Initiatorin des "Global Summit of Women":Hauptsache Nummer eins

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Irene Natividad, Gründerin des "Global Summit of Women" (Foto: AFP)

Deutsche Frauen beschweren sich zu viel über ihre berufliche Situation, findet Irene Natividad. Die Amerikanerin hat den "Global Summit of Women" ins Leben gerufen. Von ihren Geschlechtsgenossinnen fordert sie mehr Verantwortung - von der Politik eine Quote. Diese sei das Eingangstor zur Macht.

Von Alexandra Borchardt

Man kann so einen Satz, von der eigenen Mutter gesprochen, als ewige Fußfessel empfinden. Oder als Treibstoff fürs Leben: "Eigentlich ist es mir egal, was du machst. Hauptsache, du bist die Nummer eins. Das hat sie so gesagt", erzählt Irene Natividad. Nummer eins sein, die Erste, die etwas wagt. Zumindest ihr Lebenslauf legt nahe, dass sich Natividad für den Treibstoff entschieden hat: Jahrgangsbeste in Schule und Uni; erste Amerikanerin mit asiatischen Wurzeln, die eine nationale politische Organisation leitete; unzählige Spitzenämter und Vorbild für Frauen aus aller Welt. Vor 24 Jahren erfand die heute 65-Jährige den Global Summit of Women.

Das ist ein Weltwirtschaftsforum für Politikerinnen, Managerinnen und Unternehmerinnen, bei dem ausnahmsweise mal Männer als Minderheit auffallen. In diesem Jahr treffen sich von Donnerstag an mehr als 1000 Teilnehmerinnen aus aller Welt in Paris, um voneinander zu lernen, Kontakte zu knüpfen oder ganz konkret miteinander ins Geschäft zu kommen.

Tatsächlich könnte man es auch als Misserfolg betrachten, dass so etwas nach 24 Jahren immer noch nötig ist: ein eigenes Wirtschaftsforum für Frauen als Beleg dafür, dass Männer die Macht immer noch weitgehend unter sich aufteilen. "Ich wünschte, wir bräuchten das nicht mehr", sagt Natividad, und natürlich scherzt sie, denn ihr Leben ist eng mit diesem Projekt verknüpft, das sie von Washington aus mit ihrer gemeinnützigen Organisation GlobeWomen steuert. "Aber wir sind eben immer noch nicht dort angekommen, wo wir sein sollten."

Kribbelig beim Gedanken an eine Hillary-Kampagne

Ankommen scheint allerdings ohnehin keine Kategorie zu sein für jemanden wie Natividad. Sie sprüht vor Ideen und Plänen, freut sich an den Erfolgen von Mitstreiterinnen und wird ganz kribbelig bei dem Gedanken an eine potenzielle Kampagne für Hillary Clinton, nachdem sie die vergangene "bis zum bitteren Ende" begleitet hatte. Schon als Geraldine Ferraro als Vizepräsidentin der USA kandidierte, vor 30 Jahren, war sie dabei.

Natividad, geboren in Manila, hat nicht nur eine Heimat. Ihr Vater war Ingenieur und verpflanzte die Familie nach Japan, Iran, Griechenland, Indien. "Ich habe noch nie irgendwo gelebt, wo die Menschen so aussahen wie ich", sagt sie. Das präge. Und vielleicht ist es auch so: Wenn man ohnehin schon auffällt, verliert man die Scheu davor, unpopuläre Themen anzusprechen.

Eigentlich habe sie sich als Akademikerin gesehen, erzählt sie. Aber schnell habe sie erkannt: "Ich bin die geborene Organisatorin." Also wurde sie zuerst von der Wissenschaftlerin zur Aktivistin, dann vom politischen Menschen zu jemandem, die die Bedeutung der Wirtschaft betont. "Wirtschaftliche Macht ist die Basis für politische Macht", sagt Natividad. Und das gelte nicht nur im Großen. "Sobald eine Frau Geld heimbringt, verändert sich das Machtgefüge zu Hause." Ihr wichtigster Rat an junge Frauen deshalb: "Schaut aufs Geld."

"Die deutschen Frauen haben sich beschwert, beschwert, beschwert"

Nur leider sei es schwerer für Frauen als für Männer, an finanzielle Mittel zu kommen. Banken gäben Frauen weniger Kredit, Firmen zahlten ihnen geringere Gehälter. Also müssten sie sich verbünden, deshalb auch der Global Summit.

Denn auch das ist Natividad: sehr pragmatisch. 2007 fand der Gipfel in Berlin statt, und was fiel ihr auf: "Die deutschen Frauen haben sich beschwert, beschwert, beschwert." Die Regierung sei schuld, die Firmen seien schuld, die Chefs. Ganz Amerikanerin, konnte Natividad das nicht fassen. "Leute, ihr deprimiert mich, habe ich da gerufen. Es ist eure Verantwortung, daran etwas zu ändern."

Was nicht heißt, dass ihr ein wenig staatliche Hilfe unrecht wäre. Quoten zum Beispiel hält sie für absolut notwendig. Sie seien das Eingangstor zur Macht.

© SZ vom 05.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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