Hochschule:"Die Juniorprofessur wird noch sehr unterschiedlich gehandhabt"

Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn zur Kritik an der Juniorprofessur.

Interview: Marco Finetti

(SZ vom 5.8.2003) Sie ist eines der politischen Lieblingskinder von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn: die Juniorprofessur, mit der Nachwuchswissenschaftler früher eigenständig forschen und lehren sollen. Anderthalb Jahre nach ihrer Einführung erhält die Juniorprofessur von der Jungen Akademie der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften freilich ein denkbar schlechtes Zwischenzeugnis: Das Interesse am neuen Karriereweg lasse bereits nach, viele Juniorprofessoren seien zu alt, könnten nicht selbstständig arbeiten und erhielten die für sie vorgesehenen Fördergelder nicht. Die Bildungsministerin teilt die Kritik nicht.

SZ: Glaubt man der Jungen Akademie, dann sieht Ihr Juniorprofessor ganz schön alt aus?!

Bulmahn: Das ist falsch. Wir haben eine eigene Untersuchung gemacht und die kommt zu ganz anderen Ergebnissen. Unsere Daten zeigen beispielsweise, dass die Nachfrage nach den Juniorprofessuren und auch die Zahl der Ausschreibungen nicht zurück geht. Wir wollen bis 2007 ja insgesamt 1600 Stellen fördern. Wir haben jetzt etwa 800 Stellen bewilligt, von denen 350 auch schon besetzt sind. Für diese Stellen gab es über 4000 Bewerbungen. Dabei ist sehr erfreulich, dass wir deutlich mehr Bewerbungen und auch Berufungen von Frauen und von ausländischen Wissenschaftlern haben als bei herkömmlichen Professorenstellen. Es wird also überhaupt kein Problem werden, alle Stellen zu fördern und zu besetzen. Ich fürchte eher, dass wir deutlich mehr Anträge haben, als wir bewilligen können.

SZ: Juniorprofessoren sollen ja vor allem früher eigenständig forschen und lehren. Daran hapert es aber offenbar?

Bulmahn: Die frühe Selbstständigkeit ist tatsächlich das Entscheidende. Da sind uns die anderen Industriestaaten voraus und genau da wollen wir auch hin. Vom Gesetz ist das nun klar geregelt. Nur haben bisher erst fünf Länder das Bundesgesetz umgesetzt und ihre Hochschulen verpflichtet, für die frühe Eigenständigkeit der Juniorprofessoren zu sorgen. Das ist aber kein Dauerzustand. Die Länder müssen ja das Gesetz ja bis 2005 umsetzen. Bis jetzt wird die Juniorprofessur tatsächlich noch sehr unterschiedlich gehandhabt. Es gibt Hochschulen, an denen die Juniorprofessoren vorbildlich forschen und lehren können, etwa in Darmstadt, Marburg, Bayreuth oder Oldenburg. An anderen Hochschulen kann das aber noch besser gemacht werden.

SZ: Das gilt auch für die Verwendung der 60.000 Euro Bundesmittel, die jede Hochschule für einen Juniorprofessor erhält, aber offenbar nicht immer an ihn weitergibt?! Muss Sie das nicht stören?

Bulmahn: Das stört mich nicht nur. Wenn wir davon erfahren, gehen wir dem auch nach. Die Hochschulen müssen dann nachweisen, wie sie die Gelder eingesetzt haben. Wenn sie nicht sachgemäß eingesetzt werden, fordern wir sie zurück. Bislang gab es allerdings erst einen Fall, in dem wir eingeschritten sind. Da ist das Geld dann auch schnell bei der Juniorprofessorin angekommen. Auch finanziell gibt es eben Hochschulen, die sich auch über die Bundesmittel hinaus sehr für die Juniorprofessoren einsetzen, und solche, die noch mehr tun können.

SZ: Ist es nicht zu einfach, alle Kritik nur an die Hochschulen weiter zu geben?

Bulmahn: Die Bildungsministerin kann ja schlecht im Detail festlegen und auch noch überprüfen, wie die Juniorprofessoren an ihrer jeweiligen Hochschule behandelt werden. Wir haben die gesetzlichen Möglichkeiten geschaffen, die müssen die Hochschulen jetzt nutzen. Wenn wir im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe mithalten wollen, müssen wir jungen hochqualifizierten Wissenschaftlern bessere Arbeitsbedingungen geben. Sonst werden sie eines Tages gehen.

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