Gehaltsverhandlung:Rhetorik-Tipps fürs Chef-Gespräch

Wie Sie die Persönlichkeit Ihres Vorgesetzten nutzen, warum Smalltalk wichtig ist und wer zuerst eine konkrete Summe nennen sollte: Kommunikationsexperten geben Ratschläge für eine erfolgreiche Gehaltsverhandlung.

Von Sarah K. Schmidt

Raffinierte Psychospielchen, die auch den grimmigsten Chef aus der Reserve locken? Eine gerissene Argumentationsstrategie mit hundertprozentiger Erfolgsgarantie? Das Geheimrezept, das die Gehaltserhöhung garantiert, gibt es nicht. Zu unterschiedlich sind die einzelnen Situationen. Was den einen Chef überzeugt, treibt einen anderen womöglich zur Weißglut. Dennoch gibt es eine ganze Reihe Expertentipps, die Ihnen helfen, ein erfolgreiches Gehaltsgespräch zu führen. Die zwölf besten Ratschläge.

  • So tickt mein Chef!

"Sich ein paar Gedanken über die Persönlichkeit des Vorgesetzten zu machen, ist mindestens genauso wichtig wie die inhaltliche Vorbereitung auf das Gespräch" sagt Rhetoriktrainer Nikos Andreadis. "Sie kennen Ihren Chef, überlegen Sie, was ihn auszeichnet - das ist der beste Ansatzpunkt für Ihre Argumentation." Legt Ihr Vorgesetzter besonders viel Wert auf Hierarchien, dann sollten Sie ihn auch das Gespräch leiten lassen. Ist Ihr Chef eher der Typ "hart aber gerecht", dann legen Sie sich eine sachliche Argumentation zurecht. Haben Sie eine Führungskraft, der Harmonie und Teamgeist wichtig sind, dann betonen Sie diese Aspekte: "Legen Sie dar, wie Sie sich auch in schwierigen Zeiten für die Abteilung stark gemacht haben oder neue Kollegen eingearbeitet haben", rät Andreadis.

  • Generalprobe

Spielen Sie das Gespräch im Vorfeld durch - mit einer anderen Person. Denn nur so finden Sie heraus, ob sich Ihre Argumente auch dann noch überzeugend anhören, wenn Sie sie aussprechen, und bei welchen Gegenfragen Sie ins Stottern geraten. "Sie können zum Beispiel mit Ihrem Partner oder der besten Freundin üben", sagt Karriere-Coach Cornelia Topf. Am besten sei es aber, sich jemanden als Sparringspartner zu suchen, der in einer ähnlichen Position arbeitet, eventuell eine Hierarchieebene höher. "Menschen, die selbst vergleichbare Situationen erlebt haben und sich gut in Ihrem Berufsumfeld auskennen, geben meist gutes Feedback und haben wertvolle Tipps."

  • Warmlaufen

Das eigentliche Gespräch steht an, Sie haben sich bestens vorbereitet, Ihre Argumente liegen alle parat, jetzt soll es endlich zur Sache gehen. Doch halt! "Es gehört zu den Gepflogenheiten unserer Kommunikationskultur, erst einmal mit lockerem Geplauder eine angenehme Gesprächsatmosphäre zu erzeugen", erklärt Nikos Andreadis. Das heißt: Smalltalk. Und der müsse gar nicht besonders witzig oder kreativ sein, sagt Heike Friedrichsen, die verschiedene Gehalts- und Verhandlungsratgeber geschrieben hat. "Machen Sie es sich nicht so schwer. Warum nicht einfach über das Wetter reden? Jeden interessiert's und jeder kann mitreden." Oder Sie schauen einfach, welches Thema Ihr Chef anreißt - und steigen darauf ein. Es geht nur darum, ein paar freundliche Sätze miteinander zu wechseln.

