Gewerkschaften - Hamburg:Arbeitsgericht: Gewerkschaft DHV ist nicht mehr tariffähig

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Die Statue der Justitia steht mit einer Waage und einem Schwert in der Hand-. Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Hamburg (dpa/lno) - Die Gewerkschaft DHV mit Hauptsitz in Hamburg ist nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht tariffähig und kann daher nicht mehr an Tarifverhandlungen teilnehmen. Grund sei der geringe Organisationsgrad der DHV, die dem Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB) angehört, teilte das Gericht am Montag in der Hansestadt mit. Die Rechtsprechung verlange ein Mindestmaß an Verhandlungsgewicht, also eine gewisse Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler. Das sei bei der DHV nicht gegeben, die kaum mehr als zwei Prozent der Arbeitnehmer in den von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereichen vertrete.

Die DHV kündigte Rechtsmittel gegen die Entscheidung an und erklärte, sie werde notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen. Der nächste Schritt ist eine Rechtsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht. Das Verfahren beschäftigt die Arbeitsgerichtsbarkeit seit mehreren Jahren. Es lag bereits dem Bundesarbeitsgericht zur Entscheidung vor, das es mit bindenden Vorgaben an das Landesarbeitsgericht Hamburg zurückverwiesen hatte.

"Die Entscheidung steht im krassen Widerspruch zu der betrieblichen Wirklichkeit und dem Status der DHV als erfolgreiche, bei vielen Beschäftigten anerkannte Gewerkschaft", erklärte die DHV. "Eine Aberkennung der Tariffähigkeit würde der DHV faktisch die Grundlage entziehen, auch weiterhin als Gewerkschaft wirken zu können." Die DHV vertritt nach eigenen Angaben 73 000 Mitglieder in den kaufmännischen und verwaltenden Berufen, die in der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Dienst arbeiten.

Beantragt hatten das Verfahren die DGB-Gewerkschaften IG Metall, Verdi und NGG sowie der obersten Arbeitsbehörden der Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen. Diese begrüßten die Entscheidung. "Damit wird die Tarifautonomie gestärkt und Gefälligkeitstarifverträgen der Boden entzogen", sagte der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann.

Bei einer Vereinigung, die keinerlei relevante Verankerung in der Arbeitnehmerschaft habe, sei es absurd, wenn diese sich anmaße, in deren Interesse sprechen zu können und Tarifverträge abschließe, heißt es in einer Mitteilung. Die DGB-Gewerkschaften sind der Meinung, dass die DHV Tarifverträge zu Lasten der Beschäftigten abgeschlossen hat.

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