Frauen in der Finanzbranche:Führungskultur wie in der Armee

A statue is pictured in front of the former head quarters of Germany's largest business bank, Deutsche Bank in Frankfurt

Auch der Branchenprimus tut sich mit den Frauen noch immer schwer: Bei der Deutschen Bank steht keine einzige Frau in der ersten Reihe.

(Foto: REUTERS)

"Erdrückende Dominanz": Die Bankenwelt ist eine Männerwelt. Auf Führungsebene sind kaum Frauen zu finden. Das liegt auch am dort herrschenden Ton.

Von Andrea Rexer

Dass der Hermann-Josef-Abs-Saal der Deutschen Bank voll mit Anzugträgern steckt, kommt häufig vor. Dass in diesen Anzügen fast ausschließlich Frauen stecken, hingegen selten. Da muss die Bank schon zu einer Veranstaltung mit dem Titel "Women in European Business" einladen. Eingeladen sind dazu weibliche Führungskräfte aus allen Branchen - auf die Finanzbranche beschränkt, wäre die Veranstaltung wohl auch ziemlich leer.

Das gestand sogar Jörg Asmussen ein. Der EZB-Direktor bekannte sich in seiner Rede dazu, dass er sich in Sachen Frauenquote eines Besseren hat belehren lassen. Früher habe er gedacht, dass Frauen von allein in Topjobs kommen würden. Doch inzwischen habe Europas Zentralbank erkannt, dass sie aktiv etwas unternehmen muss, um Frauen in ihre Führungsgremien zu bringen. "Das war keine leichte Diskussion in dem doch etwas konservativen Gremium", sagte Asmussen.

Nicht nur bei den Notenbanken sind Frauen in Topjobs Mangelware, sondern auch in den Geschäftsbanken. Nach einer Studie des Forschungsinstituts DIW sind nur 17 von über 400 Vorstandsposten in den größten deutschen Banken und Sparkassen in weiblicher Hand, das entspricht gerade einmal 4,2 Prozent. In der gesamten Wirtschaft liegt der Durchschnitt bei Deutschlands größten Unternehmen bei 4,4 Prozent.

Keine einzige Frau in der ersten Reihe

Doch eigentlich müssten die Banken wesentlich mehr Frauen in Führungsetagen aufbieten können, als andere Branchen: Denn anders als in so manchen Industriebetrieben sind mehr als die Hälfte der Belegschaft Frauen. "Die männliche Dominanz ist im Finanzsektor erdrückend", sagt DIW-Forscherin Elke Holst.

Vor allem der Gastgeber und Branchenprimus Deutsche Bank tut sich mit den Frauen noch immer schwer: Keine einzige Frau steht in der ersten Reihe. Vor einem knappen Jahr tauschten die neuen Vorstandschefs Jürgen Fitschen und Anshu Jain die komplette Führungsmannschaft aus. Insgesamt wurden 18 Posten im Vorstand und dem erweiterten Vorstand besetzt - ausnahmslos mit Männern.

Doch auch die öffentlich-rechtlichen Sparkassen und Landesbanken sind alles andere als Vorreiter in Sachen Weiblichkeit. Hier liegt der Anteil gar nur bei 3,6 Prozent. Und so richtig was zu sagen haben meistens auch nur Männer. Bei den 100 größten Geldhäusern sind nur drei Frauen Vorstandsvorsitzende: Manuela Better ist Chefin der verstaatlichten Pfandbriefbank (pbb), Birgit Roos ist Sparkassenchefin in Krefeld und Eva Wunsch-Weber Chefin der Frankfurter Volksbank.

Warum tun sich die Deutsche Bank und ihre Konkurrenten so schwer mit Frauen in Führungspositionen?

Die Frage ist Sabrina Tamms tägliches Geschäft. Die 44-Jährige hat als Personalberaterin schon die ein oder andere erfolgreiche Frau von Bank A zu Bank B vermittelt. "Die Ausrede, dass die Frauen nicht wollen, ist definitiv falsch", sagt Tamm. Schon zu oft hat sie beobachtet, wie ehrgeizige Frauen auf der Karriereleiter stecken blieben. Immerhin wüssten die Banken inzwischen, dass sie Nachholbedarf hätten. Teilweise zahlt sich die Erkenntnis für sie auch in barer Münze aus: "In den Zielvereinbarungen der Vorstände ist Frauenförderung jetzt festgeschrieben", sagt Tamm.

