Gleichberechtigung:Die weißen Männer von Google

Google Data Center in Council Bluffs, USA

In einem Serverzentrum des amerikanischen Internet-Konzerns. Ein Mitarbeiter hat ein anitfeministisches Manifest veröffentlicht.

(Foto: dpa)

Das antifeministische Manifest des Google-Mitarbeiters ist rückständig und dumm. Zustimmung bekommt er nur deshalb, weil er die Ängste vieler weißer Männer vor den Veränderungen im Arbeitsumfeld ausspricht.

Kommentar von Nina Bovensiepen

Es ist zum Glück lange her, dass derart überholten Thesen eine derart große Aufmerksamkeit zuteil wurde. Rückständig, dumm und falsch - diese drei Worte fassen zusammen, was ein Google-Mitarbeiter in einem mehr als 3300 Wörter umfassenden antifeministischen Manifest aufgeschrieben hat und was sich seither weltweit rasend verbreitet. Der Programmierer spricht in seiner Wutschrift unter anderem Frauen aus "biologischen Gründen" die Fähigkeit ab, technische Berufe und Führungsposten so gut wie Männer auszufüllen. Deshalb sei es auch ein Fehler, noch mehr Frauen oder Minderheiten in diese Jobs zu bringen. Dies sei diskriminierend für weiße Männer (wie ihn) und schade zudem Konzernen wie Google.

Aufmerksamkeit wird dem Pamphlet des Frauenbeleidigers auf ganz unterschiedliche Weise zuteil. Da gibt es einerseits die vielen, zu Recht Empörten. Aber da gibt es auch viele, die das Dokument deshalb weiterschickten und dem Autor für seinen Mut danken, weil der Mann ihnen aus dem Herzen spricht. Endlich, endlich, so die Sicht dieser vermutlich überwiegend männlichen Versteher, macht einer öffentlich, was sich angesichts von Gender-Debatten kaum einer mehr zu sagen traut.

Und in der Tat trifft der Mann einen Nerv. Nicht nur in amerikanischen Tech-Konzernen haben die Einführung von Frauenquoten, die Gleichberechtigungs- und Diversifizierungsdebatten Ängste ausgelöst. Die ganz konkrete Veränderung der Arbeitswelt verunsichert. Naturgemäß vor allem jene, die dadurch eigene Aufstiegschancen bedroht sehen oder denen vermeintlich selbstverständliche Gepflogenheiten verloren gehen, weil sie nicht mehr "unter sich" sind.

Solche Unsicherheiten müssen moderiert und begleitet werden. Das geschieht in vielen Unternehmen. Wer aus dem nötigen Wandel aber Schlüsse zieht, wie es der - nach eigener Aussage inzwischen gekündigte - Programmierer getan hat, der verkennt erstens immer noch die Realität und zweitens das Ziel aller Bemühungen um ein vielfältigeres Arbeitsumfeld.

Chancengleichheit bedeutet keine strengen Quoten

Wahr ist weiter, dass Frauen deutlich schlechter bezahlt werden als Männer, auch in denselben Berufen. Ein Blick in die Führungsetagen von Google wie von jedem deutschen Dax-Konzern entzieht zudem Ängsten, die Frauen könnten die ökonomische Macht der Welt endgültig an sich reißen, jede faktische Basis. Bei Google etwa ist ein Viertel der Führungsposten und ein Fünftel der Technikjobs weiblich besetzt. Das zeigt ordentlich Potenzial nach oben.

Wobei es im Übrigen beim Ziel der Chancengleichheit nicht darum geht, dass irgendwann alle Tätigkeiten streng nach Quoten mit Frauen/Männern, Weißen/Schwarzen, Muslimen/Christen besetzt sein sollen. Es bedeutet lediglich, das Umfeld so zu gestalten und die Möglichkeit zu schaffen, dass Menschen Karrieren einschlagen können, die lange Zeit nicht allen offenstanden. Nicht aus biologischen, sondern aus gesellschaftlichen Gründen.

Dabei bleibt viel zu tun, das hat sich nun wieder einmal eindrücklich gezeigt.

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