Freundschaftspreis:"Von einem Freundschaftspreis erholt man sich nicht"

Freundschaftspreis: Martina Haas über Freundschaftspreise

Martina Haas über Freundschaftspreise

(Foto: Michael Hagedorn; Collage Jessy Asmus)

Preise durchzusetzen fällt vielen Selbstständigen schwer. Welche Rabatte man geben sollte und welche nicht - Tipps von einer Verhandlungsexpertin.

Interview von Larissa Holzki

Als Rechtsanwältin hat Martina Haas argumentieren und verteidigen gelernt, als Führungskraft im internationalen Banken- und Immobiliengeschäft, sich in der Wirtschaftswelt durchzusetzen. Besonders wichtig dafür: Soziale Netzwerke aufbauen und erhalten. Wie das geht, wollen heute Unternehmen, Vereine und Privatpersonen von ihr wissen. Haas entwickelt Vernetzungsstrategien und bietet Workshops an - den Preis dafür bestimmt ausschließlich sie.

SZ: Frau Haas, Sie wissen, wie man soziale Beziehungen pflegt. Würden Sie einem Freund, der nach einer vergünstigten Beratungsstunde fragt, eine Absage erteilen?

Martina Haas: Wenn es wirklich ein Freund ist, macht man alles Mögliche sofort möglich. Aber die Hemmschwelle, nach einem Freundschaftspreis zu fragen, ist insgesamt sehr niedrig. Das hören Sie auch von flüchtigen Bekannten.

Wie viele dieser echten Freunde hat man denn?

Ich definiere Freundschaft sehr eng: Fünf, sechs wären schon sehr viele.

Und alle anderen kann man direkt auf die Preisliste verweisen, ohne sich total unbeliebt zu machen?

Flüchtigen bis sehr guten Bekannten sollte man freundlich sagen, dass nur engste Freunde diesen Vorzug genießen und den normalen Preis nennen. Viele haben genau davor Angst und sagen deshalb, jetzt fangen wir erst mal an, das Finanzielle kriegen wir dann schon geregelt. Darauf darf man sich niemals einlassen. Finanzen müssen vorher besprochen werden. Wenn man sich hinterher nicht einig wird, kostet es oft die Freundschaft. Es gibt einen schönen Satz: Gute Kasse, gute Freunde.

Sie geben also gar keine Rabatte?

Wenn jemand klagt, dass er wenig Geld habe, frage ich zurück, wie das Budget denn aussieht. Ist es viel zu niedrig, kann ich nichts machen. Aber ich habe unterschiedliche Preiskategorien und kann sagen: Für diesen Betrag könnte ich das und das anbieten; wenn Sie noch etwas drauflegen können, gäbe es die und die weitere Option. Oft finden die Kunden dann doch noch Geldquellen. Sonderkonditionen biete ich nur bei Projekten an, die ich selbst fördern möchte. Wer nach Stunden abrechnet, sollte den Rat einer altgedienten Kollegin befolgen: Gehe niemals mit dem Stundensatz runter, gib lieber mal eine halbe Stunde extra.

Das klingt knallhart. Muss das sein?

Von einem Freundschaftspreis oder einem niedrigeren Stundensatz erholt man sich nicht mehr. Die Menschen wollen künftig immer zum Freundschaftspreis buchen oder einkaufen. Wenn es aus irgendeinem Grund Sonderkonditionen gibt, schreibe ich das ausdrücklich in Angebot und Rechnung und vereinbare Stillschweigen. Sonst gehen manche damit hausieren und man verdirbt sich mit seiner Nettigkeit den Marktpreis.

"Eine gute Möglichkeit sind Sonderaktionen"

Sie können aufgrund Ihrer Reputation Preise leichter durchsetzen als ein Berufseinsteiger oder ein Selbständiger, bei dem es gerade nicht so gut läuft.

Man darf dem Kunden auf keinen Fall zeigen, dass es finanziell klemmt. Sonst wird das ausgenutzt. Deshalb heißt es: Cool bleiben und vermitteln, dass man ein wirklich gutes Produkt oder eine tolle Dienstleistung liefert. Wenn eine Änderungsschneiderin einen Mantel für den gleichen Betrag kürzen soll wie einen Rock, kann sie argumentieren, dass das länger dauert. Als Signal des Entgegenkommens kann sie anbieten, noch den losen Knopf anzunähen. Wenn der Kunde dann nicht zu zahlen bereit ist, ist es besser, den Auftrag abzulehnen - auch wenn das in bestimmten Situationen ganz, ganz hart ist. Leider neigen viele in der Not dazu, Aufträge anzunehmen, bei denen sie gar nichts mehr verdienen - nur in der Hoffnung auf einen Werbeeffekt.

Ergeben sich aus Freundschaftsdiensten denn gar keine Folgeaufträge?

Das kommt darauf an. Wenn mir jemand mit dem Marketingeffekt winkt, frage ich, wie er sich das genau vorstellt. Manche Leute wollen bloß billig einkaufen, andere haben da tatsächlich Potenzial. Entscheidend ist: Wird er mich weiterempfehlen? Hat er gute Beziehungen? Wie viele Menschen erreicht sein Newsletter? Und ist das überhaupt meine Zielgruppe?

Gibt es Werbemaßnahmen, die besser funktionieren?

Eine gute Möglichkeit sind Sonderaktionen: Eine Fotografin zum Beispiel wirbt damit, dass das zweistündige Fotoshooting-Paket im ganzen Monat November bis zu drei Stunden dauern darf - ohne Preisaufschlag. Es muss klar kommuniziert werden, dass es einen einmaligen Benefit gibt.

Mal ehrlich, Ihnen entstehen bei Beratungsfragen, die immer wieder aufkommen, doch kaum Kosten. Wenn ich Sie jetzt als nette Gesprächspartnerin um eine ganz einfache Einschätzung bitten würde...

Eine schnelle Antwort, die zwar hilfreich ist, aber letztlich im Allgemeinen verbleibt, kann man immer geben. Aber tatsächlich muss man als Coach und Berater darauf achten, dass sich aus einem netten Gespräch keine Beratung entwickelt. Das ist mein Job, da verdiene ich mein Geld mit und in meine Überlegungen sind viele Jahre Erfahrung, Ausbildung, Freud und Leid eingeflossen. Je nachdem, was Ihre Frage ist und wie schnell auch der Sachverhalt zu erfassen ist, sollten wir also lieber einen Termin vereinbaren.

"Machst du doch gerne, oder?"

Welche Erfahrungen haben Sie mit Kunden aus dem Freundeskreis gemacht? Und wie antworten Sie auf die Frage nach einem Freundschaftspreis? Wir freuen uns über Ihre Geschichten und Tipps für andere Berufstätige, von denen Bekannte immer wieder Sonderkonditionen erwarten. Schreiben Sie uns an karriere-online@sz.de.

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