Gehälter:Wo Ärzte am besten verdienen

Mediziner in Deutschland stehen mit ihrem Einkommen im Vergleich zu ihren Kollegen im Ausland schlecht da - trotz Tariferhöhung.

Berit Schmiedendorf

Zehn Euro und achtzig Cent: Für diesen Stundenlohn haben manche Studenten nur ein mildes Lächeln übrig. Was sich nach einem gerade noch akzeptablen Nebenjob anhört, ist jedoch für viele Absolventen Realität: Knapp elf Euro verdient hierzulande ein junger Klinikarzt in der Stunde, hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ermittelt. Und die 2009 Euro Nettoverdienst, auf die er im Monat durchschnittlich kommt, müssen auch noch hart erarbeitet werden: mit bis zu achtzig Wochenstunden Arbeitszeit, kurzzeitig befristeten Arbeitsverträgen und einer überbordenden Bürokratie.

Gehälter von Ärzten: Mediziner in Deutschland stehen im Vergleich zu ihren Kollegen im Ausland schlecht da - trotz Tariferhöhung

Viele Ärzte sind in Deutschland mit ihren Arbeitsbedingungen unzufrieden. Das liegt nicht nur am Geld. Auch hierarchische Strukturen, ein hoher Verwaltungsaufwand und lange Arbeitszeiten machen den Medizinern zu schaffen.

(Foto: Foto: photodisc)

Allein für den Wust an Dokumentations- und Verwaltungstätigkeiten, den die Klinikärzte aufgrund der Einführung des neuen Vergütungssystems nach Fallpauschalen betreiben müssen, vergeuden sie im Schnitt 38 Prozent ihrer Arbeitszeit.

Kein Wunder, dass mittlerweile jeder dritte Krankenhausarzt seinen Beruf nicht mehr ergreifen würde - oder nach etwas Besserem sucht. "Immer mehr Ärzte flüchten in alternative Berufsfelder oder ins Ausland, wo geregelte Arbeitszeiten und bessere Bezahlung locken", so der Medizinerverband Marburger Bund. Etwa 6000 deutsche Krankenhausärzte arbeiten bereits im Ausland.

Vor allem die Schweiz ist derzeit gefragt bei jungen Ärzten mit Migrationsgelüsten. "Die Gehälter sind höher als in Deutschland, die Weiterbildung in der Schweiz genießt einen guten Ruf, es gibt eine geregelte 50-Stundenwoche für Assistenzärzte an Kliniken und einen höflichen Umgangston in den Krankenhäusern", fasst Ruth Wichmann vom Marburger Bund die Vorteile zusammen.

Die Schweizer Gehälter variieren von Kanton zu Kanton, in Luzern beispielsweise verdienen Assistenzärzte zwischen 3910 und 6220 Euro, Oberärzte bekommen zwischen 5570 und 7180 Euro. Die niedrigen Steuern und Sozialabgaben bescheren den Ärzten ein durchschnittliches monatliches Bruttogehalt von etwa 5000 Euro. Mehr als 2200 deutsche Ärzte haben diese Rahmenbedingungen als derart verlockend empfunden, dass sie die Schweiz als Arbeitsort erwählten. Und seit vor zwei Jahren der so genannte Inländervorrang gefallen ist, der Schweizer Arbeitnehmer vor ausländischen Kräften bevorzugte, ist auch die Erteilung der Arbeitsgenehmigung für deutsche Ärzte kein Problem mehr.

Doch nicht nur die Schweiz ist für deutsche Ärzte ein lohnendes Land, auch der Gang nach Großbritannien ist sinnvoll: Das jährliche Bruttojahresgehalt in England beträgt zwischen 36.000 und 63.000 Euro, hinzu kommen feste Zulagen für Bereitschaftsdienste, die zusätzlich noch einmal zu einer fünfzigprozentigen Gehaltssteigerung führen können. Damit sind die Verdienstmöglichkeiten für Ärzte dort etwa doppelt so hoch wie in Deutschland. Außerdem gelten die Weiterbildungsmöglichkeiten als exzellent, so dass es hier mittlerweile einen regelrechten Wettbewerb gibt. Die enorme Nachfrage junger Assistenzärzte nach Weiterbildungsstellen hat zur Folge, dass im Vereinigten Königreich derzeit vor allem fertige Fachärzte mit Berufserfahrung gesucht werden.

Die höchsten Einkommen für Klinikärzte lassen sich übrigens in den USA erzielen, fand eine Studie im Auftrag des britischen Gesundheitsministeriums heraus. Ebenfalls gut verdienen können Mediziner in australischen und kanadischen Krankenhäusern. Auf dem vierten Platz der Gehälter-Rangliste liegt Großbritannien, gefolgt von den Niederlanden, Neuseeland und Frankreich. Deutschland, man erinnere sich an die zehn Euro und achtzig Cent, landet bei der Ärzte-Vergütung auf dem letzten Platz.

Daran dürften auch die gerade ausgehandelten Tarifverträge für Klinikärzte nichts ändern: Danach verdient ein Berufsanfänger an einer Uniklinik statt 3091 Euro brutto im Monat nunmehr 3600 Euro. Die Ärzteflucht ins Ausland wird mit dieser Gehaltssteigerung kaum gestoppt werden. Schon jetzt sind an deutschen Kliniken mehrere tausend Assistenzarztstellen unbesetzt, so dass das DIW nun eine Maßnahme empfiehlt, die das Ausland beim deutschen Nachwuchs längst praktiziert: Es plädiert für die gezielte Anwerbung junger Ärzte - aus osteuropäischen EU-Ländern.

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