Süddeutsche Zeitung

Headhunter im Gespräch:"80 Prozent aller Lebensläufe sind Schrott"

Headhunter Christian Pape erklärt, wie Bewerber den Job finden, der zu ihnen passt - und welche Fehler im Lebenslauf sie unbedingt vermeiden sollten.

Maria Holzmüller

Christian Pape ist einer der führenden Headhunter Deutschlands. In seiner Personalberatung unterstützt er Arbeitnehmer, die sich beruflich verändern wollen und sucht im Auftrag internationaler Unternehmen nach gut ausgebildeten Führungskräften. Jüngst erschien im Heyne Verlag sein Buch Traum! Job! Now!, in dem er seinen Weg der Jobsuche propagiert. Im Interview erklärt Pape, wie man erkennt, welcher Job zu einem passt, warum Initiativbewerbungen nichts bringen und welche Fehler im Lebenslauf vermeidbar sind.

sueddeutsche.de: Für einen Arbeitnehmer kann es doch nichts Besseres geben, als von einem Headhunter angerufen zu werden und den idealen Job vermittelt zu bekommen, oder?

Christian Pape: Erst einmal fühlt man sich als Arbeitnehmer natürlich gebauchpinselt, wenn ein Personalberater anruft und eine Stelle anbietet. Für die eigene Suche nach dem perfekten Job ist es aber nicht immer das Beste, weil man sich so über das Angebot freut, dass man gar nicht richtig nachdenkt. Ist das wirklich, was ich möchte? Eigentlich sollte man sich bei der Jobsuche aktiv damit auseinandersetzen, wo man hin will.

sueddeutsche.de: Wie erkennt ein Headhunter, welche Person für welchen Job perfekt ist?

Pape: Die Kunst eines Headhunters ist es, sich in unterschiedliche Firmenkulturen hineinzudenken. Es geht nicht nur darum, den Bewerber mit den nötigen fachlichen Fähigkeiten zu finden, sondern den Bewerber, der am besten ins Unternehmen passt. Je nach Unternehmen suche ich also immer einen anderen Typus.

sueddeutsche.de: Warum finden Unternehmen die richtigen Kandidaten nicht selbst?

Pape: Mit ihren normalen Methoden kommen Unternehmen heute - in Zeiten des Fachkräftemangels - nicht mehr zum Ziel. Auf herkömmliche Anzeigen melden sich nicht mehr die Bewerber, die sie eigentlich haben wollen. Die wirklich guten sind meist nicht die, die einen Job suchen, sondern die, die bereits einen haben. Und da muss man sie weglocken. Hier kommt der Headhunter weiter. Das Finden der geeigneten Bewerber ist nicht die Kunst, sondern sie davon zu überzeugen, das Unternehmen zu wechseln.

sueddeutsche.de: Wie überzeugen Sie Angestellte, den Job zu wechseln?

Pape: Die Zufriedenheit im Job ist in Deutschland meist eher niedrig. Also lege ich den Finger in die Wunde und weise meinen Gesprächspartner darauf hin, was ihn alles in seiner Position stört. Ich erkläre ihm, dass ihm niemand seine Loyalität zum Unternehmen zurückzahlen wird, dass es darum geht, seinen eigenen Marktwert herauszufinden - und ich räume Ängste vor den Risiken eines Wechsels aus dem Weg. Die Leute wollen bei solchen Entscheidungen an der Hand genommen werden. Die meisten sind latent unzufrieden mit ihrer Situation, tun aber nichts, um sie zu verbessern. Da helfe ich als Headhunter.

sueddeutsche.de: Welche Rolle spielt das Gehalt beim Überzeugen?

Pape: Die Höhe des Gehalts spielt eine Rolle - aber erst, wenn der Angesprochene bereits Interesse an der neuen Stelle hat. Geld hat erst in der zweiten Überzeugungsphase eine höhere Bedeutung.

sueddeutsche.de: Wenden sich auch Angestellte an Sie, die hoffen, dass Sie ihnen den idealen Job besorgen?

