Frust über die Lehrstelle:Lieber ein Ende mit Schrecken

Das Ausbildungsjahr hat gerade erst begonnen, aber der Frust kommt bei vielen Azubis schneller als gedacht: Mürrische Chefs, ungeliebte Aufgaben - manchmal hilft nur ein radikaler Schritt.

Das Ausbildungsjahr hat gerade erste begonnen, doch der Frust kommt bei vielen Azubis schneller als gedacht: Mal ist der Ausbilder mürrisch, mal entspricht der Job nicht den Erwartungen. Der Start ins Berufsleben endet so für viele Azubis mit einer Bruchlandung: Mehr als jeder Fünfte bricht seine Lehre ab, wie das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) ermittelt hat.

Start in das neue Ausbildungsjahr

Nicht immer erfüllt eine Ausbildungsstelle die Erwartungen der Azubis. Im schlimmsten Fall hilft nur ein Abbruch.

(Foto: dpa)

Dabei müsste es in den allermeisten Fällen nicht so weit kommen, meinen Experten. Das setzt voraus, dass Lehrlinge sich vorab gründlich über ihren Beruf informieren und Probleme in der Ausbildung nicht lange vor sich herschieben. "Das entscheidende Problem ist oft, dass Auszubildende völlig falsche Vorstellungen von einem Beruf haben", sagt Wolfgang Folkerts, Ausbildungsberater bei der Handwerkskammer Stuttgart. "Wenn sich ein Bäckerlehrling darüber beklagt, dass er morgens um 4.00 Uhr in der Backstube stehen muss, dann denkt man sich manchmal: Das hätte er auch vorher wissen können."

Es sei schon auffällig, dass von den Ausbildungsabbrechern 38 Prozent vorher nicht mal ein Praktikum in ihrem Ausbildungsberuf gemacht hätten, ergänzt Andreas Oehme, Geschäftsführer des Westdeutschen Handwerkskammertags in Düsseldorf. "Es ist ganz wichtig, dass man vorher die Lebenswelt des Berufs kennengelernt hat." Bei einer Umfrage von TNS Emnid unter 400 Ausbildungsabbrechern im Auftrag des Handwerkskammertags gaben 21 Prozent an, sie hätten falsche Vorstellungen von ihrer Tätigkeit gehabt.

Das zweite große Problem sind Konflikte im Betrieb. Sollen Lehrlinge nur den Hof fegen und Kaffee kochen, macht die Ausbildung keinen Spaß. Auch der Lerneffekt bleibt aus. Das macht vielen zu schaffen: 48 Prozent der Abbrecher gaben bei der TNS-Emnid-Umfrage an, dass sie häufig Arbeiten verrichten mussten, die mit der Ausbildung eigentlich nichts zu tun hatten. "Man sollte nicht gleich beim ersten Problem die Flinte ins Korn werfen. Aber man muss die Probleme unbedingt klären", sagt Dirk Neumann, Ausbildungsexperte im Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in Berlin. "Wenn man einmal einen Ausbildungsplatz ergattert hat, dann sollte man mit diesem hohen Gut nicht leichtfertig umgehen."

Probleme sollten Azubis sofort ansprechen, rät Neumann. Jeder Lehrling habe das Recht, dass ein Ausbildungsplan aufgestellt und auch eingehalten wird. Gerade in kleinen Betrieben müssten die Lehrlinge ihren Chef dazu aber manchmal ein bisschen drängen.

Hauptsache ein gutes Zeugnis

Erst wenn das alles nichts hilft und die Situation nicht besser wird, sollten Auszubildende über eine Kündigung nachdenken, raten die Experten. "Wichtig ist, dass man erstmal zweigleisig fährt. Man kann seine Ausbildung ja vorerst weitermachen und trotzdem die Augen offen halten, ob es irgendwo einen besseren Ausbildungsplatz gibt", empfiehlt Folkerts. Und man müsse sich überlegen, ob man mit seiner Berufswahl trotz allem zufrieden ist, fügt Oehme hinzu. "Wer den falschen Ausbildungsberuf ergriffen hat, wird im nächsten Betrieb auch nicht zufriedener sein."

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Wer gut über seinen Ausbildungsberuf informiert ist, bricht seine Lehre nicht so schnell ab wie unerfahrene Azubis.

(Foto: dpa)

Behalten Abbrecher den Beruf bei, können sie die Ausbildung im Idealfall lückenlos in einem anderen Betrieb fortsetzen. Bei einem Berufswechsel können sie oft erst zum nächsten Ausbildungsjahr beginnen, weil dann die Berufsschulklassen erneut anfangen. Wer kündigen will, sollte auf jeden Fall einen Blick in seinen Ausbildungsvertrag werfen. In der Probezeit, die ein bis vier Monate lang sein kann, ist eine Kündigung kurzfristig und ohne Begründung möglich. Nach der Probezeit werde es etwas schwieriger, wenn der Chef der Kündigung nicht zustimmt, sagt Oehme. "Wer seine Ausbildung abbrechen will oder sich in einem anderen Beruf ausbilden lassen will, kann mit einer Frist von vier Wochen kündigen."

Wer seine Ausbildung dagegen in einem anderen Betrieb fortsetzen will, muss die Kündigung begründen können. "Solche Gründe sind zum Beispiel eine schlechte Ausbildung oder das Fehlen eines geeigneten Ausbilders." Ein Lehrstellenwechsel macht sich nicht zwangsläufig schlecht im Lebenslauf, sind sich die Experten einig. "Entscheidend ist, dass man eine fundierte Ausbildung und ein gutes Abschlusszeugnis hat", sagt Neumann. "Viel schlimmer wäre es, wenn jemand seine Ausbildung irgendwie durchzieht und nachher eigentlich gar nicht für seinen Beruf qualifiziert ist."

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