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Gewerkschaften - Hannover:DGB-Untersuchung: Wachsendes Risiko für Altersarmut

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Hannover (dpa/lni) - Die Gefahr, im Alter in die Armut abzurutschen, ist für Berufstätige in Niedersachsen nach Einschätzung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) deutlich gestiegen. Die entsprechende Quote sei zwischen 2008 und 2018 von 12,7 auf 16,3 Prozent gestiegen, berichtete der DGB am Montag mit Verweis auf eigene Erhebungen in seinem "Rentenreport" in Hannover.

Damit bestehe für mehr als jeden siebten Beschäftigten im Land ein Armutsrisiko im Ruhestand. Frauen seien besonders bedroht: 71 Prozent von ihnen bekommen laut DGB nach dem Renteneintritt im vorletzten Jahr weniger als 900 Euro pro Monat. Bei Männern habe dieser Anteil zuletzt bei über einem Drittel gelegen.

"Für viele der 1,9 Millionen niedersächsischen Rentnerinnen und Rentner reicht die gesetzliche Rente nicht aus, um ihren Lebensstandard zu sichern", erklärte der DGB. Vor allem Menschen, die aufgrund von Krankheit nicht regelmäßig oder gar nicht mehr arbeiten könnten, gerieten in eine schwierigere Situation: Eine Rente bei Erwerbsminderung - ebenfalls unter 900 Euro - erhielten in der betroffenen Gruppe rund drei Viertel der Frauen und zwei Drittel der Männer. "Wenn in so einem reichen Land wie unserem die Rente nicht zum Leben reicht - wo sonst?", meinte der niedersächsische DGB-Vorsitzende Mehrdad Payandeh.

Die gesetzliche Rente müsse gestärkt werden, damit Altersarmut nicht zur Normalität werde. Die Absenkung des Rentenniveaus und prekäre Arbeitsverhältnisse schafften große Probleme. "Niedriglöhne und prekäre Jobs führen zwangsläufig zu niedrigen Renten, von denen keiner leben kann", erklärte Payandeh. Zugleich stieg die Rücklage der Deutschen Rentenversicherung jüngst auf einen Rekord. Lag sie Ende 2018 noch bei 38,2 Milliarden Euro, waren es Ende 2019 nach vorläufigen Ergebnissen 40,5 Milliarden Euro.

Viele Menschen können etwa wegen langer Teilzeitphasen, Beschäftigung in Minijobs oder Kindererziehungs- und Pflegezeiten nicht mehr genügend in die Rentenkasse einzahlen. "Nicht alle können es sich leisten, privat vorzusorgen", sagte der Gewerkschafter. "Die Basis für gute Renten sind tarifliche Löhne und sichere Arbeitsplätze."

Das Rentenniveau müsse langfristig wieder auf 50 Prozent steigen. Der DGB forderte zudem: "Die Grundrente muss schnellstens Gesetz werden, denn von ihr profitieren vor allem Frauen. Abschläge bei Erwerbsminderungsrenten müssen komplett entfallen." Und weil die Ausgaben für die monatliche Miete in zahlreichen Haushalten ein immer größerer Posten werden, müsse auch hier gegengesteuert werden. "Die Landesregierung muss endlich handeln und bezahlbaren, altersgerechten Wohnraum bauen", verlangte Payandeh.

Auch in Bremen sieht der DGB für viele Rentner eine "hohe Armutsgefährdung". Dort erhielten der gewerkschaftlichen Dachorganisation zufolge von den Neurentnern 2018 drei Viertel der Frauen und 47 Prozent der Männer eine gesetzliche Rente von weniger als 1035 Euro - unterhalb dieser Summe gilt man als armutsgefährdet. Jede fünfte Frau bekomme sogar nur weniger als 300 Euro pro Monat.

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