Gesetz zum Nichtraucher-Schutz:Glimmstängel, benimm dich

Ist Rauchen am Arbeitsplatz ein Kündigungsgrund? Gilt das Rauchverbot für alle Betriebe? Haben Raucher ein Recht auf eigene Räume? Das neue "Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens" - und was es verändert. Von Rolf Winkel und Hans Nakielski.

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Ist Rauchen am Arbeitsplatz ein Kündigungsgrund? Gilt das Rauchverbot für alle Betriebe? Haben Raucher ein Recht auf eigene Räume? Das neue "Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens" - und was es verändert. Von Rolf Winkel und Hans Nakielski.

Welche gesetzlichen Regeln gelten zum Nichtraucherschutz in Betrieben?

Die wichtigste Bestimmung findet sich in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). In Paragraph 5, Absatz 1, heißt es: "Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nichtrauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind." An diese Passage wurde mit dem neuen Gesetz noch der Satz angefügt: "Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen."

Damit soll - so das Bundesgesundheitsministerium - deutlich werden, "dass in den Betrieben Rauchverbote ein gangbarer und effektiver Weg sind, um die nichtrauchenden Beschäftigten vor den Gefahren durch Passivrauchen zu schützen".

Muss der Nichtraucherschutz überall praktiziert werden?

Die Verordnung sieht eine Ausnahmeregelung für Betriebe mit Publikumsverkehr vor. Dort muss der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen nur insoweit treffen, "als die Natur des Betriebes und die Art der Beschäftigung es zulassen". Mit anderen Worten: Dort, wo auch Kunden verkehren, müssen Arbeitnehmer in Privatunternehmen unter Umständen auch Tabakrauch ertragen.

Jedenfalls muss der Arbeitgeber seinen Kunden in der Regel kein Rauchverbot verordnen - und dadurch eventuell Gewinneinbußen hinnehmen. Für den öffentlichen Dienst trifft diese Einschränkung nicht zu. Und auch in privaten Gaststätten gibt es jetzt ein Rauchverbot, das nach dem Landesrecht geregelt ist. So erlauben etwa Niedersachsen und Baden-Württemberg bereits seit August das Rauchen nur noch in abgeschlossenen Nebenräumen von Kneipen.

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Müssen Kellner in den Raucherräumen dieser Kneipen bedienen?

Ja. Denn für die Beschäftigten gilt - bundesweit - die Arbeitsstättenverordnung. Und die schreibt einen uneingeschränkten Nichtraucherschutz nur in Betrieben ohne Publikumsverkehr vor.

Was müssen die Betriebe tun?

Das bleibt den einzelnen Unternehmen überlassen. Und den Betriebs- und Personalräten, die beim Gesundheitsschutz Mitbestimmungsrechte haben. Im Wesentlichen kommen lüftungstechnische Maßnahmen und eine räumliche Trennung von Rauchern und Nichtrauchern in Betracht - sowie ein generelles Rauchverbot.

Reicht es, wenn regelmäßig gut durchgelüftet wird?

Nein. Denn bereits in kleinsten Konzentrationen kann der blaue Dunst Augen- und Nasenreizungen oder Schwellungen im Hals auslösen. Um unter der festgestellten Reizschwelle zu bleiben, müssten pro brennende Zigarette immerhin mindestens 3000 Kubikmeter Frischluft zugeführt werden, so die BZgA. Auch beim Einsatz vieler klima- und lüftungstechnischer Anlagen hapert es an der Frischluftzufuhr.

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Gibt es andere technische Lösungen?

Mittlerweile werden auch sogenannte Nichtraucher-Schutzsysteme angeboten. Sie nennen sich etwa "Smoke Station", "Smoke Corner" oder "Smoke Free". Das sind kleine Inseln im Arbeitsraum, auf die sich Raucher für eine Zigarettenlänge zurückziehen können. Die verqualmte Luft wird dort angesaugt, durch Filtersysteme geleitet und schließlich gereinigt in den Raum oder ein Lüftungssystem zurückgeführt. Bei einem Test des berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitsschutz konnte allerdings nur eines von fünf getesteten Schutzsystemen zufriedenstellen.

Wie können Raucher und Nichtraucher wirksam getrennt werden?

Dafür müssen Raucher in separaten Zimmern arbeiten und diese müssen ausreichend abgedichtet sein. Diese Trennung nützt aber dann nichts, wenn die Nichtraucher, um ihren Job zu erledigen, in den Raucherbereich müssen.

Wann darf ein Rauchverbot verhängt werden?

