IG Metall kritisiert Arbeitgeber:Leiharbeit - die billige Alternative

Eine Umfrage der IG Metall unter Betriebsräten macht deutlich: Immer mehr Unternehmen ersetzen Angestellte durch Mitarbeiter auf Zeit - trotz Aufschwung.

Detlef Esslinger

Die IG Metall hat den Arbeitgebern vorgeworfen, reguläre Jobs abzuschaffen und die Arbeit von Leiharbeitern erledigen zu lassen. Viele Unternehmen nutzten die Leiharbeit nicht mehr, weil sie vorübergehend Personal brauchen, sondern um "eine neue Billiglohnlinie zu etablieren", sagte IG-Metall-Vize Detlef Wetzel am Montag in Frankfurt am Main. Er stellte eine Umfrage zur Leiharbeit unter Betriebsräten vor. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall wies die Vorwürfe zurück.

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Die Gewerkschaft IG Metall kritisiert den vermehrten Einsatz von Leiharbeitern in Unternehmen.

(Foto: dapd)

Die Bewertung der Gewerkschaft fußt auf den Antworten von 5100 Betriebsräten. Betriebe, die im beginnenden Aufschwung zusätzlichen Personalbedarf haben, decken diesen demnach fast sechsmal so häufig über Leiharbeit und befristete Verträge ab wie über unbefristete Einstellungen. In 20 Prozent der Betriebe seien Stammbelegschaften durch Leiharbeiter ersetzt worden.

Die Leiharbeit ist Gewerkschaften aus mehreren Gründen suspekt. Erstens werden Leiharbeiter in der Regel schlechter bezahlt als Stammarbeiter. Dadurch kommt es in den Betrieben zu Spannungen. Zweitens können Leih-Jobs zu einer Bedrohung für Stamm-Jobs werden, wenn Arbeitgeber finden, die Leiharbeiter seien genauso gut wie die Stammarbeiter - und anfangen, Stammarbeiter allmählich durch Leiharbeiter zu ersetzen. Drittens sind Leiharbeitsplätze von Natur aus unsicher, so dass Leiharbeiter viertens oft nichts tun, was ihnen vielleicht gefährlich werden könnte - und folglich von Gewerkschaften schwer zu mobilisieren sind.

Gewerkschaftsvize Wetzel deutete daher Reaktionen an. "Massenhafte Leiharbeit und flexible Tarifverträge, beides zugleich ist mit der IG Metall nicht zu machen", sagte er. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen solle ihrem Koalitionspartner folgen. Mehrere FDP-Wirtschaftspolitiker hatten vor einiger Zeit gefordert, die gleiche Bezahlung von Leih- und Stammarbeitern gesetzlich vorzuschreiben.

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall warf der Gewerkschaft vor, an der Realität vorbei zu argumentieren. "Die Behauptung, Zeitarbeit verdrängt Stammarbeitsplätze, wird auch durch stetige Wiederholung nicht wahr", hieß es dort. Es sei auch früher schon so gewesen, dass die Unternehmen zu Beginn eines Aufschwungs auf Zeitarbeit setzten - weil sie dem Aufschwung noch nicht trauten. Später aber wachse die Zahl der Stamm-Jobs, und zwar "deutlich" höher als die der Leih-Jobs. Die IG Metall hingegen glaubt nicht, dass es diesmal wieder so kommt. Ihr Indiz: In 20 Prozent der Betriebe gebe es nun mehr Leiharbeit als 2008, vor der Krise. Und in weiteren 20 Prozent habe die Leiharbeit schon jetzt wieder den Stand von damals erreicht.

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