Süddeutsche Zeitung

Indien: Jesuskarikatur in Schulbuch:Blasphemie in der Grundschule

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Eine Abbildung in einem Grundschulbuch erhitzt Indiens christliche Gemüter: Sie zeigt Gottes Sohn in ungewöhnlicher Pose. Die Regierung spricht von "Blasphemie" und droht mit Strafe.

Ausnahmezustand unter Indiens Christen: In der Stadt Shillong im Bundesstaat Meghalaya marschiert ein wütender Mob durch die Straßen und demoliert Fahrzeuge und ein Einkaufszentrum. In Batala im Bundesstaat Punjab verhängt die Polizei eine Ausgangssperre, nachdem aufgebrachte Protestler versucht hatten, mehrere Geschäfte in Brand zu setzen.

Grund für den Aufruhr ist eine Jesuskarikatur, veröffentlicht in mehreren Zeitungen des Landes. Das Bild zeigt ihren Hirten nicht mit Heiligenschein, sondern als einen, der weltlichen Lastern fröhnt. Bierdose in der einen, Zigarette in der anderen Hand. Einen Jesus beim Kneipenbesuch, sozusagen.

"Es ist unverantwortlich"

Die Zeitungen allerdings druckten das Bild vom Wanderprediger in Genießerpose nur nach. Das Original entstammt ausgerechnet einem Lehrbuch für Grundschüler.

Die Empörung der christlichen Gemeinde Indiens äußert sich nicht allein auf den Straßen. "Es ist unverantwortlich, Kinder die in einem Alter sind, in dem man leicht zu beeindrucken ist, solchen blasphemischen Abbildungen auszusetzen", wird ein Kirchenoberer in der indischen Zeitung The Statesman zitiert.

"Wir sind zutiefst schockiert und verletzt", sagte Erzbischof Dominic Jala von der Diözese Shillong. Den Herausgebern des Schulbuches fehle es an "Respekt für Religionen". Das Buch mit dem unorthodoxen Jesus-Porträt wurde auch an kirchlichen Schulen des Bundesstaats Meghalaya verwendet. Mehr als 70 Prozent der Bevölkerung des Staats im Nordosten Indiens sind gläubige Christen.

"Akt der Blasphemie"

Indiens römisch-katholische Kirche hat reagiert und untersagte an allen ihren Schulen die Benutzung der umstrittenen Publikationen. Das Bildungsministerium von Meghalaya beschlagnahmte sämtliche Kopien. Protestantische Kirchenführer forderten eine öffentliche Entschuldigung. Regierungsvertreter verurteilten den "Akt der Blasphemie".

Bildungsminister Ampareen Lyngdoh kündigte zudem rechtliche Schritte gegen den Verleger an. Dem Chef des in Neu-Delhi ansässigen Verlagshauses Skyline, das die Ausgaben des umstrittenen Schulbuchs inzwischen zurückrief, droht eine Strafe. Die Polizei ermittelt nach eigenen Angaben wegen "Verletzung religiöser Gefühle".

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