Führungsspitzen:Bonus tötet Arbeitsfreude

Motivieren hohe Boni Menschen zu höheren Leistungen? Ganz im Gegenteil, haben Forscher herausgefunden. Denn die Zulagen setzen Arbeitnehmer unter Stress - und schaffen völlig falsche Arbeitsanreize.

Dagmar Deckstein

Staaten sind von der Pleite bedroht, Banken stehen nach nur drei Jahren vor der nächsten Rettungsaktion durch die resignierenden Steuerzahler - aber die Boni fließen weiterhin, vor allem die für Banker, die mit ihren Derivate- und sonstigen Wettgeschäften unbehelligt wie eh und je vor allem ihre eigenen Taschen gefüllt haben.

Berlin, Paris und London gemeinsam gegen Banker-Boni

Bonuszahlungen sollen Mitarbeiter zu Höchstleistungen motivieren - doch leider scheint das nicht zu funktionieren.

(Foto: dpa)

Ehe wir indessen das Sozialneid-Lied der mangelnden Verteilungsgerechtigkeit anstimmen, wollen wir einfach mal dem vermaledeiten Bonus-Wesen wissenschaftlich auf den überhöhten Puls fühlen und nachschauen, ob solche Höchst-Belohnungen überhaupt durch Höchst-Leistungen gerechtfertigt sind.

Es sind ja längst nicht mehr nur Bankmenschen, die der Sinnhaftigkeit ihres Wertschöpfungstuns längst entfremdeten sind, und die nur über Boni zu einem Millionen-Einkommen gelangen.

Ganze Heerscharen von Unternehmensvorständen und ihren Sub-Zuarbeitern dürfen sich inzwischen finanziell an dieser Mohrrüben-Taktik erfreuen, die da zum Inhalt hat: Nur noch 20 Prozent Festgehalt für den Angestellten, 80 Prozent werden je nach Leistung mit Zulagen abgegolten. Das soll dem unternehmerischen Verantwortungsdenken auf die Sprünge helfen.

Ach, wirklich? Schön, dass sich inzwischen die Verhaltensökonomie der Beackerung des weiten Leerfelds angenommen hat, das die pseudophysikalisch-verblendete Zunft der Wirtschaftswissenschaftler mit ihrem durch und durch rational agierenden "Homo Oeconomicus" seit 150 Jahren brach liegen ließ.

Auf diesem Brachland treffen wir nun Dan Ariely an, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, die millionenschwere Boni-Bewaffnung zur Motivationssteigerung als Unsinn par excellence zu entschleiern. Nehmen wir nur mal dieses Experiment heran, das der Professor für Verhaltensökonomik an der Duke Universität in North Carolina bewerkstelligt hat.

Stress durch Bonus

Forschungsaufgabe: Spornen hohe Boni Menschen zu höheren Leistungen an? Also wurden Probanden Aufgaben gestellt, die Kreativität, Konzentration, Gedächtnis, Problemlösungskompetenz abverlangten. Etwa Zahlenreihen merken oder kleine Kugeln durch ein Labyrinth bugsieren.

Einige bekamen dafür einen vergleichsweise geringen Bonus in Höhe eines Tagesgehalts, einige ein von einem Monatsgehalt und die übrigen einen sagenhaften Bonus von fünf Monatsgehältern. Wer wohl schnitt am schlechtesten ab bei der Aufgabenbewältigung?

Die mit dem Mini-Bonus, versteht sich. Falsch! Die mit der Höchstsumme. "Denn gerade durch die Aussicht auf den fantastischen Gewinn gerieten sie so unter Stress, dass sie versagten", fasst der Verhaltensökonom die Experiments-Erkenntnisse zusammen.

Womit wir wieder bei der Finanzkrise und ihren bonisüchtigen Hauptdarstellern wären. Könnte es sein, dass sie durch ihren Stress, die Mega-Mohrrübe einzufangen, ganz einfach solch miserable Arbeit ablieferten, dass wir nun alle für die Schlechtleistung aufkommen müssen? Darauf deutet eine Menge hin.

Auch in realwirtschaftlichen Unternehmen sieht es nicht viel besser aus. Ariely: "Viele Manager sagen mir, dass sie jedes Jahr ab Oktober ständig mit Exceltabellen und allerlei Berechnungen ihren Bonus kalkulieren. Damit verbrächten sie einen Großteil ihrer Zeit." Statt zu arbeiten. Worüber wundern wir uns eigentlich noch?

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