Gesetzesvorschlag aus Brüssel:EU-Kommission will Frauenquote für Aufsichtsräte

Wenn es freiwillig nicht funktioniert, dann muss eben eine gesetzliche Regelung her: EU-Justizkommissarin Reding will 40 Prozent aller Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzen. Unternehmen, die sich nicht an die Vorgaben halten, drohen Sanktionen. Eine Quote für Vorstände soll es aber nicht geben.

Cerstin Gammelin, Brüssel

Bis 1. Januar 2020 sollen in den Aufsichtsräten börsennotierter europäischer Unternehmen mindestens zwei von fünf Mitgliedern weiblich sein. Das sieht ein Gesetzesvorschlag vor, den Justizkommissarin Viviane Reding zusammen mit ihren für Binnenmarkt und für Arbeit zuständigen Kollegen an diesem Montag in die Ressortabstimmung innerhalb der EU-Kommission gibt. Der Vorschlag, dem die 27 europäischen Staaten mit qualifizierter Mehrheit sowie auch das Europäische Parlament zustimmen müssen, liegt der Süddeutschen Zeitung vor.

Konkret schlägt Reding vor, die Posten in den Aufsichtsräten - bei gleicher beruflicher Qualifikation - so unter Damen und Herren aufzuteilen, dass das "unterrepräsentierte Geschlecht" mindestens zu 40 Prozent vertreten ist. Diese Quote soll generell ab 2020 gelten, für Unternehmen mit staatlicher Beteiligung jedoch schon ab 2018.

Ziel ist es, dass mehr Frauen in führende Positionen aufsteigen können. Freiwillige Reglungen brachten bisher kaum Erfolge. Deshalb haben elf europäische Länder die Quote für Frauen bereits eingeführt. In Deutschland ist eine solche verpflichtende Regelung umstritten. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kämpft an der Seite Redings vehement für eine verbindliche Quote, Familienministerin Kristina Schröder (CDU) befürwortet eine freiwillige Reglung, die sogenannte "Flexi-Quote".

Der von Reding vorgelegte Gesetzesvorschlag zur Einführung einer verbindlichen Quote basiert auf Artikel 157 der Europäischen Verträge. Dieser Artikel schreibt Chancengleichheit für Frauen und Männer im Arbeitsleben vor. Unter anderem wird den Staaten darin ausdrücklich erlaubt, zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung von Benachteiligungen spezielle Vergünstigungen zu beschließen.

Ausdrücklich ausgenommen von den nun auf dem Tisch liegenden Vorschlägen sind kleine und mittelständische Unternehmen, die weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen und weniger als 50 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften. Das sind vor allem Familienbetriebe. Anders als bisher geplant, will EU-Justizkommissarin Reding auch keine Quote für Vorstände vorschreiben. Dies wäre "ein zu starker Eingriff in die operative Unternehmensführung", hieß es am Sonntag in Redings Umfeld.

Unternehmen, die sich nicht an die Vorgaben halten, drohen Sanktionen. Diese reichen von administrativen Bußgeldern über den Ausschluss der Unternehmen von staatlichen Beihilfen oder bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Zudem kann die Wahl von Aufsichtsräten rückgängig gemacht werden. Um den Druck auf die betroffenen Unternehmen zu erhöhen, sollen diese unmittelbar ab Beschluss der neuen Richtlinie jährlich Berichte über die Zusammensetzung ihrer Aufsichtsräte vorlegen.

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