Freie Lehrstellen:Azubi, verzweifelt gesucht

In einem Monat startet das neue Ausbildungsjahr - und derzeit gibt es so viele freie Lehrstellen wie seit langem nicht mehr. Doch viele Firmen finden nicht den richtigen Kandidaten.

Kaffeeflecken auf dem Bewerbungsschreiben, mangelnde Deutschkenntnisse, schwach im Kopfrechnen: Bei Berlins Unternehmen sind noch etliche der etwa 20.000 Ausbildungsplätze frei. Doch die Bewerber sind oftmals nicht genügend qualifiziert. Vielfach scheitert es bereits am Bewerbungsschreiben, das mit umgenickten Seiten oder Rechtschreibfehlern beim potenziellen Chef landet. Wer es bis zum Bewerbungsgespräch geschafft hat, bekommt den Ausbildungsplatz möglicherweise nicht, weil er zum Beispiel einfachste Prozentrechnungen nicht ohne Taschenrechner kann.

Azubi gesucht

Jugendliche auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz haben die Wahl: Interessierte schauen sich auf dem Job-Speed-Dating in Gelsenkirchen um und lassen sich beraten.

(Foto: dpa)

Ein Dilemma, denn: "Viele wissen nicht, dass die Situation, eine Lehrstelle zu ergattern, so gut ist wie seit Jahren nicht mehr", sagt Susan Shakery von der Handwerkskammer Berlin. Wer Schwierigkeiten hat, sich und seine Stärken bei den Arbeitgebern richtig zu verkaufen, findet Hilfe: Die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, die Handwerkskammer (HWK) und die Industrie- und Handelskammer (IHK) stehen gut einem Monat vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres (1. September) mit zahlreichen Informationen bereit.

Von den Berliner Handwerkern sind etwa 33.000 Betriebe Kammermitglied, sagt Shakery. Diese Firmen böten durchschnittlich 5000 Lehrstellen pro Jahr an. Von diesen seien derzeit noch gut 340 unbesetzt. Bei der IHK mit ihren 220 000 Mitgliedsbetrieben und 13.000 Ausbildungsplätzen stehen die Chancen auf eine Lehrstelle noch besser: Gut 4300 Jugendliche hätten erst einen Ausbildungsvertrag unterschrieben, betont IHK-Bereichsleiterin Eleonore Bausch.

Vor einigen Jahren kamen auf eine Stelle noch Dutzende Bewerber. Mittlerweile ist die Lage für die Jugendlichen entspannter, für die Firmen hingegen weniger komfortabel, weil sie aus einem kleineren Bewerberpool auswählen müssen. "Die Jugendlichen, die sich melden, haben anders als in der Vergangenheit nicht mehr so gute Schulabschlüsse", erklärt Bausch das Problem. "Die Betriebe spüren ganz deutlich, dass es schwieriger wird, geeignete Lehrlinge zu finden", sagt Shakery.

Gute Schüler seien oft schnell vom Markt. Die Klagen der Unternehmen über die mangelnden Kenntnisse der potenziellen Azubis nehmen zu. Hinzu kommt ein weiteres Problem: "Sehr oft suchen die Eltern die Lehrstelle aus und schreiben die Bewerbung", erläutert Shakery. Die Firmenchefs seien dann enttäuscht von den Schülern, wenn diese beim Vorstellungsgespräch die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllten. "Das hat sehr zugenommen."

Nach Worten von Erik Benkendorf von der Regionaldirektion wissen viele Mädchen und Jungen nicht, welchen Beruf sie erlernen wollen oder kennen von den mehr als 300 anerkannten Ausbildungsberufen nur wenige. "Die Jugendlichen sind oft fixiert auf einen Wunschberuf. Dabei sind die Chancen viel größer, als man auf den ersten Blick denkt."

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