  • Talking business

Das Gespräch kommt zu Ihrem eigentlichen Anliegen. Doch bevor es um konkrete Zahlen Ihrer Gehaltserhöhung geht, sollten Sie Ihrer Vorgesetzten zunächst darlegen,warum Sie eine Gehaltserhöhung für angemessen halten. Rattern Sie nicht alle Argumente hintereinander herunter: "Dann haben Sie noch welche übrig, falls Ihre Chefin Einwände hat", empfiehlt Andreadis. Und auch Heike Friedrichsen rät, die Trümpfe wohldosiert einzusetzen. Ihr Rat: "Starten Sie mit dem zweitwichtigsten Argument, danach folgt das drittwichtigste und so weiter." Den Joker sparen Sie sich auf. Hat der Vorgesetzte schon seine wesentlichen Einwände gebracht, können Sie zum Gesprächsende mit ihrem besten Argument punkten.

Haltung bewahren, trotzdem flexibel bleiben

  • Unternehmenswerte nutzen

In vielen Firmen gibt es mittlerweile Unternehmensgrundsätze und -werte. "Nutzen Sie diese für Ihre Argumentation", empfiehlt Kommunikationsprofi Andreadis. Lautet ein Firmenmotto "Zufriedene Kunden sind unser oberstes Ziel" - dann weisen Sie Ihren Chef darauf hin, dass es Ihnen im vergangenen Jahr gelungen ist, mehrere Stammkunden hinzuzugewinnen. Ein Unternehmensgrundsatz heißt "Wir wollen uns stetig verbessern" und Sie hatten die Idee, wie sich endlich die Doppelarbeit in zwei Teams vermeiden lässt? Wunderbar, denn wenn Sie Ihre Erfolge mit Unternehmenswerten in Zusammenhang bringen, hilft das auch Ihrem Chef, Ihre Gehaltserhöhung bei seinem eigenen Vorgesetzten durchzusetzen.

  • Ansage machen

Wer soll denn nun zuerst aus der Deckung kommen und einen konkreten Betrag nennen - Sie oder Ihre Führungskraft? "Alle Erfahrung zeigt: Wer selbst eine Forderung stellt, kriegt mehr", sagt Cornelia Topf , die seit mehr als 20 Jahren als Trainerin und Coach für Karrierethemen arbeitet. Übernehmen Sie die Initiative, so zeigt das, dass Sie eine klare Vorstellung haben. An dieser Zahl orientiert sich das weitere Gespräch. (Weitere Tipps, wie Sie zu einer realistischen Gehaltsvorstellung kommen, finden Sie hier). "Machen Sie sich darauf gefasst, dass jeder Chef erst einmal sagt, das sei jenseits von Gut und Böse - egal, wie hoch Ihre Forderung ist", empfiehlt Topf. Das Ziel der Führungskraft ist schließlich immer, einen möglichst niedrigen Betrag auszuhandeln. "Daher sollten Sie auf Ihren Gehaltswunsch immer noch etwas draufschlagen."

  • Haltung bewahren

Wie in jedem Gespräch überzeugen Sie nicht nur mit dem, was Sie sagen, sondern auch mit Ihrer Körpersprache. "Nur eine selbstsichere Haltung und Ausstrahlung lassen bei Ihrem Chef keinen Zweifel aufkommen, dass Sie Ihr Geld auch wert sind", weiss Heike Friedrichsen. Das heißt: aufrecht, aber bequem sitzen, Blickkontakt halten und ruhig in den Bauch atmen. "Sprechen Sie laut und deutlich, nutzen Sie die Hände für unterstützende Gesten", so die Karriereberaterin. Nervosität ist verständlich, schließlich ist die Situation für Sie keine Routine - anders als für Ihren Chef . Doch keine Sorge, Studienergebnisse zeigen, dass Aufregung Ihnen bei der Gehaltsverhandlung sogar helfen kann - zumindest, wenn Sie mit einer positiven Grundeinstellung in das Gespräch gehen.

