Glücksgefühle bei der Arbeit:"Flow kann man lernen"

Konzentriert denken, die Zeit vergessen: Wenn Menschen im Flow arbeiten, erledigen sie ihre Tätigkeit mühelos. Managementtrainer Gerhard Huhn ist überzeugt, dass man das Gefühl trainieren kann. Ein paar Bedingungen müssen allerdings erfüllt sein.

Hannes Vollmuth

Glück im Job ist nicht unbedingt eine Frage des Berufs. Wichtiger ist der sogenannte Flow. Gemeint ist damit das Verschmelzen mit einer Tätigkeit, sodass man die Zeit vergisst. Die Arbeit geht dann ohne große Mühe von der Hand. Der promovierte Jurist und Managementtrainer Gerhard Huhn nennt sich "Flow Doc". Er glaubt, dass man dieses Gefühl trainieren kann.

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"Leider ist die Arbeitswelt häufig nicht so beschaffen, dass Menschen Flow empfinden": Enge Zeitvorgaben und unflexible Strukturen erschweren das Arbeiten im Fluss.

(Foto: iStock)

SZ: Glück im Beruf, Spaß bei der Arbeit. Was hat das mit Flow zu tun?

Huhn: Wenn Menschen im Fluss sind, fühlen sie sich glücklich. Zum ersten Mal hat das der amerikanische Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi untersucht. Er befragte Menschen nach ihrem Glücksgefühl bei der Arbeit und nannte das Phänomen "Flow". Der Beruf kann so gestaltet sein, dass das Gefühl immer wieder kommt. Flow kann man lernen.

SZ: Wie sieht ein Flow-Erlebnis im Berufsleben aus?

Huhn: Am deutlichsten erkennen Menschen den Flow daran, dass ihnen das Zeitgefühl abhanden kommt. Die Zeit kann langsam oder schnell vergehen, im Flow nimmt man sie gar nicht mehr wahr. Es entsteht ein intensives Gefühl von Stimmigkeit. Menschen fühlen sich eins mit dem, was sie denken und tun. In unserer Arbeitswelt ist die Aufmerksamkeit oft gespalten. Wer Flow empfindet, der ist fokussiert, empfindet Freude. Die Arbeit bereitet ihm keine große Mühe.

SZ: Wie muss Arbeit gestaltet sein, damit ein Flow-Erlebnis möglich wird?

Huhn: Leider ist die Arbeitswelt häufig nicht so beschaffen, dass Menschen Flow empfinden. Von acht bis 16 Uhr im Flow sein, das geht auch gar nicht. Trotzdem sollte es in jedem Beruf möglich sein, sich immer mal wieder für eine gewisse Zeit auf eine einzige Tätigkeit konzentrieren zu können. Multitasking ist zwar möglich, für das Glücksgefühl aber kontraproduktiv. Wichtig sind vor allem konkrete, herausfordernde, aber doch erreichbare Ziele. Auch wer überfordert ist oder sich langweilt, wird niemals Flow bei der Arbeit empfinden.

Druck und Angst verhindern den Flow

SZ: Welche Berufe sind besonders empfänglich für das Flow-Erlebnis?

Gerhard Huhn

"Wer sich langweilt, wird niemals Flow empfinden": Managementtrainer Gerhard Huhn.

(Foto: privat)

Huhn: Im Grunde jeder. Wer versteht, was er bei der Arbeit tut und warum er es tut, kann Flow empfinden - wenn er nicht abgelenkt ist. Sogar am Fließband ist das möglich. Manche Arbeiter versuchen immer besser und geschickter zu werden. Selbst bei dieser monotonen Tätigkeit suchen sie die Herausforderung. Dasselbe geschieht übrigens in der Freizeit. Wer Sport treibt oder ein Instrument spielt, sucht immer wieder nach neuen Herausforderungen. Faul am Strand herumzuliegen, macht nur für einen ganz kurzen Moment glücklich. Danach kommt die Langeweile.

SZ: Haben wir den Flow und damit unser Glück also selber in der Hand?

Huhn: Leider immer seltener. Als Erstes müssten die Führungskräfte umdenken. Ziele werden zu häufig geändert, oder der Chef erkennt nicht, wer unter- oder überfordert ist. Vorbildliche Unternehmen räumen ihren Angestellten bestimmte Zeiten ein, in denen sie sich ganz ungestört ihrer Arbeit widmen können. Alles zu kontrollieren, Druck und Angst zu erzeugen, hat eher dazu geführt, dass immer weniger Flow möglich ist.

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