Ein Bankkaufmann, der gleich nach seiner Lehre dasselbe Gehalt erzielt wie eine Bachelor-Absolventin? Eine Großkundenbetreuerin, die genauso viel verdient wie ein Fachhochschulabgänger? Doch, das gibt es. In einigen Berufen und Branchen ist es sogar die Regel. Dort werden Nichtakademiker bereits zu Beginn ihrer Karriere ähnlich gut bezahlt wie Menschen, die frisch von der Uni kommen. Das zeigt eine Auswertung der Hamburger Vergütungsberatung Gehalt.de, die Datensätze von mehr als 17 000 Berufseinsteigern in den ersten drei Jahren im Job verglichen hat.
Mit einem durchschnittlichen Jahresbruttogehalt von 39 500 Euro erzielen Key Account Manager, also Großkundenbetreuer, das höchste Einkommen. Auch Bankkaufleute, Sachbearbeiter bei Versicherungen oder manche Außendienstler bewegen sich in dieser Gehaltsklasse. Damit verdienen sie nicht weniger als Akademiker, die nach ihrem Bachelorabschluss im Durchschnitt auf ein Jahresgehalt von 39 600 Euro kommen.
Unter finanziellen Gesichtspunkten ist ihre Berufsausbildung also so viel wert wie ein Bachelorabschluss. Doch diese Gleichung gilt längst nicht für alle Ausbildungsgänge: Kosmetikerinnen, Friseure oder Kellner verdienen in den ersten drei Jahren gerade einmal halb so viel. "Aufgrund der niedrigen Gehälter bleiben viele Stellen im Handwerk unbesetzt", sagt Philip Bierbach, Geschäftsführer von Gehalt.de. Bei der Bezahlung spiele die Branche eine große Rolle. Er rät: "Junge Menschen sollten noch vor ihrer Ausbildung bei der Berufswahl auf die Branche achten, da diese eine starke Auswirkung auf das Gehalt hat."
Vor zwei Jahren hatte die Vergütungsberatung bereits den Verdienst von Nichtakademikern mit denen von Akademikern verglichen und die Frage gestellt: In welchen Berufen sind sechsstellige Jahresgehälter auch ohne Studienabschluss möglich? Das Ergebnis: Am häufigsten sind Jahresgehälter von mehr als 100 000 Euro bei Verkaufsleitern. Auf Platz zwei folgen Geschäftsführer und kaufmännische Leiter.
Mit dem Alter wird der Gehaltsunterschied größer
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat 2017 ebenfalls gezeigt, dass Studieren nicht der einzige Weg zu einer lukrativen Karriere sein muss. Eine IAB-Studie kam zu dem Ergebnis, dass die durchschnittlichen Einstiegsgehälter von 25-jährigen Bachelor-Absolventen ungefähr so hoch sind wie die von gleichaltrigen Personen, die nach der Lehre noch einen beruflichen Fortbildungsabschluss gemacht haben, also einen Meisterbrief oder eine Ausbildung zum Techniker. Dieser Durchschnittswert gilt für alle Berufe, in denen solche Abschlüsse üblich sind.
Der Grundsatz, dass sich ein Studium in barer Münze auszahlt, trifft dennoch in den meisten Fällen zu - vor allem auf lange Sicht. Mit steigendem Alter werden die Gehaltsunterschiede zwischen den drei Gruppen nämlich immer größer: Arbeitnehmer mit Berufsausbildung und Fortbildungsabschluss bleiben zunehmend hinter Bachelor-Absolventen zurück. Diese wiederum werden überholt von ihren Kollegen mit Masterabschluss.