Arbeitszeugnis:Die Kritik steckt im Detail

Zeugnisberaterin Verena Janßen erklärt, wie Arbeitgeber in einem guten Arbeitszeugnis Kritik verstecken, wann Angestellte skeptisch sein müssen und was auf keinen Fall in der Beurteilung stehen sollte.

Maria Holzmüller

Verena Janßen hat 1998 mit Veja die erste Zeugnisberatung in Deutschland gegründet und leitet sie noch heute. Zu ihr kommen Arbeitnehmer, die ihr Arbeitszeugnis auf mögliche Fallstricke untersuchen lassen wollen. Im Interview verrät sie, wie Arbeitgeber in Zeugnissen Kritik verstecken, bei welchen Formulierungen Angestellte skeptisch sein sollten und was in keinem guten Zeugnis fehlen darf.

Verena Janßen Zeugnisberatung Veja

Verena Janßen betreibt in Hamburg die Zeugnisberatung Veja.

(Foto: privat)

sueddeutsche.de: Frau Janßen, wann sollten Arbeitnehmer ihr Arbeitszeugnis überprüfen lassen?

Verena Janßen: Skeptisch sollten vor allem diejenigen sein, die ein gutes Zeugnis zu erwarten haben. Denn das Problem ist, dass Zeugnisse oft gut gemeint sind, aber vom Aussteller aus Unkenntnis oder Unerfahrenheit nicht sauber umgesetzt wurden. Viele Zeugnisschreiber arbeiten schludrig, weil sie unter Zeitmangel leiden. Oder sie haben zu wenig Informationen über die betreffende Person.

sueddeutsche.de: Was ist besser? Ein individuell geschriebenes Zeugnis oder ein vorgefertigtes, wie es sich in manchen Ratgebern findet?

Janßen: Ein gutes Zeugnis zeichnet sich immer durch Individualität aus, pauschale Floskeln allein nützen nichts. Das Lob sollte konkret zur Tätigkeit des Arbeitnehmers passen und nicht so allgemein gehalten sein, dass es wie bei einem Horoskop auf jeden passt. Die Belastbarkeit kann man immer hervorheben - eine wirkliche Aussage hat das nicht. Wichtig ist es, dass die Qualitäten zur Sprache kommen, die für die Tätigkeit der betreffenden Person wichtig sind, bei jemandem aus dem Vertrieb zum Beispiel die Kommunikationsfähigkeit und verkäuferisches Geschick. Gab es erfolgreich abgeschlossene Projekte, dann sollten die auch konkret genannt werden.

sueddeutsche.de: Sollten das nicht alle Personalverantwortlichen wissen?

Janßen: Ja, natürlich. Doch die Personalreferenten kennen den Zeugnisempfänger oftmals gar nicht. Wenn sie dann noch mangelhafte Informationen vom Fachvorgesetzten bekommen und die wichtigen Details nicht selbst abfragen, schlägt sich das im Zeugnis nieder.

sueddeutsche.de: Welche Bestandteile muss jedes Zeugnis aufweisen?

Janßen: Ein Zeugnis sollte nicht nur bewerten, sondern auch informieren. Arbeitgeber müssen daher auf die konkrete Tätigkeit des Arbeitnehmers eingehen, die Leistung und Verhalten bewerten, und das Ganze möglichst mit angemessenen Schlussformulierungen abschließen. Im Rahmen der Leistungsbewertung können Details über Fachwissen, besondere Kenntnisse oder für die Tätigkeit wichtige Fähigkeiten genannt werden. Auch muss zur Arbeitsweise und zur Arbeitsbereitschaft Stellung genommen werden und eine Aussage zum Arbeitserfolg gehört ebenfalls ins Zeugnis - aber eher qualitativ statt quantitativ. Bei Führungskräften muss zudem auf die Mitarbeiterführung eingegangen werden.

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