Süddeutsche Zeitung

Frauenanteil in Dax-Konzernen:Ministerin sieht keine Alternative zu gesetzlicher Quote

Arbeitsministerin von der Leyen ist frustriert. Der Frauenanteil in den Führungspositionen der Dax-Konzerne sei "einfach unterirdisch", poltert die CDU-Politikerin. "Das geht gar nicht". Auch die Selbstverpflichtung, ihn in einzelnen Unternehmen bis 2020 auf 35 Prozent zu steigern, reiche nicht aus. Ohne Gesetz werde es nicht gehen. Darüber allerdings ist sich nicht einmal das Bundeskabinett einig.

Deutliche Worte der Ministerin: Eine Quote von 3,7 Prozent Frauen in den Vorständen der Großkonzerne sei im 21. Jahrhundert "einfach unterirdisch", sagte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) dem ZDF. "Das geht nicht."

Die Dax-Konzerne wollen den Frauenanteil in den Chefetagen zwar steigern und haben dafür am Montag ihre Ziele vorgelegt. Bis spätestens 2020 soll der Anteil auf bis zu 35 Prozent ansteigen, wie aus einem in Berlin vorgestellten Katalog der Konzerne hervorgeht. Gesetzliche Regelungen lehnen die 30 größten börsennotierten Firmen aber entschieden ab. Jedes Unternehmen solle sich eigene Ziele setzen, sagte stellvertretend für die Konzerne der BMW-Personalvorstand Harald Krüger in Berlin.

Mit diesen Selbstverpflichtungen werde ein klares Zeichen gesetzt. "Wir werden uns deshalb Jahr für Jahr öffentlich daran messen lassen, was wir tatsächlich erreicht haben", sagte Krüger weiter. In den kommenden fünf Jahren solle jährlich der Status quo und die Zielsetzung der Konzerne vorgestellt werden. Gesetzliche Vorgaben zur Erhöhung des Frauenanteils lehnte Krüger ab. Freiwilligkeit sei zielführender und nachhaltiger als ein Gesetz.

"Ich bin der festen Überzeugung, ohne Gesetz wird es nicht gehen", resümierte von der Leyen bereits am Morgen im ZDF. Das hätten die "frustrierenden Erfahrungen in den letzten zehn Jahren" gezeigt. Ein Gesetz müsse klare Ziele vorgeben und Sanktionen klarstellen. Sie fordert eine gesetzlich verankerte Frauenquote von 30 Prozent in allen Großunternehmen bis 2018. Den Dax-Konzernen riet sie, sich bei der Frauenförderung den Mittelstand zum Vorbild zu nehmen.

Von der Leyen bedauerte, dass der Frauenanteil in Vorständen und Aufsichtsräten nicht konkret in dem heute vorgestellten Katalog enthalten sei - die nun genannten Zielvorgaben beziehen sich allein auf die leitenden Angestellten im mittleren bis oberen Management. Derzeit sind von den knapp 190 Vorstandsmitgliedern in Dax-Konzernen nur sieben Frauen.

Schröder setzt auf Flexi-Quote

Der Mittelstand habe sich an seine 2001 gegebene Selbstverpflichtung gehalten, dort seien in den vergangenen zehn Jahren 30 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt worden, sagte die Ministerin. Dies müsse auch in Großkonzernen möglich sein.

Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) allerdings bereitet derzeit ein Gesetz vor, nach dem die Unternehmen verpflichtet werden sollen, sich selbst Zielvorgaben zur Frauenförderung zu setzen. Dazu hat sie einen Stufenplan vorgelegt. Die börsennotierten Konzerne sollen mittels einer sogenannten Flexi-Quote zwar per Gesetz dazu gebracht werden, den Frauenanteil in Chefetagen zu erhöhen. Wie hoch die Quote dann aber letztendlich ist, das soll jedes Unternehmen für sich entscheiden. Eine verordnete, starre Regelung lehnt die CDU-Politikerin ab.

Der Koalitionspartner FDP sprach sich komplett gegen eine gesetzliche Frauenquote aus. Sie wäre eine "Einschränkung der Vertragsfreiheit", sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner dazu in Berlin. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wandte sich beim Treffen in Berlin zumindest gegen eine schnelle gesetzliche Regelung.

Im Vorfeld des Spitzentreffens hatte sie angekündigt, dass die FDP erst 2013 über eine Frauenquote in den Führungsetagen der Top-Unternehmen entscheiden wolle. "Bis 2013 werden weitere Aufsichtsratsmandate und Vorstandsposten neu zu besetzen sein, bis dahin müssen die Unternehmen noch Taten folgen lassen und die Zahl der Frauen in den Führungsebenen angemessen erhöhen", sagte sie der Passauer Neuen Presse. Solange Selbstregulierung erfolgversprechend sei, bedürfe es gerade keiner gesetzlichen Quoten.

"Es gibt drängendere Probleme für Frauen"

Auch bei der CSU sieht man derzeit keinen Handlungsbedarf. Parteichef Horst Seehofer betonte in München, mit der CSU werde es ein Gesetz mit einer Frauenquote für die Dax-30-Unternehmen nicht geben. Dies könne er "verbindlich sagen". Er sei zwar für eine bessere Repräsentanz von Frauen in den Spitzengremien von Unternehmen. Dafür brauche es aber kein Gesetz. Seehofer plädierte für eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft.

Er fügte vor einer Sitzung des CSU-Vorstands hinzu, es gebe "drängendere Probleme" für Frauen in der Berufswelt. So müsse es "gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit" geben. Außerdem sei es wichtig, die Familienfreundlichkeit in den Betrieben zu verbessern.

Die SPD befürwortet hingegen eine Frauenquote für Führungspositionen in Dax-Unternehmen. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte im Deutschlandfunk, dadurch würden sich auch die Firmen verändern. Zugleich kritisierte er eine "ziemlich ungleichgewichtige Debatte". Es werde sich um einen kleinen Teil gekümmert. Das nütze jedoch den Frauen nichts, die in "ganz normalen Beschäftigungsverhältnissen" seien und fast 25 Prozent schlechter bezahlt würden als Männer.

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