Dabei muss der "Grundsatz der Verhältnismäßigkeit" eingehalten werden. Das Verbot darf nicht etwa mit dem Ziel eingeführt werden, Arbeitnehmern das Rauchen abzugewöhnen oder Raucher zu schikanieren. Unverhältnismäßig wäre es auch, das Qualmen im Freien zu verbieten.

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Haben Raucher ein Recht auf eigene Raucherräume?

Nein. In vielen Betrieben, wo das Rauchen am Arbeitsplatz verboten ist, findet man aber getrennte Pausen- bzw. Sozialräume für Raucher und Nichtraucher. Oft gibt es dazu auch Betriebsvereinbarungen. Diese sehen mitunter auch vor, dass Rauchern (während der Arbeitszeit) die Teilnahme an Entwöhnungskursen angeboten wird.

Was können Nichtraucher tun, die sich nicht ausreichend geschützt fühlen?

Sie können den Betriebs- oder Personalrat einschalten oder sich direkt an ihren unmittelbaren Vorgesetzten wenden. Wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zu einem wirksamen Nichtraucherschutz nicht nachkommt, besteht grundsätzlich ein Beschwerderecht. Schließlich können auch die zuständigen Ämter für Arbeitsschutz eingeschaltet werden. Auf Wunsch werden Beschwerden hier anonym behandelt. Im Extremfall hat ein betroffener Nichtraucher sogar das Recht, seine Arbeitsleistung zu verweigern. Das sieht Paragraph 273 des Bürgerlichen Gesetzbuches vor. Davor muss er jedoch - am besten schriftlich und unter Zeugen - seinen Anspruch auf Nichtraucherschutz beim Arbeitgeber geltend gemacht und auf Abhilfe gedrängt haben.

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Gilt die Belästigung durch Rauch als wichtiger Kündigungsgrund?

Ja. Deshalb darf nach einer Kündigung auch das Arbeitslosengeld nicht gesperrt werden. Das geht aus einem rechtskräftigen Urteil des Landessozialgerichts Hessen vom 8. Mai 2007 hervor (Az.: L 6 AL 24/05). Es betraf einen 43-jährigen Optikhelfer. Dieser hatte in einer Fabrik gearbeitet, in der - mit Erlaubnis des Inhabers - im gesamten Betrieb geraucht wurde. Der Nichtraucher hatte seinem Chef mitgeteilt, er vertrage den Rauch nicht. Daraufhin erhielt er die lapidare Antwort, dass er ,,das Rauchproblem überstehen'' müsse. Der Helfer kündigte schließlich. Das dürfe er - ohne anschließende Sperre des Arbeitslosengeldes, befanden die Sozialrichter. Passivrauchen sei "mehr als eine bloße Belästigung", es stelle vielmehr "eine konkrete Gesundheitsgefährdung mit möglichen Todesfolgen" dar.

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Ausstempeln zum Qualmen

Raucher müssen mittlerweile oft ihren Arbeitsplatz verlassen, wenn sie qualmen wollen. In jedem fünften Unternehmen müssen sie dann nach einer Umfrage des Personaldienstleisters Randstad ausstempeln. Sie bekommen die Vergütung fürs Zigaretten-Päuschen entweder vom Lohn abgezogen oder müssen nacharbeiten. Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 6. August 2004 legitimiert dieses Vorgehen (Az. 10 TaBV 33/04). Danach handelt es sich bei einer Raucherpause um eine Arbeitsunterbrechung privater Natur. Ähnlich hat am 21. Juni 2007 auch das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschieden (Az. 4 TaBV 12/07).

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Hintergrund

Mindestens 3.000 Nichtraucher sterben jedes Jahr in Deutschland an den Folgen von Tabakrauch. Das berichtet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Am 1. September trat das neue "Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens" in Kraft. Dieses schreibt ein Rauchverbot im öffentlichen Personenverkehr und allen Einrichtungen des Bundes vor und verbessert den Schutz für Nichtraucher am Arbeitsplatz.

Tabakrauch enthält - mit Kohlenmonoxid, Formaldehyd oder Blausäure - Substanzen, die selbst in geringsten Mengen Krebs erzeugen können. Deshalb hat eine Kommission bei der Deutschen Forschungsgesellschaft den Tabakrauch in der Raumluft bereits 1998 als eindeutig krebserzeugend für den Menschen eingestuft und ihn damit der höchsten Gefahrenstufe zugeordnet. In dieser "Kategorie 1" auf der Liste der "Maximalen Arbeitsplatzkonzentration" (MAK) befindet sich beispielsweise auch Asbest.

Foto: dpa Text: Rolf Winkel und Hans Nakielski, SZ vom 5.9.2007

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