Süddeutsche Zeitung

Großzügige Chefin:Ein freier Tag bei Liebeskummer

Miki Hiradate, japanische Unternehmerin, behandelt ihre Angestellten besonders mitfühlend: Bei Liebeskummer gewährt sie bezahlten Urlaub.

Ann-Kathrin Eckardt

Die Augen sind verheult, die Gedanken weit weg, der Blick wandert ständig zum Handy - wer Liebeskummer hat, kann nicht arbeiten. Das findet zumindest Miki Hiradate, 39. Die japanische Unternehmerin hat in ihrem Tokioter Marktforschungs-Unternehmen Hime & Company "Shitsuren Kyuka" eingeführt - bezahlten Liebeskummerurlaub.

SZ: Frau Hiradate, wie viele Ihrer Mitarbeiter haben den Urlaub für gebrochene Herzen denn schon in Anspruch genommen?

Miki Hiradate: Zum Glück noch niemand. Aber wir sind ja auch ein sehr kleines Unternehmen. Zwei Männer sind glücklich verheiratet. Die restlichen fünf Mitarbeiterinnen sind alle Single. Das gilt auch für mich.

SZ: Hatten Sie selbst einmal Liebeskummer oder wie kamen Sie auf die Idee?

Hiradate: Ich habe den Sonderurlaub eingeführt, nachdem ich eine Umfrage unter jungen Frauen gemacht habe. Darin ging es um Ansprüche und Erwartungen an ein frauenfreundliches Unternehmen. Die Antworten waren zum Beispiel flexible Arbeitszeiten oder eine Kinderkrippe. Eine Teilnehmerin wünschte sich einen freien Tag bei Liebeskummer. Ich fand das eine tolle Idee. Wenn man krank ist, bekommt man ja auch frei. Und Liebeskummer tut oft noch viel mehr weh.

SZ: Wie lange dürfen Ihre Mitarbeiter der alten Liebe hinterhertrauern?

Hiradate: Das ist unterschiedlich, je nach Alter. Unter 25-Jährige bekommen einen Tag frei, zwischen 25 und 30 gibt es zwei Tage und für über 30-Jährige drei Tage.

SZ: Ist das nicht ungerecht?

Hiradate: Nein, denn je älter man wird, desto schwieriger werden Trennungen. Mit über 30 ist es doch viel wahrscheinlicher, dass man mit seinem Partner schon eine gemeinsame Wohnung oder Familie hat.

SZ: Reichen drei Tage denn?

Hiradate: Natürlich ist es schwierig und langwierig, mit einer alten Beziehung abzuschließen. Aber nach drei Tagen ist zumindest der erste Schock überwunden. Außerdem dient "Shitsuren Kyuka" nicht nur meinen Mitarbeitern, sondern auch der Ehrlichkeit in der Firma. Keiner muss sich mehr wegen Liebeskummer krank melden. Aus demselben Grund habe ich übrigens auch den Schlussverkauftag eingeführt.

SZ: Sie geben Ihren Mitarbeitern shopping-frei?

Hiradate: Ja, einen Vormittag bei Schlussverkauf. Ich kann kein besonders hohes Gehalt zahlen. Aber ich kann meine Mitarbeiter dabei unterstützen, günstig einzukaufen. Natürlich kann man in jeder Firma einen halben Tag frei nehmen, aber oft ist es dann doch so, dass die Frauen das heimlich machen und ihre Tüten in den Büroschränken verstecken. Bei uns wird nachher gezeigt, was man ergattert hat.

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Quelle:
SZ vom 7.7.2008/mei
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