Gehälter in Deutschland:Kluft bei Löhnen wird immer größer

Das klingt nach viel: 2008 verdiente eine Vollzeitkraft 41.509 Euro. Doch hinter dem Durchschnittswert verbirgt sich eine riesige Kluft.

T. Öchsner

Der Unterschied bei den Einkommen von Spitzenverdienern und Geringverdienern ist gewachsen. Leitende Arbeitnehmer und herausgehobene Fachkräfte erzielten 2008 einen deutlichen höheren Zuwachs beim Verdienst als Fachangestellte sowie angelernte und ungelernte Arbeitnehmer. Dies geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor, die die Behörde in Berlin vorlegte. "Das Lohngefälle wächst", sagte der Präsident des Amtes, Roderich Egeler.

Gehälter in Deutschland: Lohnunterschiede in Deutschland: Fachkräfte erzielten 2008 einen deutlichen höheren Zuwachs beim Verdienst als Fachangestellte sowie angelernte und ungelernte Arbeitnehmer.

Lohnunterschiede in Deutschland: Fachkräfte erzielten 2008 einen deutlichen höheren Zuwachs beim Verdienst als Fachangestellte sowie angelernte und ungelernte Arbeitnehmer.

(Foto: Grafik: SZ)

Die Tarif-Beschäftigten erzielten 2008 einen Verdienstzuwachs von 3,6 Prozent. Das ist das stärkste Plus seit 1995. Da aber nur gut die Hälfte aller Arbeitnehmer in der Bundesrepublik nach Tarif bezahlt wird, bieten diese Zahlen ein unvollständiges Bild. Die Statistiker ermitteln deshalb in mehr als 40.000 Betrieben die Verdienste der Arbeitnehmer. Danach erhielt eine Vollzeitkraft im vergangenen Jahr im Durchschnitt 41.509 Euro brutto einschließlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Leistungsprämien und Gewinnbeteiligungen.

Kleines Plus im Geldbeutel

Amtspräsident Roderich Egeler sprach von einem guten Jahr für die Arbeitnehmer. Der Grund: Die Verdienste stiegen mit einem Plus von 2,8 Prozent im Vergleich zu 2007 stärker als die Verbraucherpreise, die um 2,6 Prozent zulegten. Es blieb somit zumindest ein kleines Plus im Geldbeutel übrig.

Hinter den Durchschnittswerten verbirgt sich jedoch eine große Vielfalt. Schon die Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland sind gewaltig: So erreichten Arbeitnehmer im Osten mit 30.151 Euro etwa 70 Prozent des Verdienstniveaus ihrer Kollegen im Westen. Außerdem profitierten nicht alle Arbeitnehmergruppen gleichermaßen vom Verdienstzuwachs. Im verarbeitenden Gewerbe (+ 2,3 Prozent), im Gesundheits- und Sozialwesen (+ 2,4) und im Gastgewerbe (+ 1,7) wurden die Gehaltserhöhungen von der Inflation aufgefressen.

Üppige Sonderzahlungen

Auffällig war für die Statistiker, dass 2008 in den Branchen mit dem niedrigsten und höchsten Verdienstplus auch das Niveau der Bruttojahresverdienste deutlich auseinanderklafft. So wuchs der Verdienst im Gastgewerbe nicht nur am geringsten. Mit im Durchschnitt 23.833 Euro im Jahr kassierten vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer in dieser Branche auch am wenigsten.

Gleichzeitig hatten die Arbeitnehmer im Kredit- und Versicherungsgewerbe, die mit 58.791 Euro im Vergleich aller Branchen auf Platz eins liegen, den höchsten Verdienstzuwachs von 4,6 Prozent. Dies liegt auch an der unterschiedlichen Höhe der Sonderzahlungen.

Auf der nächsten Seite: Wie Deutschland im europäischen Vergleich abschneidet.

Deutschland wird wettbewerbsfähiger

1160 Euro für Taxifahrer

Bei der zunehmenden Kluft zwischen Spitzen- und Geringverdienern spielt nicht nur der Wirtschaftszweig eine Rolle. Maßgeblich ist auch die Qualifikation. Leitende Arbeitnehmer, meist Akademiker, konnten 2008 ihren Verdienst mit einem Plus von 4,8 Prozent auf 80.981 Euro am stärksten steigern. Es folgen die herausgehobenen Fachkräfte, die ein Plus von 3,1 Prozent auf 50.706 Euro erzielten. Anders sieht es bei den schlecht qualifizierten Arbeitnehmern aus: Bei den angelernten und ungelernten Arbeitnehmern war der Zuwachs zum Teil deutlich geringer.

Das Statistische Bundesamt legte erstmals auch Zahlen zum Niedriglohnsektor vor, wobei die Behörde dabei auf ältere Daten von Oktober 2006 zurückgreifen musste. Danach erhielten 16 Prozent der Vollzeitbeschäftigen einen Niedriglohn, den die Behörde bei einer Grenze unterhalb von 1800 Euro ansetzt. Der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst lag hier bei etwa 1430 Euro. Am wenigsten verdienten Taxifahrer mit rund 1160 Euro im Monatsdurchschnitt.

Arbeitgeber zahlen 2008 in der deutschen Privatwirtschaft durchschnittlich 29,80 Euro für eine Arbeitsstunde. Im europäischen Vergleich lag das Niveau damit nach Dänemark, Luxemburg, Belgien, Schweden, Frankreich und den Niederlanden gemeinsam mit Österreich auf Rang sieben. Am niedrigsten sind die Kosten mit 2,50 Euro in Bulgarien.

Bei den Lohnnebenkosten liegt Deutschland mit 32 Euro, die zusätzlich zu einem Bruttoverdienst von 100 Euro anfallen, im Mittelfeld. Experten schauen jedoch vor allem auf die Lohnstückkosten. Dabei wird neben den Arbeitskosten die Arbeitsproduktivität mitberücksichtigt. Hier ist die Wachstumsrate mit 2,1 Prozent geringer als in vielen anderen EU-Staaten. "Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft hat sich verbessert", sagte Amtspräsident Egeler.

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