Gut arbeiten:Pflicht zur Pause

Wer rastet, rostet? Nein: Der Mensch braucht Zeit, um sich zu erholen. Vor allem, wenn er am Bildschirm arbeitet.

Nicola Holzapfel

Wenn viel zu tun ist, vergeht ein Arbeitstag wie im Flug. Wer ein hohes Pensum hat und sich unter Zeitdruck fühlt, opfert da schnell mal seine Mittagspause. Kommt er mit seiner Arbeit dennoch nicht hin, heißt die Lösung häufig: Überstunden. Aus arbeitswissenschaftlicher Sicht ist beides grundfalsch.

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(Foto: Foto: iStockphoto)

"Die Anforderungen an den Einzelnen sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Wer dazu noch Überstunden macht, gefährdet seine Gesundheit", sagt die Soziologin Tatjana Fuchs. Damit die Arbeit nicht krank macht, muss man sich innerhalb von 24 Stunden wieder von ihr erholen können. Das heißt für Unternehmen wie Beschäftigte: Sie müssen die Arbeitszeit so gestalten, dass eine Regeneration bis zum nächsten Tag möglich ist.

Ein wichtiger Faktor dafür ist die Planbarkeit der Arbeitszeit. Nicht nur die klassische Schichtarbeit führt zu gesundheitlichen Belastungen. Auch unterschiedlich lange Arbeitszeiten, kurzfristige Überstunden und Bereitschaften auf Abruf stressen den Körper. Von flexiblen Arbeitszeitmodellen, bei denen phasenweise sehr viel und anschließend weniger gearbeitet wird, raten Arbeitswissenschaftler daher ab.

Auch Überstunden kommen bei ihnen ganz schlecht an. "Man kann nicht länger als acht Stunden konzentriert arbeiten", sagt Tatjana Fuchs. Wer sich abends dennoch nicht von seinem Schreibtisch trennen mag, tut sich damit nichts Gutes: Die Zeit, die ihm bis zum nächsten Arbeitstag bleibt, reicht nicht mehr aus um sich zu regenerieren. Stattdessen schleppt er ein Erholungsdefizit in den nächsten Tag. Und das geht dann nicht mehr nur zu Lasten der Effektivität, sondern auch auf Kosten der Gesundheit. Wer sich dauerhaft nicht regenerieren kann, wird am Ende zu müde sein, um schlafen zu können. Damit ist er dann auf dem besten Weg in den Burnout.

Wer innerhalb seiner regulären Arbeitszeit partout nicht hinkommt, etwa weil ein Projekt dringend fertiggestellt werden muss, sollte lieber samstags arbeiten als unter der Woche länger zu bleiben. Auch die Strategie, in den Arbeitswochen richtig zu klotzen, und sich dafür einen langen Urlaub zu gönnen, geht nicht auf. "Wenn ich erst einmal ein Erholungsdefizit vor mir her schiebe, reichen womöglich selbst sechs Wochen Ferien nicht mehr aus, um das auszugleichen", sagt Fuchs.

Damit der Job nicht zur Belastung wird, muss es auch während der Arbeitszeit Phasen geben, in denen man sich erholen kann. Als ideal gilt es, alle zwei Stunden eine Kurzpause von fünf bis zehn Minuten zu machen. Das reicht völlig aus, da die größte Erholungswirkung am Anfang der Pause ist. Vier Pausen à 15 Minuten über den Tag verteilt sind daher viel erholsamer als eine einzelne einstündige Pause.

Nach der EU-weit gültigen Richtlinie für Bildschirmarbeitsplätze haben Beschäftigte sogar einen rechtlichen Anspruch auf eine Kurzpause pro Stunde. Dort heißt es: "Der Arbeitgeber hat die Tätigkeit der Beschäftigten so zu organisieren, dass die tägliche Arbeit an Bildschirmgeräten regelmäßig durch andere Tätigkeiten oder durch Pausen unterbrochen wird, die jeweils die Belastung durch die Arbeit am Bildschirmgerät verringern."

Wer meint, keine Zeit für Pausen zu haben, zahlt dafür selber die Rechnung: Er braucht dann nach der Arbeit um ein Vielfaches länger um sich wieder zu erholen. Für notorisch Gestresste hat die Soziologin Tatjana Fuchs einen Rat parat: "Ideal ist es, seine Arbeitstage so zu gestalten, dass sie lebenswert sind. Jeder einzelne Arbeitstag sollte zur Lebensqualität beitragen und nicht von ihr abgezogen werden müssen."

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