Diskriminierung im Job:"So hübsch wie du bist, kriegst du die Stelle"

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Französische Frauen haben es satt, im Berufsleben ständig eine Stufe unter männlichen Kollegen zu stehen: Auf der Webseite "Frauenleben" sammeln sie Beispiele sexueller Diskriminierung.

Frankreich gilt als vorbildliches Land für Frauen, die Karriere machen wollen. In der Regierung sind sie erfolgreich vertreten, im Berufsalltag erleben aber noch immer zahlreiche Frauen herbe Diskriminierungen. Eine neue Website Vie de meuf (Frauenleben) zeichnet ein düsteres Bild von der Stellung vieler Frauen in französischen Unternehmen, die sich häufig durch unbedachte Bemerkungen entlarvt.

Französische Frauen haben es satt, im täglichen Berufsleben ständig diskriminiert zu werden. (Foto: dpa)

"Mein Chef hat nach vier Jahren gemerkt, dass ich einen höheren Uni-Abschluss habe als er dachte. Auf die Frage, ob er meinen Lebenslauf nicht gelesen habe, meinte er: Nein, ich habe nur das Foto angeschaut", schreibt eine Bloggerin namens Titia. "Keine Sorge, so hübsch wie Du bist, wirst Du die Stelle bekommen", musste sich eine andere anhören.

Elisabeth berichtet, wie sie einen ausschließlich von Männern besetzten Konferenzraum betritt, in dem sie über den Abschluss eines Millionen-Vertrags verhandeln soll. Sie wird freundlich begrüßt mit den Worten "Oh, ich hätte gern einen Kaffee." Irina wurde bei ihrem Vorstellungsgespräch die Frage gestellt, ob sie in den nächsten beiden Jahren Kinder haben wolle. Ihr künftiger Chef riet ihr dann: "Auf diesem Posten wäre eine Schwangerschaft wirklich nicht angebracht." Ein anderer Chef eines Teams mit mehreren Frauen wird mit den Worten zitiert: "Aber Ihr werdet bitteschön nicht alle gleichzeitig schwanger."

Die Gründerinnen der Website haben die Seite Mitte Juli eröffnet, um 27 Jahre nach einem Gesetz über Gleichberechtigung im Berufsleben auf anhaltende Missstände hinzuweisen. Im Schnitt verdienen Frauen zwischen 39 und 49 Jahren in Frankreich nach offiziellen Angaben 17 Prozent weniger als Männer. Insgesamt gesehen sind es sogar 27 Prozent. Eigentlich sollte in diesem Jahr ein Gesetz verabschiedet werden, das die Unternehmen unter Androhungen von Sanktionen verpflichtet, sich um die Gleichstellung von Frauen und Männern zu bemühen. Die ursprünglichen Pläne sind allerdings längst verwässert. Strafen soll es nur noch geben, wenn Unternehmen mit mehr als 300 Beschäftigten sich weigern, die entsprechenden Zahlen zu veröffentlichen.

Präsident Nicolas Sarkozy rühmt sich gerne, nicht nur viele Frauen in die Regierung geholt zu haben, sondern ihnen auch wichtige Ministerien anzuvertrauen. Wirtschaftsministerin Christine Lagarde gilt als politisches Schwergewicht im Kabinett, Justizministerin Michèle Alliot-Marie wird als künftige Premierministerin gehandelt.

Allerdings meinen viele Französinnen, dass dieses Bild an der Staatsspitze keineswegs der Gesellschaft entspricht. Im vergangenen Jahr drangen etwa 20 mit angeklebten Bärten versehene junge Frauen in die französische Nationalversammlung ein, um gegen die ungleiche Verteilung gut bezahlter Posten in der öffentlichen Verwaltung zu protestieren.

2009 waren mehr als 82 Prozent der Abgeordneten und 78 Prozent der Senatoren männlich. Die Website Vie de meuf hat mittlerweile etwa 6600 Fans auf Facebook. Neue Anekdoten treffen etwa im Viertelstundentakt ein. Ob sie alle authentisch sind, lässt sich kaum prüfen. Aber es scheint kaum einer zu bezweifeln, dass sie aus dem wahren Berufsleben in Frankreich stammen.

© sueddeutsche.de/dpa/h9l - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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