Ist Transparenz die Lösung? Oder müssen sich die Frauen einfach mal schlauer anstellen? Mit einem Gesetz zur Entgeltgleichheit will Familienministerin Manuela Schwesig Gehaltsunterschiede in den Unternehmen offenlegen - und so dafür sorgen, dass sich der enorme Unterscheid zwischen den Einkommen von Männern und Frauen verringert.
Denn der ist in Deutschland so groß wie in fast keinem anderen europäischen Land - und das seit Jahren. Frauen verdienen in Deutschland etwa 22 Prozent weniger als Männer, in der EU ist die Kluft nur in Österreich und Estland noch größer (hier eine Tabelle des Statistischen Bundesamts). Das liegt zu einem großen Teil daran, dass Frauen in schlechter bezahlten Berufen arbeiten und weniger häufig in Führungspositionen sind.
Sind die Frauen also selbst schuld an ihrer Misere? Das mag zum Teil richtig sein. Wirtschaftswissenschaftlern zufolge machen sich Frauen oft zu wenig Gedanken um ihre Finanzen.
Auch der Vorwurf, sie gingen zu unbedacht in Babypausen, mag zutreffen - wenn auch sicherlich nicht für alle Frauen. So wäre beispielsweise ein Rückkehrrecht in Vollzeit durchaus ein Punkt, den junge Mütter, die in Teilzeit wechseln, mit ihrem Arbeitgeber individuell verhandeln könnten - wenn sie sich denn rechtzeitig Gedanken darüber machen.
Ja, wer soll denn als Erzieher arbeiten?!
Andere oft vorgebrachte Argumente, mit denen Frauen für ihr schlechtes Einkommen selbst verantwortlich gemacht werden, haben zumindest eine Kehrseite. Denn vielleicht zeigen sich Arbeitnehmerinnen in Gehaltsverhandlungen weniger fordernd als ihre männlichen Kollegen. Allerdings kann die bloße Imitation männlichen Verhaltens auch nach hinten losgehen. Denn Frauen agieren ja nicht im luftleeren Raum, sondern innerhalb eines bestimmten gesellschaftlichen Umfelds - das an Frauen eben andere Erwartungen stellt als an Männer.
Oft ist auch zu lesen, Frauen strebten ja in schlecht bezahlte Berufe - und dürften sich dann nicht wundern, wenn ihr Einkommen so mies sei. Sie sollten doch Ingenieurin und Bankerin werden anstatt Krankenschwester oder Erzieherin. Ein absurder Vorschlag. Es stimmt, soziale Berufe werden fast durchweg schlecht bezahlt. Nur kann sich eine Gesellschaft deshalb doch nicht wünschen, dass sie keiner mehr ausübt. Die Forderung muss hier lauten: Mehr Geld für diese Jobs!
Wer wirklich etwas dazu beitragen möchte, die Gehaltsdifferenz zwischen den Geschlechtern zu mindern, muss an einem anderen Punkt angreifen. Und an dem geht es weniger um individuelle Schuldzuweisungen als darum, an einer gesamtgesellschaftlichen Realität zu rütteln, die oft recht altbacken daherkommt.