Initiative aus Brüssel:Reding will Frauenquote per Gesetz

Brüssel macht ernst mit der Frauenquote: Grundrechtekommissarin Reding will die Unternehmen verpflichten, bis zum Jahr 2020 den Frauenanteil in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen auf 40 Prozent zu erhöhen. Ein Gesetzesvorschlag ist in Arbeit.

Brüssel macht Ernst mit der Frauenquote. Im Oktober will EU-Grundrechtekommissarin Viviane Reding einen Gesetzesvorschlag vorlegen, wie EU-Diplomaten der Nachrichtenagentur dpa bestätigten. Reding will die Unternehmen verpflichten, bis zum Jahr 2020 einen Frauenanteil von 40 Prozent in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen zu erreichen. Innerhalb der Kommission habe der Vorschlag Rückendeckung, hieß es.

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Viviane Reding will die europäischen Unternehmen per Gesetz zu einer Frauenquote verpflichten.

(Foto: AFP)

Gelten soll das Gesetz europaweit für die Führungsgremien. Wo, wie in Deutschland, zwischen Aufsichtsrat und Vorstand unterschieden wird, soll die Quote für den Aufsichtsrat gelten. Während der Vorstand das Unternehmen führt, hat der Aufsichtsrat eine Kontrollfunktion.

Reding hatte im März konkrete Vorschläge zur Frauenquote angekündigt. Freiwillige Selbstverpflichtungen hatten in ihren Augen nicht das gewünschte Ergebnis gebracht. Die Selbstverpflichtung, bis 2015 den Frauenanteil in der Spitze auf 30 und bis 2020 auf 40 Prozent zu erhöhen, unterschrieben in ganz Europa bis März nur 24 Unternehmen, wie die Kommission damals erklärte.

In Deutschland ist der Frauenanteil in den Kontrollgremien von Großkonzernen einer aktuellen Studie zufolge zuletzt jedoch deutlich gestiegen. Demnach sind knapp ein Fünftel der Posten in Aufsichtsräten der 30 Unternehmen aus dem Deutschen Aktienindex (Dax) mittlerweile von Frauen besetzt. Anfang 2011 habe die Quote noch bei 13,4 Prozent gelegen.

Zwar bilden männliche Vertreter in den Kontrollorganen trotz der politischen Debatte noch immer die große Mehrheit. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der Dax-Unternehmen ist seit Anfang 2011 aber um mehr als ein Drittel gestiegen, wie die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC mitteilte. Nach der Analyse sind aktuell 91 von 500 Aufsichtsratsmitgliedern oder 18,2 Prozent weiblich.

Dennoch blieben die Unternehmen nach den Angaben noch weit hinter den politischen Erwartungen von 30 bis 40 Prozent Anteil zurück. Bei den von der Politik besonders kritisch betrachteten Vertretern der Anteilseigner im Aufsichtsrat habe sich der Frauenanteil im Vergleich zu Anfang 2011 sogar nahezu verdoppelt: "Von den 24 neu gewählten weiblichen Aufsichtsratsmitgliedern sind 14 auf der Anteilseignerseite in den Aufsichtsrat eingezogen, die nun insgesamt 34 Frauen vorweisen kann", wird PwC-Partner Henning Hönsch zitiert.

Die Frauenquote auf der Kapitalseite, die die Hälfte der Posten besetzt, betrage damit knapp 13,3 Prozent. Die andere Hälfte der Aufsichtsräte stellen Belegschaftsvertreter wie Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionäre, unter deren traditionell mehr Frauen sind. "Sollte sich dieser Trend fortsetzen, müsste eigentlich auch die Politik gewillt sein, den Unternehmen noch Zeit zu geben, bevor mit einer gesetzlichen Quote eingegriffen wird", so Hönsch. Zumal im kommenden Jahr eine große Welle an Aufsichtsratswahlen bei den Dax-Unternehmen anstehe.

Geltendes Gesetz wird der EU-Vorschlag von Kommissarin Reding nur, falls EU-Länder und Europaparlament ihn verabschieden. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder lehnt eine verpflichtende Quote ab. Sie setzt auf die "Flexiquote" und damit auf Freiwilligkeit.

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