Und tatsächlich bekämen jetzt Frauen auch häufiger Jobangebote. Nur manchmal seien die sehr halbherzig. "Manchmal liegen die Angebote weit entfernt vom bisherigen Themenbereich der Führungskraft. Männer nehmen einen solchen Job häufig an, weil es eine Hierarchiestufe aufwärts geht. Frauen neigen dazu, in einem solchen Fall abzulehnen, weil sie sich inhaltlich damit nicht identifizieren können", berichtet Tamm.

Diskriminierung? Bankerinnen schütteln den Kopf

Darauf angesprochen, ob sie sich als Frauen diskriminiert fühlen, schütteln die meisten Bankerinnen den Kopf. "Ich habe lange gar nicht darüber nachgedacht, dass dies einen Unterschied machen könnte. Das war vielleicht Teil meines persönlichen Erfolgsrezepts", sagt etwa Susanne Klöß. Sie hat es in der Hierarchie der Deutschen Bank schon weit nach oben geschafft, sie berichtet direkt an Privatkundenvorstand Rainer Neske.

In ihrer Sparte - dem Privatkundengeschäft - arbeiten viele Frauen. Häufiger als in anderen Geschäftsbereichen schaffen es Frauen hier knapp unter die Vorstandsebene. Doch den Sprung eins weiter nach oben garantiert ein solcher Aufstieg trotzdem nicht. Denn bei den Großbanken ist es nicht das Privatkundengeschäft, aus dem die oberste Führungsebene rekrutiert wird. Bei der Deutschen Bank etwa kommen die meisten der 18 Topmanager aus dem Investmentbanking. Ein Bereich, in dem bis heute wenige Frauen arbeiten.

"Geht alles so weiter wie bisher, ist der Fortschritt eine Schnecke"

Woran das liegt, darüber lässt sich trefflich spekulieren. Sabrina Tamm macht dafür vor allem die Studienfachwahl der Frauen verantwortlich. Die meisten Studentinnen würden Schwerpunkte im Marketing oder im Personalwesen setzen, im Investmentbanking seien aber eher Finanzwirtschaft und Rechnungswesen gefragt. Und noch etwas kommt hinzu: "Die Führungskultur im Investmentbanking wird häufig mit der einer Armee verglichen. Dass sich Frauen da nicht unbedingt wohl fühlen, darf nicht verwundern", sagt Tamm. Sie kennt die Welt des Investmentbankings aus eigener Erfahrung: Sie hat fünf Jahre lang Übernahmen begleitet.

Darüber, was sich ändern muss, hat DIW-Forscherin Holst eine klare Vorstellung: "Die Bankenvorstände müssen entschlossen neue Wege gehen. Geht alles so weiter wie bisher, ist der Fortschritt eine Schnecke." Holst schlägt vor, dass die Banken neue Beschäftigungsmodelle fördern sollten. Etwa eine Vier-Tage-Woche für Eltern. "Und zwar nicht nur für die Frauen, sondern vor allem auch für die Männer", so Holst. Denn noch immer bestünden Ängste bei den Entscheidern, dass insbesondere jüngeren Frauen wegen der Familie höhere Ausfallzeiten haben. Erst wenn Männer genauso häufig für die Familie einstehen würden, könnten sich die Klischees ändern.

Und noch etwas bemängelt Holst: fehlende Vorbilder. "Es gibt zu wenige Frauen, die öffentlich wahrnehmbar in Führungspositionen von Banken sind", sagt die Forscherin. Und die wenigen, die es geschafft haben, halten sich mit Interviews zurück.

Die Frauen fehlen aber nicht nur als Vorbilder. Möglicherweise fehlen sie auch in der Praxis - das legt zumindest die Anekdote einer Investmentbankerin nahe. Sie wurde vor einigen Jahren nach Südeuropa geschickt als Leiterin eines Teams, das im globalen Vergleich zu den Kollegen schlecht abschnitt. Schnell merkte sie, dass der Fehler im System die schlechten Englischkenntnisse des durchwegs männlichen Teams war. Sie stellte Menschen ein, die der Fremdsprache besser mächtig waren. Ohne es bewusst zu steuern, waren auf einmal mehr als die Hälfte der Mitarbeiter im Team weiblich.

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