Gutachten zum Fall Guttenberg:Uni Bayreuth: "Vorsätzlich getäuscht"

Jetzt ist es offiziell: Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg hat bei seiner Doktorarbeit absichtlich abgeschrieben. Zu diesem Schluss kommt die Kommission der Universität Bayreuth in ihrem Gutachten - und fällt ein scharfes Urteil.

Tanjev Schultz

Das Urteil ist scharf und eindeutig: Der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) habe bei seiner juristischen Doktorarbeit "vorsätzlich getäuscht". Die Standards guter wissenschaftlicher Praxis habe er "evident grob verletzt". Zu diesem Ergebnis kommt die Universität Bayreuth in ihrem am Freitag in Auszügen vorgestellten Abschlussbericht zur Plagiatsaffäre ihres berühmten Absolventen.

Gutachten zum Fall Guttenberg: Die Universität Bayreuth bescheinigt Karl-Theodor zu Guttenberg in ihrem Gutachten "wissenschaftliches Fehlverhalten".

Die Universität Bayreuth bescheinigt Karl-Theodor zu Guttenberg in ihrem Gutachten "wissenschaftliches Fehlverhalten".

(Foto: AP)

Guttenberg hatte öffentlich zwar Fehler in seiner Dissertation eingeräumt und sich dafür entschuldigt. Er hat aber stets bestritten, absichtlich abgeschrieben und die Hochschule mit seiner Doktorarbeit getäuscht zu haben. Die Kommission der Universität Bayreuth, die den Fall in den vergangenen Wochen geprüft hat, sieht das ganz anders.

Über die ganze Dissertation verteilt fänden sich Stellen, die als Plagiat zu werten seien. Besonders deutlich lasse sich das anhand der Expertisen der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags veranschaulichen. Diese seien in langen Passagen in der Doktorarbeit übernommen worden, ohne entsprechend gekennzeichnet zu werden. Guttenberg habe sich "immer wieder die Autorschaft angemaßt, was bewusstes Vorgehen voraussetzt", teilte die Universität mit.

Sie glaubt nicht an ein Versehen. Für vorsätzliches Handeln sprächen zahlreiche Indizien, unter anderem leichte Umformulierungen der Originaltexte, Umstellungen im Satzbau, die Verwendung von Synonymen und einzelne Auslassungen.

Anfang März war Guttenberg wegen der Plagiatsaffäre von allen politischen Ämtern zurückgetreten. Den Doktorgrad hatte er bereits verloren. Die Universität entzog ihn Ende Februar, nachdem die Plagiate in der 2006 eingereichten Dissertation bekanntgeworden waren. Schon in der Einleitung seiner Arbeit hatte Guttenberg ganze Passagen von anderen abgeschrieben, ohne die Quellen zu nennen.

Bloß Schlamperei?

Die Hochschule hatte zunächst die Frage offengelassen, ob sich die Verstöße gegen das Zitierverbot als bloße Schlamperei werten lassen. In vergleichbaren Fällen haben Verwaltungsgerichte aber sogar bei weniger massiven Plagiaten eine vorsätzliche Täuschung unterstellt. Entsprechend klar fällt nun auch das Urteil im Bayreuther Abschlussbericht aus.

Der Bericht wurde von einer Kommission erstellt, der mehrere Bayreuther Professoren angehören. Federführend war der Jurist Stephan Rixen, der erst vor einem Jahr nach Bayreuth gekommen war und zuvor Professor in Kassel gewesen ist. Der Kommission gehören außerdem zwei Wissenschaftler anderer Hochschulen an: der Konstanzer Philosoph Jürgen Mittelstraß und der Bonner Jurist Wolfgang Löwer. Als Ombudsmann der Deutschen Forschungsgemeinschaft ist Löwer bundesweit anerkannt als Wächter über die Integrität der Wissenschaft.

Milder als mit Gutenberg geht die Kommission mit seinem Doktorvater um, dem international angesehenen Rechtsgelehrten Peter Häberle. Dieser und der Zweitgutachter der Dissertation trügen keine Mitverantwortung für Guttenbergs wissenschaftliches Fehlverhalten. Allerdings geben sie den Gutachtern schlechte Noten für deren Notenvergabe: Die Bewertung von Guttenbergs Arbeit mit der Bestnote "summa cum laude" hätte einer "ausführlicheren Begründung bedurft". Die Gutachten der Betreuer gäben "nicht genügend Aufschluss darüber, welches die hervorstechenden Thesen" oder die besonderen Ergebnisse der Arbeit seien, die eine Bestnote rechtfertigen würden.

Ausdrücklich weist die Universität darauf hin, dass Guttenberg einer Veröffentlichung des Berichts zugestimmt habe. Darüber hatte es in den vergangenen Wochen eine Auseinandersetzung zwischen der Universität und Guttenbergs Anwälten gegeben. Für eine Stellungnahme war Guttenberg am Freitag nicht zu erreichen. In zwei Stellungnahmen an die Universität war er in der Vergangenheit bei der Version geblieben, dass er beim Schreiben der Doktorarbeit mit dem Material durcheinandergekommen sei.

Die Staatsanwaltschaft Hof prüft derzeit noch mögliche Verstöße gegen das Urheberrecht. Die Ermittlungen gegen Guttenberg könnten sich noch etliche Wochen hinziehen. Die Staatsanwaltschaft hat frühzeitig Interesse auch an dem Abschlussbericht der Universität signalisiert. Er umfasst fast 40 Seiten und soll kommenden Mittwoch vollständig im Internet veröffentlicht werden.

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