Frage an den SZ-Jobcoach:Wo soll ich mich im Meeting hinsetzen?

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Konferenz-Knigge: Wo setzt man sich hin, wenn es keine Namenskärtchen gibt? (Archivbild einer Kabinettssitzung in Dresden) (Foto: dpa)

SZ-Leser Urs K. ist neu im Job und hat das Gefühl, bei Besprechungen ständig ins Fettnäpfchen zu treten. Wo soll er sich am Konferenztisch hinsetzen? Gibt es einen Platz, der dem Chef vorbehalten ist? Der Jobcoach weiß Rat.

SZ-Leser Urs K. fragt:

In meinem neuen Job sind Meetings und Besprechungen an der Tagesordnung. In der ersten Woche hatte ich mehrmals das Gefühl, bei der Sitzordnung am Konferenztisch ins Fettnäpfchen zu treten. Anscheinend habe ich ungeschriebene Gesetze verletzt und mich auf dem Stammplatz des Chefs oder direkt daneben niedergelassen.

Daher meine Frage: Wo sitzt der Ranghöchste am Tisch? Gibt es allgemeingültige Regeln bei der Sitzordnung? Und wie verhalte ich mich, wenn ich unsicher bin?

Jan Schaumann antwortet:

Lieber Herr K., zu den ersten Wochen im neuen Job gehört es, dass man unsichtbare Strukturen und Befindlichkeiten auslotet und den eigenen Platz im Gesamtgefüge sucht. Ein Verstoß gegen ungeschriebene Gesetze ist bei Neulingen an der Tagesordnung und wird meist unter das Welpen-Schutzprogramm gestellt. Auch wenn es stets Kollegen gibt, die niemals jung waren, nie neu in ein Unternehmen gekommen sind oder deren Gedächtnis in diesen Punkten schlichtweg Lücken aufweist.

Umso eifriger sind diese Zeitgenossen dabei, dem neuen Kollegen (gerne konspirativ in der Teeküche) zu erklären, wo der Hase lang läuft, vor welchen Kollegen sie sich in Acht nehmen müssen und wie sie sich in bestimmten Situationen zu positionieren haben. In der ersten Zeit kann es durchaus hilfreich sein, mit diesen Kollegen eine Vereinbarung zu treffen: Danken Sie für die Informationen und bitten Sie um Verständnis, dass Sie sich gerne ein eigenes Bild machen möchten.

Die gegebenenfalls folgende Missstimmung des Kollegen sollten Sie als lohnende Investition in eine friedliche Arbeitsatmosphäre sehen. Spätestens im Konferenzraum offenbart sich das strategische Stimmungsmonopoly.

Während die Sitzordnung bei einem gesellschaftlichen Essen klaren Regeln folgt, zeigen sich am Besprechungstisch lediglich wiederkehrende Muster. Die amerikanische Psychologin Sharon Livingston hat dieses Phänomen über viele Jahre analysiert und herausgefunden, dass bestimmte Plätze von bestimmten Charakteren eingenommen werden.

So sitzt die ranghöchste Person in der Regel am Kopfende des Tisches, mit Sichtachse zur Tür und zur Uhr. Die Plätze rechts und links neben ihr werden gerne von Claqueuren oder vermeintlichen Kronprinzen eingenommen, die eifrig durch die physische Nähe auch die strukturelle Nähe zum Vorgesetzten demonstrieren möchten.

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Am anderen Ende des Tisches ist häufig der Bereich der Opposition, während die Längsseite mit dem Fenster im Rücken und der Tür im Blickfeld gut geeignet für Kommunikatoren und Teamplayer ist.

Es ist unvorteilhaft, mit der Tür im Rücken und dem Fenster im Blickfeld zu sitzen, da Sie bei Sonnenlicht zwangsläufig blinzeln müssen, wenn Ihr Gegenüber spricht und Ihr Gesichtsausdruck dabei schnell fehlinterpretiert werden kann. Wer dicht an der Tür sitzt, wird meist losgeschickt, wenn es darum geht, fehlende Unterlagen oder Kollegen zu holen.

Je nach hierarchischer Position werden Sie als Neuling unter Umständen zunächst auf der etwas ungünstigeren Tischseite platziert.

Es bietet sich an, vor Beginn der Besprechung den Chef zu fragen, auf welchen Platz Sie sich setzen sollen. Damit umschiffen Sie elegant das Fettnäpfchen, einen falschen Stuhl (oder gar den Thron) zu besetzen und bekommen zudem eine Platzkarte von höchster Stelle.

Einer Führungskraft steht es übrigens gut zu Gesicht, die traditionelle Sitzordnung bei drohender Verkrustung hin und wieder aufzulockern, indem Sie Ihren Stammplatz aufgeben und sich durch eine andere Position am Tisch die Chance auf einen Wechsel der Perspektive nicht entgehen lassen.

Jan Schaumann war in verschiedenen Führungspositionen in international operierenden Unternehmen in Europa, den USA und in Asien tätig. Heute lebt er als Managementtrainer, Seminarleiter und Buchautor in Berlin.

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© SZ vom 15.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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