Süddeutsche Zeitung

Frauen in Führung:Es geht voran mit der Gleichberechtigung

Lesezeit: 3 min

Von Larissa Holzki

Vorständin, die. Es klingt noch immer komisch, aber man wird sich daran gewöhnen. Es gibt nämlich immer mehr Vorständinnen. Eine Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) bestätigt das für die 160 deutschen Aktienkonzerne, die im Dax, MDax und SDax notiert sind (Stichtag 1. Januar 2019). In jedem dritten dieser Unternehmen ist mittlerweile mindestens eine Frau im Vorstand.

Allerdings haben nur fünf Prozent der untersuchten Unternehmen mindestens zwei Frauen in ihren Vorstand bestellt. Der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder ist insgesamt also noch immer gering. Er liegt jetzt bei 8,6 Prozent, vor fünf Jahren waren es noch 5,1 Prozent. Und das könnte zum Problem für den Standort Deutschland werden, sagt die EY-Partnerin Ulrike Hasbargen. "Es mag zunächst etwas anstrengender sein, in gemischten Teams zu arbeiten - aber die Reibung, die hier entsteht, die Diskussionen und das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Sichtweisen führen eben auch oft zu neuen Lösungen und zu mehr Innovationskraft."

Auffällig ist, dass der Anteil der Frauen in den Vorständen vor allem in den größten deutschen Aktienkonzernen wächst. Mehr als drei Viertel der Dax-Konzerne haben mindestens eine Vorständin. Insgesamt sind fast 15 Prozent der Vorstandsmitglieder bei diesen Unternehmen weiblich - und damit dreimal so viele wie in den kleineren SDax-Unternehmen.

Große Unterschiede gibt es auch zwischen den Branchen. Während der Frauenanteil in den Vorständen der Telekommunikationsunternehmen bei insgesamt 16 Prozent, in der Finanzbranche bei insgesamt 13 Prozent und in der Transport- und Logistikbranche bei insgesamt zwölf Prozent liegt, sind es in den Sektoren Energie, IT und Rohstoffe nur sechs Prozent, im Handel sogar nur drei Prozent.

Unverändert bleibt die Anzahl der weiblichen Vorsitzenden. Bei den untersuchten Unternehmen sind ihrer so wenige, dass sie sich schnell auflisten lassen: Sonja Wärntges bei DIC Asset, Angela Titzrath bei Hamburger Hafen und Logistik, Dolores Jean Schendel bei MediGene und bei GrenkeLeasing sitzt Antje Leminsky dem Vorstand vor. Die vier Unternehmen sind allesamt im SDax gelistet.

Anders als für Aufsichtsräte gelten für die Vorstände von börsennotierten Unternehmen keine gesetzlichen Geschlechterquoten. Solche Regelungen stehen immer wieder in der Diskussion. Kritiker behaupten, diese würden dazu führen, dass einzelne Frauen nur aufgrund ihres Geschlechts in Führungsgremien berufen und dort mit Scheinfunktionen betraut werden. Das Ergebnis der EY-Studie zeigt: Ein Drittel der Vorständinnen sind für operative Bereiche zuständig - etwa für die Produktion oder Logistik, ein Viertel verantwortet das Personal, gut ein Fünftel die Finanzen. Von Alibi-Vorständinnen, die die Unternehmen vor weiteren Frauendebatten schützen sollen, kann wohl keine Rede sein.

Gleichstellung bei den Einkommen von Paaren geht langsam voran

Einen nur sehr langsamen Trend in Richtung Gleichstellung beobachtet das Statistische Bundesamt mit Blick auf die Familien. Bei einem Viertel der Paare verdient die Frau mindestens so viel wie ihr Ehe- oder Lebenspartner, hat die Repräsentativbefragung Mikrozensus 2017 ergeben. 14,4 Prozent der Partnerinnen tragen deutlich mehr zum Familieneinkommen bei. Beim Mikrozensus 2013 waren es 13 Prozent. Nur in jeder zehnten Ehe oder Lebenspartnerschaft verdienen beide Partner etwa gleich viel. Das ist auch deshalb problematisch, weil Paare mit ungleichen Einkommen häufig daran scheitern, das Familienbudget gerecht aufzuteilen. Sehr viel weiter bei der Einkommensgleichheit sind Paare im Osten. In den neuen Bundesländern sind mehr als ein Fünftel der Frauen die Haupteinkommensbezieher, in fast 17 Prozent der Beziehungen tragen beide Partner einen ähnlichen Betrag zum gemeinsamen Einkommen bei.

Grund für die Ungleichverteilung des Einkommens zwischen Partnerinnen und Partnern ist nicht nur eine häufig konservative Aufgabenverteilung von Familien- und Erwerbsarbeit, sondern auch die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen. Das Entgelttransparenzgesetz sollte hier Abhilfe schaffen. Aber nur wenige Frauen nutzen den Anspruch, das Gehalt ihrer männlichen Kollegen zu erfragen und ihren Arbeitgeber gegebenenfalls auf Gleichbezahlung verklagen zu können. Das hat eine Umfrage des Ifo-Instituts unter deutschen Personalleitern nun ergeben.

Der Auskunftsanspruch gilt seit Februar 2018. Seitdem haben Beschäftigte nicht einmal in jedem zehnten Unternehmen Erkundigungen eingeholt. Und dort waren es meist nur einzelne. Dabei kann es sich lohnen: Immerhin in jedem siebten Fall wurde mit der Auskunft eine Gehaltserhöhung erreicht. Das Gesetz steht unter anderem in der Kritik, weil es nur für die Mitarbeiter in Firmen ab 200 Beschäftigten gilt.

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