Süddeutsche Zeitung

Frage an den SZ-Jobcoach:Wie schlichte ich Streit im Team?

Lesezeit: 3 min

Hotelier Anton B. hat ein Problem mit seiner herrischen Köchin. Um weitere Kündigungen in der Küchen-Crew zu vermeiden, will er sie degradieren. Doch kann das gutgehen?

SZ-Leser Anton B., 57 Jahre, fragt:

Ich bin Hotelier und hatte im vergangenen Jahr immer wieder Probleme mit der Küchencrew. Mitarbeiter in Küche und Service fühlten sich durch das herrische Verhalten der Köchin so angegriffen, dass sie von heute auf morgen kündigen wollten. Durch wöchentliche Meetings konnte ich erreichen, dass alle bis zum Ende der Saison ihre Verträge erfüllten. Doch fünf von sieben Angestellten haben ihre Kündigung eingereicht.

Ich will den Neuanfang nutzen, um neue Strukturen einzuführen und die Küchenleitung neu zu besetzen. Ich fühle mich der Köchin jedoch verpflichtet, weil sie 20 Jahre lang engagiert für das Hotel gearbeitet hat, und will sie bei gleichem Gehalt weiterbeschäftigen. Wie kann ich das erklären, ohne dass sie ihr Gesicht verliert und aus Unzufriedenheit weiter Zwietracht sät?

Georg Kaiser antwortet:

Lieber Herr B., es hängt sehr viel mehr von der Köchin als von Ihnen ab, ob sich Ihr Ziel umsetzen lässt. Wenn sie sich mit der Leitungsaufgabe überfordert gefühlt hat und froh ist, Verantwortung abgeben zu können, muss der Weg nicht holprig sein. Es kommt dann darauf an, wie sie sich mit der neuen Küchenchefin versteht und ob eine überzeugende Begründung gefunden wird, wie der Positionswechsel gegenüber den anderen Mitarbeitern des Hotels mitgeteilt wird.

Herrisches Verhalten korrespondiert allerdings oft mit einem Machtanspruch. Falls das bei der Köchin der Fall ist, wird sie die Degradierung nicht hinnehmen oder zu unterlaufen versuchen. Dann sind weitere Unstimmigkeiten programmiert, gerade weil sie eine der wenigen Erfahrungsträger im neu zusammengestellten Team ist, auf deren Wissen auch die neue Leitung angewiesen ist.

Gehen Sie mit ihrer Köchin in einen gemeinsamen Klärungsprozess. Erläutern Sie, warum Sie ihr die Führungsverantwortung entziehen, und machen Sie ihr ein Angebot der Weiterbeschäftigung. Geben Sie ihr ein paar Tage Bedenkzeit. Nimmt sie Ihr Angebot an, fragen Sie, wie sie die Zuarbeit zur neuen Führungskraft gestalten will und wie sie es schaffen wird, ihre Launen in der neuen Position besser unter Kontrolle zu behalten. Je stärker die Köchin sich selbst zu bestimmten Regelungen verpflichtet, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie diese auch umsetzen wird.

Halten Sie die Ergebnisse des Gesprächs schriftlich fest und machen Sie die konstruktive Unterstützung der neuen Küchenleitung zur Pflichtaufgabe, damit sie dieses Verhalten im Krisenfall einfordern können. Erarbeiten sie mit ihr gemeinsam ein Statement, wie Sie allen anderen Mitarbeitern erklären, aus welchen Gründen die Köchin die Führungsverantwortung abgeben möchte. Im Anschluss an dieses Statement können Sie sagen, dass Sie diesem Wunsch nachgekommen sind und eine neue Küchenleitung eingestellt haben, dass Sie gleichzeitig aber froh sind, die Köchin als Mitarbeiterin im Team behalten zu können.

So wahrt sie ihr Gesicht. Dass sich mancher dennoch fragt, ob die Köchin die Leitung aus freien Stücken abgegeben hat, werden sie nicht verhindern können.

Neue Machtstrukturen müssen Schritt für Schritt etabliert werden. Besonders dann, wenn die neue Leitung auf das Know-how der alten Leitung angewiesen ist. Machen Sie die neue Ausgestaltung von Küche und Service zur Chefsache! Nehmen Sie in den ersten Monaten an den Teammeetings teil und besprechen Sie wöchentlich, wie die Zusammenarbeit klappt und was verbessert werden kann. Wenn Sie Zweifel haben, ob in den Meetings Klartext gesprochen wird, empfehlen sich zusätzliche Einzelgespräche.

Sie signalisieren dadurch, dass Ihnen ein verändertes Umgehen untereinander wichtig ist und dass Sie Rückfälle in alte Gewohnheiten nicht dulden. Entsprechend hart und eindeutig sollten Sie auch reagieren, falls die Köchin ihren alten Stil beibehält. Dann läuft es auf eine Trennung hinaus.

Gelingt es ihr, sich konstruktiv in das neue Team einzugliedern, sollten sich nach drei bis sechs Monaten neue Routinen und Umgangsformen herausgebildet haben. Das Betriebsklima in Küche und Service ist dafür ein guter Indikator. Ist es über mehrere Wochen konstant gut, können Sie Ihre Präsenz in den Meetings verringern und sich verstärkt anderen Chefaufgaben zuwenden.

Georg Kaiser unterstützt Führungskräfte bei Konflikten im Arbeitsalltag und der Entwicklung ihres Personals. Er arbeitet als Wirtschaftsmediator, Managementtrainer, Coach, Supervisor und Gestalttherapeut in Bremen.

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Quelle:
SZ vom 10.05.2014
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