  • Flexibel bleiben

"Mit je mehr Optionen ich in eine Verhandlung gehe, desto besser stehen die Chancen, ein gutes Ergebnis zu erzielen", sagt Cornelia Topf. Überlege Sie daher nicht nur, um wie viel Euro Ihr monatliches Festgehalt steigen soll, behalten Sie auch im Blick, welche Sonderprämien und Zusatzleistungen für Sie in Frage kommen, auf welche zeitliche Staffelung der Gehaltserhöhung Sie sich einlassen würden. So können Sie flexibel reagieren, wenn Ihre Vorgesetzte Ihren ersten Vorschlag rigoros ablehnt. "Verhandlungen haben immer auch etwas Spielerisches, darauf sollten Sie sich einlassen."

Wie Sie sich gegen Widerstände durchsetzen

  • Gegen Widerstände durchsetzen

Das Gespräch verläuft schlechter als erwartet, Ihr Chef blockiert. "In diesem Fall würde ich eine Art Offenbarungseid wagen", sagt Verhandlungsstrategie-Experte Nikos Andreadis. "Sagen Sie zum Beispiel: 'Ich bin mit anderen Vorstellungen in dieses Gespräch gekommen und fühle mich jetzt überrumpelt, dass Sie so wenig Verständnis für mein Anliegen haben." Ein weiterer Tipp ist, Begründungen vom Chef für seine Ablehnung einzufordern: "Sie sagen, eine Gehaltserhöhung ist aktuell nicht drin, dabei sind die aktuellen Verkaufszahlen doch durchweg positiv. Das müssen Sie mir erklären."

  • Höflich und professionell bleiben

Sie dürfen Ihren Standpunkt durchaus deutlich machen. "Aber bleiben Sie dabei unbedingt sachlich und werden Sie auf keinen Fall beleidigend", warnt Andreadis. Schließlich wollen Sie zumindest mittelfristig auch nach dem Gespräch noch gut im Unternehmen arbeiten können. Ihr Chef reagiert aufbrausend, die Stimmung kippt? Vertagen Sie das Gespräch lieber auf einen späteren Zeitpunkt, ehe Sie sich doch noch zu einer unüberlegten Aussage hinreißen lassen. Sagen Sie zum Beispiel: "Ich habe das Gefühl, gerade kommen wir nicht zu einer konstruktiven Lösung. Vielleicht sollten wir uns kommende Woche noch einmal in Ruhe zu dem Thema zusammensetzen."

  • Vereinbarungen verschriftlichen

Glückwunsch! Sie haben sich mit Ihrem Chef geeinigt. Bleiben Sie dennoch noch einen Moment aufmerksam. Wichtig ist nun, das weitere Prozedere klar zu vereinbaren. Das Gesprächsergebnis sollte unbedingt auch schriftlich festgehalten werden - macht Ihr Chef hierzu keine Anstalten, dann schreiben Sie nach dem Gespräch eine E-Mail, in der Sie noch einmal alle wichtigen Punkte aufzählen. "Sonst kann es Ihnen durchaus passieren, dass Ihr Gesprächspartner unter einem spontanen Gedächtnisverlust leidet und sich an keine seiner Zusagen erinnern kann", warnt Heike Friedrichsen.

  • Dranbleiben

Ihr Chef macht Ihnen ein Angebot, das deutlich unter Ihren Erwartungen liegt? "Nehmen Sie es an", rät Gehaltscoach Cornelia Topf. "Schließlich läppern sich auch kleine Erhöhungen mit der Zeit." Sie rät aber dazu, Enttäuschung zu verbalisieren - und wenn möglich zu vereinbaren, wann man sich wieder zu diesem Thema zusammensetzt: "Kommendes Jahr, wenn die Umstrukturierung abgeschlossen ist, würde ich gern noch einmal über eine Gehaltsanpassung sprechen."

Ihr Vorgesetzter lehnt jede Gehaltserhöhung ab? "Dann lassen Sie sich auf gar keinen Fall zu emotionalen Reaktionen hinreißen", empfiehlt Heike Friedrichsen. Analysieren Sie lieber das Gespräch: Was haben Sie vorgeschlagen, was waren die Argumente Ihres Chefs? Machen Sie sich Notizen - wenn Sie in die nächste Runde gehen, sind das wesentliche Informationen, die Sie sonst möglicherweise vergessen.

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