluss zu erwerben und einen beruflichen Einstieg zu finden. Das nimmt der Entscheidung etwas den Druck. Sich das klarzumachen, fällt aber nicht jedem so leicht.

Kümmern sich Studierende zu spät um den passenden Master?

Das kommt oft vor. Idealerweise sollte man sich damit mindestens ein Jahr zuvor befassen. Viele schieben das auf. Studierende müssen zum Ende des Bachelorstudiums eine Abschlussarbeit machen, da fließt sehr viel Energie rein. Die Mastersuche gerät dabei ins Hintertreffen.

Was könnte passieren, wenn man zu spät dran ist?

Einschreibungsfristen könnten bereits abgelaufen sein. Damit droht folgende Gefahr: Womöglich wählt man - statt gut zu überlegen - einen Verlegenheitsmaster. Wenn eine Einschreibungsfrist abgelaufen ist, muss man sehen, was man in der Zwischenzeit macht, etwa ein Praktikum oder einen Auslandsaufenthalt. Aber auch das müsste gut vorbereitet und geplant sein.

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Quelle:
SZ vom 09.06.2016
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