Guttenbergs Doktorvater Häberle:Schmerzliche Entfremdung

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Vom korrekten Zitieren und von Schülern, die ihren Meister enttäuschen: Karl-Theodor zu Guttenbergs Doktorvater Peter Häberle hat einst ein Manifest zur Promovenden-Betreuung verfasst.

Rudolf Neumaier

Im Vorwort seiner Dissertation, das mittlerweile mit musikalischer Untermalung auf YouTube nachzuhören ist, schwärmt der Schüler von seinem Lehrer und dessen pädagogischem Geschick wie ein Erleuchteter von seinem Erleuchter. Die "legendären" Seminare des Staatsrechtslehrers Peter Häberle waren für Karl-Theodor zu Guttenberg mehr als eine Lehrveranstaltung: Er spricht von einem "unerreichten (nicht lediglich) wissenschaftlichen Kraftfeld", und der "Gedanke an die Teilnahme umweht" ihn "nicht nur während intellektuell dürftigerer Alltagserlebnisse dauerhaft".

Guttenbergs Doktorvater Peter Häberle. (Foto: HiWiBay/Wikimedia Commons)

Dem Lehrer wird die Eloge geschmeichelt haben, umso enttäuschter, wenn nicht gar verbitterter mag er nun auf seinen Eleven, den mutmaßlichen Plagiator, blicken. Dieser Eindruck verstärkt sich noch, wenn man Peter Häberles Buch "Pädagogische Briefe an einen jungen Verfassungsjuristen (Verlag Mohr Siebeck, 2010) studiert. "Der Doktorvater", schreibt Häberle, 76, "darf seine eigenen Wunschvorstellungen nicht in seinen Doktoranden projizieren, sondern muss gemeinsam mit ihm ein Thema finden, das dessen Talenten und Interessen, Möglichkeiten und Grenzen angemessen ist." Dissertationen betrachtet er als "Gesellenstücke".

Bei der Auswahl der Doktoranden komme es nicht auf die Quantität an, sondern auf die Qualität. "Der Schüler ehrt den Meister wohl auch dadurch, dass er in dessen Geist oder darüber hinaus zu Neuem aufbricht." Dabei gehöre die Betreuung von Doktoranden "zum Schönsten, was einem Hochschullehrer vergönnt ist". Allerdings gebe es "schmerzliche Beispiele dafür, dass es zu offenkundigen Entfremdungen zwischen Schüler und Meister kam".

Häberle dachte wohl an Guttenberg, als er schrieb, nur selten sei es ihm "geglückt, einen ,späten' Doktoranden zum Erfolg zu führen", der bereits im Beruf stand und "eine Familie begründet hatte (hier empfiehlt sich listigerweise ein Pakt mit der Ehefrau des Doktoranden)". In einem anderen Zusammenhang ist Guttenberg namentlich erwähnt: Bereichernd wirkten Besuche bei Institutionen, um Studenten Berufsbilder zu vermitteln, etwa das des Abgeordneten "in Person von MdB Dr. K.-T. zu Guttenberg, einem ehemaligen Doktoranden".

Hauptsächlich ist das Buch als didaktisches Vermächtnis eines Praktikers für Hochschullehrer zu verstehen. Seine Erfahrungen lässt Häberle ebenso großzügig einfließen wie seine Meriten. Zweifellos besitzt dieser Gelehrte seinen glänzenden Ruf als Lehrer zu Recht.

Seine Seminare gingen über wissenschaftliche Disputationen hinaus. "Die Umrahmung durch ein mehr oder weniger ernstes Kulturprogramm (kleine Hauskonzerte, Sketche oder Ähnliches) hat sowohl pädagogisch als auch allgemein menschlich beglückende Momente geschenkt." Häberles vergleichsweise elitärer Anspruch an die Teilnehmer lässt sich ablesen aus seiner Erwartung an Referate: "Für süddeutsche Studenten" empfehlen sie sich "auch deshalb, weil sie sich im mündlichen Vortrag und in gutem Hochdeutsch üben können."

An die Professoren gerichtet schreibt Häberle: "Nicht zu unterschätzen ist die Vermittlung von handwerklichen Techniken wie korrektes Zitieren, pluralistische Literaturauswahl, stilistische Kunst und transparenter Aufbau, persönliche Glaubwürdigkeit."

© SZ vom 24.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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