Pape: Besonders zum Jahresbeginn werden Arbeitnehmer von sich aus aktiv und suchen Unterstützung. Dieser Wille zum Jobwechsel, zur Veränderung, legt sich dann im Laufe des Jahres wieder.

sueddeutsche.de: Welche Fehler machen Bewerber auf der Suche nach dem idealen Job?

Pape: Die Leute suchen meist mehr nach der richtigen Stelle als nach der richtigen Firma. Sie studieren die Aufgabenbeschreibung, anstatt sich mit dem Firmenprofil auseinanderzusetzen. Dabei verrät ihnen das viel mehr, ob der Job zu ihnen passt. Es ist schließlich ein Unterschied, ob ich in einem amerikanischen Unternehmen mit einer aggressiven Marktstrategie arbeite, in einem mittelständischen Unternehmen, wo ich mit den Eigenheiten des schrulligen Chefs zurechtkommen muss oder in einem japanischen Unternehmen, in dem alle wichtigen Entscheidungen in Japan getroffen werden. Außerdem gehen die meisten Bewerber noch immer die üblichen Wege - sie sind in ihrer Suche etwas hilflos. Sie suchen online nach Stellenanzeigen und reagieren darauf. Das frustriert, denn auf diese Stellen gibt es viele Bewerber und damit auch viele Absagen.

sueddeutsche.de: Wenn Stellenanzeigen keine Option sind - wie finden Bewerber dann den richtigen Job?

Pape: Sie müssen auf sich aufmerksam machen - aber nicht durch Blindbewerbungen. Damit biedern sie sich an und verlieren in den Augen des Unternehmens an Wert. Erst recht, wenn sie auch noch auf Facebook posten, dass sie auf der Suche nach neuen Herausforderungen sind. Der Mensch ist ein Jäger, das gilt auch für Personaler. Besser ist es, zu netzwerken und so bestimmte Leute zu erreichen.

sueddeutsche.de: Was können Bewerber sonst noch besser machen?

Pape: Der Lebenslauf muss der Stelle angepasst sein, auf die man sich bewirbt. 80 Prozent aller Lebensläufe sind Schrott. Sie sind für die Personaler wie ein Suchquiz: Der Bewerber schreibt alles über sich hinein und der Personaler muss sich das raussuchen, was er wissen muss. Der Arbeitgeber sollte auf einen Blick sehen, was den Bewerber für das Unternehmen qualifiziert. Es muss deutlich werden, dass sich der Bewerber mit der Stelle und mit der Firma auseinandergesetzt hat. Mit einem guten Lebenslauf hat ein Bewerber gute Chancen sich von der Masse abzuheben.

sueddeutsche.de: Welche Qualifikationen sind Unternehmen bei Bewerbern heute wichtig?

Pape: Soft Skills sind inzwischen wesentlich wichtiger als Hard Skills. Die Schwierigkeit ist, diese auch rüberzubringen. Im Lebenslauf kann man sie nur schwer präsentieren, aber im Gespräch achten Personaler darauf. Am Ende entscheiden ja auch sie aus dem Bauch heraus, welchen Kandidaten sie nehmen: Den, der ihnen am sympathischsten ist.

sueddeutsche.de: Wie kann man im Vorstellungsgespräch seine Soft Skills zur Geltung bringen?

Pape: Es ist durchaus legitim, auch mal Beispiele aus dem Privatleben zu bringen, davon zu erzählen, beispielsweise in welchen Vereinen man aktiv ist. Es geht schließlich darum, Appetit auf sich zu machen. Jedes Beispiel, das verdeutlicht, wie man ist, hilft da weiter. Man sollte also immer authentische Geschichten parat haben, statt in Worthülsen über sich zu schwärmen ("Ich bin dynamisch ...") oder im Konjunktiv ("Ich würde, ich könnte ...")zu reden.

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